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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
"Ich bleibe dem Umweltschutz verbunden"
Zwischenüberschrift:
Worauf der scheidende DBU-Generalsekretär Fritz Brickwedde stolz ist und was er seinem Nachfolger rät
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Heute ist der letzte Arbeitstag von Fritz Brickwedde als Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Im Interview gibt er einen Rückblick auf seine Tätigkeit.
Herr Brickwedde, gut 22 Jahre waren Sie Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Wie sieht Ihre Bilanz aus?
Ich bin sehr zufrieden mit der Arbeit der DBU. Als ich 1991 anfing, war die Wiedervereinigung gerade vollzogen, und die DDR hatte ein ökologisches Desaster hinterlassen: Flüsse mit Schwermetallen, verpestete Luft, Braunkohleverbrennung und mangelnder Umweltschutz in der chemischen Industrie der DDR mit verheerenden Folgen für die Menschen und die Natur. Wenn ich jetzt lese, dass die Menschen in Leipzig auch wegen der verbesserten Umweltstandards in den neuen Ländern fünf Jahre älter werden als 1990, ist das eine fantastische Nachricht. Daran mitgewirkt zu haben, empfinde ich als Geschenk.
Wie begann denn die Stiftungsarbeit?
Mit drei Blatt Papier: Das eine war das Gesetz des Deutschen Bundestages zur Gründung der DBU. Ein zweites Blatt Papier, das war die Satzung. Das dritte war ein kleiner Zettel, den mir der Kuratoriumsvorsitzende Hans Tietmeyer übergeben hatte. Darauf stand: Sparkasse Bonn-Bad Godesberg und eine Kontonummer. Mit den drei Blatt Papier haben wir angefangen, wobei das dritte Blatt Papier das kleinste, aber nicht unbedeutendste war: Es war der Schlüssel zu 2, 5 Milliarden D-Mark.
Jetzt verteilen Sie jedes Jahr viele Millionen Euro Fördergelder.
Es waren in den 22, 5 Jahren über 1, 5 Milliarden Euro für 8600 Projekte. Zudem ist es uns gelungen, das Stiftungskapital von 1, 3 auf zwei Milliarden Euro zu erhöhen.
Geld verteilen, das ist doch eigentlich vergnügungssteuerpflichtig.
Einerseits ja. Denn wir konnten konkret etwas bewirken. Wir haben ja nicht nur Aufsätze geschrieben und Vorträge gehalten, sondern vor allem Projekte umgesetzt. Andererseits muss man viele Anträge ablehnen. Die Zahl der Anträge liegt jetzt bei über 1000 pro Jahr. Davon bescheiden wir etwa 350 bis 400 positiv. Sie müssen immer Bewerber enttäuschen, die mit guten Ideen kommen und auf Förderung hoffen.
Werden Sie dem Umweltschutz verbunden bleiben?
Mit Sicherheit.
Und wie genau?
Ich wurde gerade zum Sprecher des Nationalen Netzwerkes Natur gewählt. Darin sind 50 gemeinnützige und öffentliche Einrichtungen zusammengeschlossen, die über etwa 250 000 Hektar Naturschutzflächen verfügen. Da werde ich weitermachen, ich habe ja dieses Netzwerk initiiert. Ich werde auch ehrenamtlich tätig sein, zum Beispiel im Stiftungsrat der Heinz-Sielmann-Stiftung. Und ich werde mich für die erneuerbaren Energien und die Energiewende in Berlin engagieren.
Über Ihre Erfolge könnten Sie sicher stundenlang sprechen.
Den ökologischen Aufbau Ost habe ich ja schon genannt, die Beseitigung der Umweltschäden in der ehemaligen DDR. Deutschland ist weltweit führend im Umweltschutz. Das kann man nur erreichen, wenn man bei Forschung, Entwicklung und Innovation die Nase vorne hat. Daran sind wir beteiligt. Wenn wir heute weltweit bei der Energie- und Ressourceneffizienz, der nachhaltigen Wasserwirtschaft und den erneuerbaren Energien führend sind, haben wir unseren Anteil daran. Stolz bin ich auch auf unser Stipendien-Programm.
Was ist das?
Die DBU hat mehr als 1000 Promotionsstipendiaten in Deutschland und an die 800 jungen Wissenschaftler aus Mittel- und Osteuropa gefördert. Wenn Sie heute ins polnische Umweltministerium kommen, sitzt da ein halbes Dutzend DBU-Stipendiaten an wichtigen Positionen. Das ist auch in anderen Ländern so. Diese Netzwerke Ehemaliger tragen sehr dazu bei, dass Deutschland mit seinen umwelttechnischen Lösungskompetenzen überall verankert ist.
Hat die Katastrophe von Fukushima die Arbeit verändert?
Nicht qualitativ. Wir betreiben seit 22 Jahren Energiewende. Unser starker Förderschwerpunkt heißt " Energieeffizienz und erneuerbare Energien". Wir treiben in diesen beiden Feldern den technischen Fortschritt voran, ermöglichen Innovationen und tun etwas im kommunikativen Bereich. Dazu gehört unsere Beratungskampagne " Haus sanieren profitieren". Damit haben wir inzwischen 400 000 Energiechecks ermöglicht. Und rund 4, 6 Milliarden Euro an Investitionen angestoßen. Jährlich werden 600 000 Tonnen Kohlendioxid eingespart. Wir brauchten Fukushima nicht erst, um diese Themen zu entdecken.
