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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Farbkonzept für Hochtief-Häuser stößt sauer auf
 
Cappuccino, der nicht allen schmeckt
Zwischenüberschrift:
Im Prospekt sah alles ganz anders aus
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Fertig sind sie noch nicht, die 71 Neubauwohnungen von Hochtief im Baugebiet Mittewest, aber allesamt verkauft. Unter Eigentümern und Nachbarn regt sich jetzt Unmut über die Farbgestaltung: " Schlammfarben", spottet ein Anwohner, von " Lehmbau" und " Sahara-Look" ist die Rede. Architekt Carsten Lorenzen glaubt, dass sein Farbkonzept Anklang findet, wenn erst der Zusammenhang erkennbar wird.
Vom ersten Gebäude wurden die Baugerüste gerade entfernt. Nun bleiben Passanten an der Augustenburger Straße stehen und reiben sich die Augen. In einem dunklen Graubraun erhebt sich der Quader drei Stockwerke über dem verklinkerten Erdgeschoss in den Luftraum. Wenn Wolken die Sonne verdecken, erscheint die Fassade sogar leicht grünlich, beinahe Nato-Oliv. Manche Zaungäste halten das für die Grundierung. " Wird das noch angestrichen?", fragt eine Radlerin. Nein, das bleibt so, heißt es beim Baukonzern Hochtief in Essen. Das Farbkonzept des Architekten sei mit der Stadt abgestimmt.
" Mit uns ist gar nichts abgestimmt", empört sich ein Pensionär, der demnächst mit seiner Frau in eine der neuen Wohnungen ziehen wird. Die beiden ärgern sich, dass sie dann auf die düstere Fassade blicken müssen. Im Prospekt von Hochtief sahen die Häuser noch viel freundlicher aus, hellbeige, fast weiß. Und jetzt die dunkle Lehm-Optik. " Das haben wir nicht gekauft!", entrüsten sich die Eheleute, die sich mit gleich gesinnten Erwerbern für eine andere Farbgebung einsetzen wollen. Aber Hochtief rückt die Namen nicht heraus, aus datenschutzrechtlichen Gründen, wie es heißt. Nun wollen sich die enttäuschten Käufer heute um 17 Uhr am Baustellenpavillon treffen, um das Farbkonzept zu diskutieren.
Der Mann, der hinter diesem Konzept steht, ist der Kopenhagener Architekt Carsten Lorenzen, dessen Wohnprojekte international Anerkennung finden. Er bekennt sich zu seiner Verantwortung und erläutert bereitwillig, welche Gedanken in die Gestaltung eingeflossen sind. Für die Oberflächen würden sehr hochwertige Materialien verwendet, betont Lorenzen. Das gelte zum einen für den Wasserstrich-Ziegel aus der deutsch-dänischen Grenzregion, der die Erdgeschosse ziert. Aber auch für den Putz sei ein erstklassiges Produkt ausgewählt worden ein Kratzputz mit Glimmeranteilen, die bei bestimmten Lichtverhältnissen ein Funkeln erkennen ließen. Dieses Material werde dick aufgetragen und dann gleichmäßig abgerieben.
Maßgeblich für die Farbgebung sei die Absicht gewesen, die Gebäude " so auszuformulieren, dass sie ein Quartier ergeben". Dabei habe auch das Umfeld eine Rolle gespielt, etwa der dunkle Anthrazitklinker vom Neubau auf der anderen Seite der Augustenburger Straße. Auf dem Hochtief-Areal sollen sich dunklere und hellere Brauntöne abwechseln, Lorenzen spricht von einer " freundlichen Cappuccino-Stimmung". Der gelbliche Klinker harmoniere mit diesen warmen Farbtönen, und so entstehe ein " angenehm homogenes Quartier", vermerkt der Architekt. Über die Farbgebung werde nicht en passant entschieden, " da ist richtig viel Energie reingeflossen".
Lorenzen rechnet damit, dass sich die Wogen glätten, wenn auch die anderen Häuser Gesicht zeigen. Nach Auskunft von Hochtief sollen die 71 Neubauwohnungen nach und nach bis Ende November bezugsfertig sein.

Bildtext:
Das ist nicht die Grundierung: Neubau von Hochtief an der Augustenburger Straße.
Foto:
Gert Westdörp

Kommentar
Auf einen Cappuccino

Ein Architekt, der es jedem recht machen will, kann keine gute Architektur abliefern. Wenn das große Ganze stimmen soll, darf das eine oder andere Detail Anstoß erregen. Über das, was zumutbar ist, gehen die Meinungen allerdings auseinander. Farbwahrnehmung ist subjektiv, von eigenen Stimmungen und Erfahrungen abhängig.

Architekt Lorenzen hat überzeugend dargelegt, dass die Farbgebung für die neuen Hochtief-Häuser nicht etwa einer Laune entsprungen, sondern Ergebnis einer sorgfältigen Abwägung ist. Mag ja sein, dass die Kritiker verstummen, wenn die " freundliche Cappuccino-Stimmung" im großen Wurf erkennbar ist. Kann aber auch sein, dass den Bewohnern des neuen Quartiers beim Anblick der abgestuften Brauntöne weniger angenehme Assoziationen in den Sinn kommen. Dann droht ein unangenehmes Nachspiel.

Es wäre schlau gewesen, die Farb-Idee einmal mit den künftigen Bewohnern und Nachbarn zu erörtern. Ganz entspannt, beim Cappuccino.

Osnabrück. Die ersten Wohnhäuser des Baukonzerns Hochtief zwischen Lotter Straße und Augustenburger Straße nehmen Gestalt an. An der graubraunen Farbe, die jetzt am ersten Neubau sichtbar wird, scheiden sich jedoch die Geister. Der Kopenhagener Architekt Carsten Lorenzen verweist auf hochwertige Materialien und ein ausgeklügeltes Farbkonzept, das aus unterschiedlichen Cappuccino-Tönen bestehe. Käufer der Wohnungen und auch Nachbarn empfinden den jetzt sichtbaren Farbton jedoch als düster und trostlos. Sie fühlen sich an Lehmbauweise erinnert und beteuern, so etwas hätten sie nie gekauft. Im Prospekt von Hochtief sind keine Brauntöne zu erkennen, stattdessen leuchtet ein sehr helles Beige. Enttäuschte Käufer wollen sich heute treffen, um das Farbkonzept zu diskutieren.
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert
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