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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Schonungslose Jagd und Zerstörung der Lebensräume
Zwischenüberschrift:
Viele Tierarten sind in unserer Region und in Deutschland ausgestorben – Genetisches Material des Auerochsen verloren
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Ausgestorbene Tiere beflügeln trotz aller Tragik von jeher unsere Fantasie. Während der letzten Eiszeit traf der Mensch in unseren Breitengraden noch auf Mammut, Höhlenbär, Wollnashorn und Säbelzahnkatze. Der Braunbär hingegen überlebte hierzulande lange: Noch im späten Mittelalter konnte einem Wanderer im Teutoburger Wald Meister Petz zum Verhängnis werden. Auerochse, Elch, Wildpferd und Wisent waren da ebenfalls noch in deutschen Gefilden heimisch.
Das Ende vieler Spezies des Jung-Pleistozäns, die sich eigentlich gut an die letzte Kaltzeit vor 110 000 bis 12 000 Jahren angepasst hatten, geht vor allem auf die Veränderung von Klima und Lebensraum zurück. Dass jedoch Tiere, die in Deutschland noch vor wenigen Jahrzehnten und Jahrhunderten durch hiesige Wälder und Sümpfe streiften oder in Flüssen schwammen, für immer verschwanden, hat ausschließlich mit menschlichem Handeln zu tun.
Die schonungslose Jagd ist dafür nur eine Erklärung. Der Artenschwund in Deutschland hat auch mit Umweltveränderung und - zerstörung zu tun. Zur Gewinnung landwirtschaftlicher Flächen, zum Ressourcenabbau, für den Bau von Verkehrswegen und zur Besiedlung wurden im Laufe der Jahrhunderte Moore trockengelegt, Flüsse begradigt und Urwälder abgeholzt und in Forsten umgewandelt. Monokulturen, Dünge- und Pflanzenschutzmittel, eingeschleppte Krankheiten sowie zunehmende Industrialisierung führten und führen zum Verschwinden von Tieren, Pflanzen und intakten Ökosystemen.
Die Rote Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) listet seit 50 Jahren jährlich weltweit gefährdete Tier- und Pflanzenarten auf. Dabei wird in verschiedene Härtefallkategorien von 0 bis 4 unterschieden. Null bedeutet ausgestorben oder verschollen. In Deutschland gehören zu dieser Gruppe 13 Säugetiere, 16 Vogelarten und diverse Süßwasserfischarten ganz zu schweigen von zahllosen wirbellosen Tieren. Allein im 20. Jahrhundert sind in Deutschland noch 22 Wirbeltierarten verschwunden.
Während die meisten Tierarten außerhalb Deutschlands überleben konnten, wurde eine Spezies unwiederbringlich ausgelöscht: der Auerochse. Mit dem Abschuss des letzten Tieres im Jahr 1627 in Polen starb zugleich der Stammvater der meisten heute lebenden etwa 500 Hausrindrassen. Noch im Mittelalter lebten viele Herden in Flussniederungen und lichten Waldlandschaften. Seit rund 90 Jahren bemühen sich Wissenschaftler, den Auerochsen zurückzuzüchten. Im Naturpark Solling-Vogler leben einige Dutzend Heckrinder, doch das genetische Material ist für immer verloren gegangen.
Ähnliches gilt für Wildpferde, die einst zwischen Spanien und der Mongolei lebten. 1968 wurden zum letzten Mal Przewalski-Pferde in der Nähe des Altai in der Wildnis beobachtet. Allerdings konnte die Spezies durch Zucht von Nachkommen in Gefangenschaft lebender Przewalski-Pferde erhalten und seit Ende der Neunzigerjahre wieder ausgewildert werden. Bis ins 19. Jahrhundert fand sich auch noch die Spur des Tarpans in Osteuropa, der noch 300 Jahre zuvor in Ostpreußen und einst in ganz West- und Mitteleuropa heimisch war.
Auch der Elch durchstreifte im Mittelalter noch das Emsland, Ostfriesland und Osnabrücker Land, wo er morastige, weichholzreiche Wälder vorfand. Im 17. Jahrhundert galt er in Deutschland nahezu als ausgestorben. Schutz und Hege führten in Polen bis 1945 zur Aufstockung der Bestände. Seit Kurzem wandern die Tiere von dort wieder ein.
Der stärksten Bejagung war jahrhundertelang der Braunbär ausgesetzt, der im 16. Jahrhundert in Hannover und Westfalen verschwand, danach in den Mittelgebirgen und schließlich auch in Bayern. Der letzte Petz wurde 1835 in den Bayerischen Alpen nahe Ruhpolding erlegt. 2006 wanderte der erste Braunbär seit 171 Jahren nach Deutschland ein, Bruno genannt. Nach fehlgeschlagenen Fangversuchen wurde das Tier erschossen.
Jagd, Wilderei und der Verlust des Lebensraumes sind auch die Gründe für das Verschwinden des Wisents. Ende des 19. Jahrhunderts gab es in der Wildnis nur noch zwei Populationen im polnischen Bialowieza-Urwald und im Kaukasus. Aber auch die starben aus. Heutige Herden sind allesamt Nachfahren von einst in Gefangenschaft lebenden Wisenten. Ab 1952 wurden die ersten Wisente in Polen wieder ausgewildert. Im Mai 2006 wurden ein Bulle und drei Kühe im Eleonorenwald bei Vrees (Emsland) in einem Gehege ausgewildert. Der Bestand wuchs auf acht Tiere an. Doch schon zwei Jahre später musste das Projekt im Streit um den freien Zugang zum Wald abgebrochen worden.
Seit Mitte des 20. Jahrhunderts gilt der Europäische Stör als verschollen oder gar ausgestorben. Er lebte in allen Flüssen, die in Nord- und Ostsee münden, auch in den Flüssen des Emslandes. Heute gibt es einige Wiederansiedlungsprojekte für den archaischen Fisch.
Im einst feuchten Emsland war auch die Sumpfohreule zu Hause. Der Raubvogel mit einer Spannweite von einem Meter kommt praktisch nur noch auf den Ostfriesischen Inseln vor. Ein ähnliches Bild gibt das Birkhuhn ab, das nach Mitteilung des niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz nur noch in der Lüneburger Heide vorkommt, im Emsland und den Moorgebieten um Rhauderfehn aber noch in den 1980er Jahren beheimatet war. Der Wiedehopf wird in der aktuellen Roten Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Brutvögel als ausgestorben geführt.


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