Wie ist das Verhältnis zu den Umweltverbänden?
Wir sind weder NABU noch Greenpeace, sondern haben eine ganz eigenständige Rolle. Der Deutsche Naturschutzring (DNR) als Dachverband der Umweltverbände ist Mitglied unseres Kuratoriums, Hubert Weinzierl war viele Jahre gleichzeitig Präsident des DNR und Vorsitzender des DBU-Kuratoriums. Von daher sehe ich eine gute Zusammenarbeit. Die Umweltverbände haben zum Beispiel gefordert, dass der Bund seine Naturschutzflächen, die durch den Rückzug des Militärs eigentlich verkauft werden sollten, für den Naturschutz zur Verfügung stellt. Da haben wir mit den Umweltverbänden sehr eng zusammengearbeitet.
In welcher Form?
Wir haben Studien dazu finanziert, und die Umweltverbände waren sehr froh, als es darum ging, diese 125 000 Hektar Naturschutzflächen des Bundes an gemeinnützige und öffentliche Träger zu geben, dass die DBU die Hälfte übernommen hat. Wir investieren jedes Jahr mehrere Millionen Euro in diese Flächen. Im Netzwerk der Flächenbesitzer haben wir auch eine enge Kooperation zwischen Stiftung und Umweltverbänden. Ich sehe das Verhältnis absolut entspannt.
Welche Bedeutung hat die Region Osnabrück für die DBU?
Durch die DBU kommen viele Besucher nach Osnabrück. Das betrifft vor allem unser Zentrum für Umweltkommunikation, in dem im Jahr etwa 20 000 Menschen an Tagungen teilnehmen. Auch durch unsere Ausstellungen kommen viele Menschen, und natürlich suchen viele Gutachter und Antragsteller die Geschäftsstelle der Stiftung auf.
Wird die Region Osnabrück überproportional bei Projekten berücksichtigt?
Sagen wir mal so: Es gibt in Osnabrück überproportional viele gute Ideen und Partner. Die räumliche Nähe schafft gutes Wissen darüber, was wir fördern, in welche Richtung wir Entwicklung vorantreiben wollen. Aber es ist nicht so, dass wir uns regional so stark engagieren, dass wir statt als Bundesstiftung als Osnabrücker Stiftung wahrgenommen werden.
Gibt es etwas, was Sie aus heutiger Sicht anders machen würden?
Es gibt das ein oder andere Projekt, bei dem man hinterher schlauer war. Aber ich muss sagen: Wenn eine innovationsorientierte Stiftung keine Projekte gefördert hat, die scheitern, ist sie falsch aufgestellt.
Weil sie nichts riskiert hat?
Genau. Unter 8600 Projekten wird mir sicher ein Dutzend einfallen, von dem ich sage: Die hätte man besser nicht gefördert. Da war die Zeit noch nicht reif, oder der Markt hat sich verändert und damit auch die Chancen für innovative Produkte oder Dienstleistungen. Auch technische Prozesse können scheitern.
Morgen tritt Heinrich Bottermann Ihre Nachfolge an. Welchen Ratschlag geben Sie ihm mit auf den Weg?
Der Generalsekretär der DBU sollte immer dafür sorgen, dass die DBU unabhängig bleibt. Wir sind keine Stiftung, die einer Partei nahesteht oder abhängig ist von irgendeiner gesellschaftlichen Gruppe, seien es Unternehmer oder Gewerkschaften. Wir sind auch keine verlängerte Werkbank eines Ministeriums. Das ist ja gerade der große Pluspunkt, dass wir längerfristig denken und sagen können: Wir machen einen Förderschwerpunkt wie die industrielle Biotechnologie über 15 Jahre. Als wir mit diesem Förderschwerpunkt begonnen haben, hat kein anderer in Deutschland dieses Thema gefördert. Wir haben dort die großen Umweltentlastungspotenziale gesehen. Wir müssen nicht Programme in Vier-Jahres-Rhythmen machen. Wir haben eine große Kontinuität hier trotz der vielen Regierungswechsel in den 22 Jahren.
Aber wer regiert, ist Ihnen doch nicht egal, oder?
Natürlich arbeitet man nicht im luftleeren Raum, man nimmt an einer gesellschaftlichen und politischen Diskussion teil. Aber es ist ja eine sehr gute Konstruktion, dass von 14 Kuratoriumsmitgliedern sieben Vertreter des Bundes sind. Davon wiederum sind vier Vertreter des Bundestages und drei Vertreter der Bundesregierung. Das heißt: Innerhalb der sieben Vertreter des Bundes haben wir schon vier verschiedene politische Farben. Durch die Pluralität innerhalb der sieben Vertreter der Zivilgesellschaft haben Sie auch eine ganz bunte Landschaft. Da sind unabhängige Wissenschaftler, die Gewerkschaften, die mittelständische Wirtschaft, die Bundesbank, die Bundesländer. Das Kuratorium ist von seiner Struktur her so, dass niemand dort eine Mehrheit hat, egal wer in Berlin regiert.
Sie sind Generalsekretär der DBU, aber auch in der CDU aktiv. Könnten Sie sich eine schwarz-grüne Koalition vorstellen?
Ich habe mein Amt immer als überparteilich verstanden und immer gute Beziehungen zu Politikern aller Parteien gehabt. Die Koalitionsfrage auf Bundesebene möchte ich als Generalsekretär der DBU nicht kommentieren.

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Autor:
Christof Haverkamp


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