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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Uni-Gebäude: Sanieren teurer als neu bauen
 
Uni-Gebäude am Westerberg wird abgerissen
 
"Dieses Gebäude ist ein Missgeschick"
Zwischenüberschrift:
AVZ am Westerberg wird abgerissen
 
Neue Brandschutzbestimmungen im AVZ von 1974 nur mit großem Aufwand umsetzbar
 
Knackgeräusche bei Wind, selbstzerstörende Eisenträger: Das AVZ war unheimlich und voller Baumängel
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. In den vergangenen Jahren wurde viel Geld in das rostbraune Gebäude am Westerberg gesteckt, um es sicherer zu machen: Zusätzliche Fluchtwege und eine umfassende Asbestsanierung waren der sichtbare Ausdruck dieser Bemühungen. Die Investitionen sind nun aber hinfällig geworden: Das 1974 eröffnete AVZ wird abgerissen. Eine Sanierung würde mehr Geld verschlingen als ein Neubau. Die in den vergangenen Jahren verschärften Brandschutzbestimmungen hatten dazu geführt, dass das Universitätsgebäude mittlerweile nur noch für knapp 60 Personen zugänglich war, obwohl es eigentlich Raum für mehr als 1000 Menschen bieten kann. Trotz der bereits erfolgten Sanierungsmaßnahmen befürchten Sachverständige, dass große Hitze das AVZ zusammenstürzen lassen könnte. Die Entscheidung für den Abriss stößt auch auf Kritik.

Osnabrück. Seit 40 Jahren machen Studenten und Professoren zynische Witze über dieses Gebäude, jetzt ist sein Ende besiegelt. Das AVZ am Westerberg wird abgerissen, weil die Sanierung teurer wäre als ein Neubau. Dabei hat das Land Niedersachsen noch in den vergangenen Jahren kräftig investiert, um dem rostbraunen Koloss eine Asbestsanierung, zusätzliche Fluchtwege und WLAN-Netze zu spendieren.

Das Ende für das " Allgemeine Verfügungszentrum" kam nicht Knall auf Fall. Seit einem halben Jahr ist das Sorgenkind der Hochbauexperten nur noch für einen ausgewählten Personenkreis zugänglich. " Das sind 50 bis 60 Leute", schätzt Manfred Blome, Dezernent für Gebäudemanagement an der Universität Osnabrück. Zur Eröffnung im April 1974 hatte unsere Zeitung noch getitelt: " Im AVZ ist Platz für 1000 Studenten".

Wer das Gebäude von außen betrachtet, erkennt nicht auf den ersten Blick das große Volumen. Der Bau mit dem kreuzförmigen Grundriss bringt es auf mehr als 12 000 Quadratmeter Nutzfläche. Die neue Bibliothek von Uni und Hochschule an der Sedanstraße müsste noch anderthalb Stockwerke zusätzlich bekommen, um da mitzuhalten.

Dass in den Hörsälen und Büros des AVZ jetzt gespenstische Leere herrscht, ist eine Folge der Brandschutzbestimmungen, die nach dem Feuer im Düsseldorfer Flughafen verschärft wurden. Neue Brandschutzmeldeanlagen wurden installiert, ein provisorisch anmutendes Fluchttreppenhaus an der Außenseite angebracht. Außerdem wurden Kabel und Leitungen abgeschirmt, um einem Feuer länger standhalten zu können. Das K.-o.-Argument kam jedoch im Sommer 2013, wie Cristina v. Pozniak-Bierschenk, die Leiterin des Staatlichen Baumanagements, erklärt: Bei einem Großfeuer im AVZ wären die Stahlgitterträger " nicht für nennenswerte Horizontalverschiebungen ausgelegt". Mit anderen Worten: Starke Hitze könnte das ganze Gebäude wie ein Kartenhaus zusammenstürzen lassen.

" Wir müssen das Sicherheitsrisiko minimieren", sagt die Chefin der Baubehörde. In der Uni gibt es viele, die das als Perfektionismuswahn empfinden. Der Informatik-Professor Oliver Vornberger spricht von einer " Brandschutz-Hysterie". Wer mit dem Rad oder mit dem Auto zur Arbeit fahre, sei einem höheren Risiko ausgesetzt. Die behördliche Fürsorge hat sich inzwischen verselbstständigt. Nach der Erkenntnis, dass die Sanierung mehr Geld verschlingen würde als ein Neubau, haben die Planer das AVZ fallen gelassen.

Inzwischen wurde das Staatliche Baumanagement von der Landesregierung beauftragt, Ersatzbauten zu planen. Das sind erst einmal Container, die an der Artilleriestraße aufgestellt werden sollen. Zwischen der neuen Mensa und der noch halb fertigen Bibliothek wäre noch Platz für ein neues AVZ, das diesen Namen aber bestimmt nicht mehr bekommen wird: ein größeres Gebäude für Seminarräume, Labors und die Verwaltung, ein kleineres für das Rechenzentrum.

