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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Anzeigenblatt gibt auf
 
Osnabrücker Sonntagszeitung erscheint nicht mehr
Zwischenüberschrift:
Verleger stellt "Sonntagszeitung" ein
 
Verleger verabschiedet sich per Mail von Kunden – Anleger klagen
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Die " Osnabrücker Sonntagszeitung" stellt ihr Erscheinen ein. Das hat Verleger Norbert Fuhs am Donnerstag seinen Kunden in einer E-Mail mitgeteilt. Am vergangenen Sonntag wurde die letzte Ausgabe verteilt. Gegen Fuhs wird wegen des Verdachts des Betruges und der Insolvenzverschleppung ermittelt. Über 300 stillen Gesellschaftern, die Medienbriefe der Sonntagszeitung besitzen, droht der Verlust ihrer Einlagen.

Osnabrück. Am Vormittag meldeten sich die Mit arbeiter der " Osnabrücker Sonntagszeitung" noch wie gewohnt am Telefon, am Nachmittag klebte das Schild " Geschlossen" an der Geschäftsstelle in Osnabrück. Verleger Norbert Fuhs hat das Erscheinen des Anzeigenblattes eingestellt.

" Ich habe mich jetzt gegen die Fortsetzung meines Verlages entschieden und damit am vergangenen Sonntag meine letzte Zeitung veröffentlicht", teilte Fuhs gestern Nachmittag in einer Mail seinen Kunden und Geschäftspartnern mit. Weiter heißt es: " Ich danke Ihnen/ Dir ganz besonders für die gute Zusammenarbeit in den letzten dreißig (!) Jahren und verabschiede mich heute mit dieser Mail." Er werde keine weiteren Erklärungen zu dem Entschluss abgeben und vorerst nicht mehr erreichbar sein.

Auch auf Nachfragen der Neuen Osnabrücker Zeitung wollte Fuhs keine Stellungnahme abgeben, auch nicht zur möglichen Insolvenz seiner Enorm Verlagsgesellschaft. " Kein Kommentar", so seine Antwort.

Fuhs hatte den Verlag durch Medienbriefe finanziert, die vor allem Privatleute zu je 5000 Euro gezeichnet haben. Fuhs zahlte Dividenden von bis zu 6, 15 Prozent, obwohl das Unternehmen über viele Jahre Verluste machte. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg ermittelt gegen den Verleger wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung und Betruges. Sie vermutet hinter den Medienbriefen ein Schneeballsystem.

" Null-Beratung"

Die Verlagsgesellschaft ist nach Feststellungen von Gutachtern mit 6, 7 Millionen Euro überschuldet. Zahlreiche Medienbrief-Inhaber hatten 2013 ihre Einlagen zum Jahresende gekündigt, als die wirtschaftliche Schieflage des Verlages bekannt wurde. Insgesamt wurden 4, 5 Millionen Euro zum 31. Dezember 2013 fällig, die der Verlag nicht auszahlen konnte.

Einzelne Medienbrief-Inhaber versuchen zurzeit, die Rückzahlung ihrer Einlagen vor Gericht einzuklagen. Am Donnerstagmorgen verhandelte eine Zivilkammer des Landgerichts in Osnabrück ohne Ergebnis über die Klage einer stillen Gesellschafterin. Die Entscheidung wurde auch mit Blick auf eine etwaige Insolvenz der Enorm Verlagsgesellschaft vertagt. Die Klägerin beruft sich unter anderem darauf, dass Fuhs in den Verkaufsgesprächen nicht ausreichend über die Risiken der Medienbriefe aufgeklärt habe. Rechtsexperten beurteilen die Aussichten eher skeptisch, die Einlagen einklagen zu können. Die stillen Gesellschafter hätten sich des Risikos bewusst sein können.

Ralf Neumann, Gründer des Vereins der Medienbrief-Geschädigten, spricht von einer " Null-Beratung", die Fuhs den Medienbrief-Interessenten geboten habe. Die zurzeit etwa 70 Vereinsmitglieder hätten übereinstimmend berichtet, dass der Verleger ihnen nichts über einen möglichen Totalverlust im Fall einer Insolvenz erklärt habe. Auch der Verkaufsprospekt, den Fuhs 2007 auf Anweisung der Bankenaufsicht Bafin erstellen musste, habe er in den Verkaufsgesprächen nicht ausgehändigt. Sonst hätten die Interessenten lesen können, dass die Gesellschaft schon 2005 mit rund 1, 6 Millionen Euro " rechnerisch überschuldet" war.

" Großen Fehler gemacht"

" Ich sehe, dass ich einen großen Fehler gemacht habe", sagte gestern ein 57-jähriger Osnabrücker, der 2011 und 2012 drei Medienbriefe zu je 5000 Euro zeichnete. Die versprochenen Ausschüttungen von 4, 75 bis 5, 25 Prozent seien immer pünktlich eingegangen. Was er nicht wusste: Diese Ausschüttungen konnte Fuhs nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft seit 2010 nur noch durch die Herausgabe neuer Medienbriefe bedienen.

Der 57-Jährige ist selbstständiger Gärtnermeister, seine Frau ist Buchhalterin. Er habe sich schon oft gefragt, wie es ihm passieren konnte, den Versprechungen des Verlegers zu glauben. Den Vorwurf, nur auf die versprochenen Renditen von vier bis sechs Prozent geschielt zu haben, lässt er nicht gelten. " Ich habe Immobilienfonds mit 3, 5 bis 4 Prozent. So groß ist der Unterschied also gar nicht."

Auch der 57-jährige Gärtnermeister hat den Verkaufsprospekt nie gesehen. Er berichtet noch von anderen " Geschichten", die Fuhs vor allem älteren Anlegern erzählt haben soll. Als Fuhs 2010 die Medienbriefe offensiv bewarb, begründete er das mit Plänen, ein neues Verlagshaus zu kaufen oder zu bauen. Ein Teil der Immobilie, so ließ er wissen, solle als Altenheim ausgebaut werden. " Das kommt doch gut an bei Leuten, die an der Schwelle zum Heim stehen", sagt er.
Bildtext:
Seit gestern Nachmittag geschlossen: die Osnabrücker Sonntagszeitung.
Foto:
Hinrichs
Autor:
Wilfried Hinrichs


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