Was das alles kostet? Von 40 Millionen Euro wird schon mal geraunt, und es ist nicht ganz klar, ob die Kosten für den Abriss des AVZ in dieser Summe schon enthalten sind. Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Klajic hat der Osnabrücker Uni vor einer Woche ihre Unterstützung zugesagt. Das war vor einer Woche, beim Richtfest für die neue Bibliothek. Auch wenn das noch keine Zusage ist, sieht Uni-Vizepräsident Wilfried Hötker darin ein gutes Zeichen: " Das ist eine Perspektive für alle, die am Westerberg studieren und arbeiten!"
Bildtext:
Als Sanierungsfall zu teuer: Das 40 Jahre alte AVZ am Westerberg soll abgerissen werden.
Fotos:
Jörn Martens

Osnabrück. " Ich habe dieses Gebäude immer als gruselig empfunden", sagt der Informatik-Professor Oliver Vornberger, der seit 1986 im AVZ arbeitet.
Sein Büro und die Räume seiner Mitarbeiter nimmt er davon aus, aber die Atmosphäre im Treppenhaus und in den Fluren findet er kalt und abweisend. Dazu kommen ganz spezielle Erfahrungen, die er im Lauf der Jahre machen musste. Etwa, dass die Aufzüge ein Eigenleben führten und partout nicht dort hielten, wo sie sollten. Dass ein Fahrstuhlschacht zugemauert wurde. Dass es überall knackte, wenn der Wind stärker wehte. Und dass sich das Regenwasser gelegentlich einen unkonventionellen Weg ins Innere suchte.
Vornberger fasst es in einem Satz zusammen: " Dieses Gebäude ist ein Missgeschick." Funktional zwar und flexibel, aber seelenlos. Und deshalb wird er ihm keine Träne nachweinen.
Manfred Blome kann das verstehen, aber als Gebäudemanager der Uni sieht er auch die Vorteile des 70er-Jahre-Ungetüms. Zum einen die riesige Nutzfläche, zum anderen die Flexibilität: " Wände verschieben ist überhaupt kein Thema." Eigentlich sei der Bau gar nicht schlecht, abgesehen von der katastrophalen Wärmedämmung und dem fehlenden Brandschutz: " Mir tut′s leid, wenn er abgerissen wird."
Das AVZ war schon für viele unangenehme Überraschungen gut. Bei der Eröffnung im April 1974 stellte sich heraus, dass sich das Licht nur etagenweise an- und ausknipsen ließ. Ein Mangel, der bald behoben wurde.
Schwerer wog, dass es Probleme mit dem kalkulierten Rost gab. Die Eisenträger, die aus der Fassade ragen, bestanden aus Corten-Stahl wie das Museum in Kalkriese. Oberflächlicher Rost ist dabei gewollt, aber am AVZ kam der Rostfraß nicht zur Ruhe, sodass schon die Tragfähigkeit infrage gestellt war. In den 90er-Jahren mussten die Träger saniert und verzinkt werden. Zum Schluss bekamen sie einen Schutzanstrich, der die gleiche Farbe hat wie Rost, aber korrosionsbeständig ist.
Dass sich derart eklatante Mängel eingeschlichen haben, mag sich aus dem Zeitdruck erklären lassen. Allen Beteiligten war klar, dass die Osnabrücker Universität ihre Arbeit erst aufnehmen konnte, wenn das AVZ fertig war. Die 70er-0Jahre waren eine Zeit des Baubooms, auf Qualität wurde nicht immer geachtet. Inzwischen hat sich auch herausgestellt, dass Auflagen aus der Baugenehmigung nicht eingehalten wurden.
Bildtexte:
Ihm tut es leid, wenn das AVZ abgerissen wird: Gebäudemanager Manfred Blome.
Menschenleer: Die oberen Hörsäle dürfen nicht betreten werden.
Charme der 70er-Jahre: Ersatzteile? Fehlanzeige!
Fotos:
Jörn Martens

Das Unikum aus dem Baukasten

Alle sprechen nur vom AVZ. Ursprünglich stand die Abkürzung für " Aufbau- und Verfügungszentrum". Später setzte sich " Allgemeines Verfügungszentrum" durch.

Das AVZ war der erste Neubau für die Osnabrücker Universität. Er entstand in einer Zeit, als die geburtenstarken Jahrgänge ins Studium drängten. An das Gebäude wurden große Erwartungen geknüpft, weil es als Voraussetzung für den Arbeitsbeginn der Osnabrücker Universität galt.

Auftraggeber für das 30-Millionen-DM-Projekt war die Niedersächsische Hochschulbaugesellschaft. Weil alles schnell gehen sollte, entschied man sich für ein Baukastensystem der Langenhagener Firma Rüterbau, das aus einer Stahlkon struktion besteht. In elfeinhalb Monaten war das AVZ bezugsfertig.
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert


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