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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Schon 1913 Streit um Neumarkt
Zwischenüberschrift:
Vor 100 Jahren: Wochenmarkt-Umzug, Schützenfeste-Inflation und Schleusenbau
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Seit 1896 war auf dem Neumarkt auch Wochenmarkt. Das bunte Markttreiben ging jedoch mit den Verkehrserfordernissen so lächerlich gering sie uns heute auch erscheinen mögen immer weniger zusammen. Deshalb beschlossen die Stadtväter, den Wochenmarkt auf den Ledenhof zu verlegen.

Das Osnabrücker Tageblatt berichtete vom Fortgang der Arbeiten " auf dem früheren Artillerieplatz hinter dem Offizierskasino", der der Ledenhof einmal war. Bauschutt werde über den Platz verteilt, um einen festen Untergrund zu schaffen. Darauf komme " Grand" (Grobsand) und abschließend eine Schicht Asphalt. " Es steht also zu erwarten, dass ein für Wochenmarktzwecke vorzüglich geeigneter Untergrund entsteht", frohlockte das Blatt. " Jedenfalls hat dieser Platz vor dem Neumarkte den Vorzug, daß er reichlich so geräumig und zudem frei vom Wagenverkehre ist."

Bevölkerungswachstum

In den Lokalnachrichten warf die Eingemeindung der Landgemeinde Schinkel lange Schatten voraus. Tatsächlich sollte sie erst zum 1. April 1914 erfolgen. Aber im Juli 1913 wurden die Weichen gestellt, indem die städtischen Kollegien genau wie zuvor schon die Gemeindevorsteher Schinkels dem Zusammenschluss zustimmten. " Die Seelenzahl Osnabrücks wird mit einem Schlage um rund 10 000 erhöht", freute sich der Zeitungsredakteur, nämlich von 69 162 auf fast 80 000 Einwohner. Damit rücke Osnabrück gemäß der Bevölkerungsziffer nach der Provinzhauptstadt Hannover auf die zweite Stelle in der Provinz, während sie bisher noch von Linden (1920 nach Hannover eingemeindet) und Harburg (1937 zu Hamburg) übertroffen werde.

Das Tageblatt bezeichnete den Eingemeindungsbeschluss als organischen Abschluss einer Entwicklung, die schon seit Jahren langsame, aber sichtbare Fortschritte mache. Dringlich sei die Sache nun geworden, weil Schinkel aus eigener Kraft keine Abwasserkanalisation bauen könne. " Wie die Dinge liegen, ist eine gründliche Reinhaltung des Hasewassers wohl kaum auf anderem Wege als durch die Eingemeindung zu erreichen", hieß es im Blatt. Das Ende der Schmutzwasser-Einleitung in die Hase sei im Sinne der Hygiene und der öffentlichen Gesundheit ein vordringliches Ziel. Der Ausbau der Infrastruktur in Schinkel werde die städtischen Finanzen noch auf Jahre erheblich belasten. Denn nicht nur die Kanalisation, sondern auch Schulen, Fahrstraßen, Wasserleitungen und Beleuchtung müssten auf den Stand der aufnehmenden Kommune gebracht werden.

Umherstreifende Hunde sorgten für Ärger. In den Gärten des Schnatgangs wurde ein großer Jagdhund beobachtet, der dort Kaninchenställe aufbrach. " Selbst stärkere Bretter bieten dem Tier kein Hindernis, seine Mordlust zu befriedigen." Die Zeitung forderte alle Hundebesitzer auf, die Tiere nachts ins Haus zu nehmen oder an die Kette zu legen.

Zu viele Feste?

Ein Leser beklagte sich über die Vielzahl der Schützenfeste: " In Osnabrück bringt man drei bis vier Monate damit hin, sintemal an die zehn bis 15 Schützenvereine entstanden sind." Durch die starke Zersplitterung des Schützenwesens hätten die Schützenfeste viel von ihrer früheren Anziehungskraft und Volkstümlichkeit verloren. Vor 20 Jahren hätte man auf dem Schützenhofe noch beobachten können, wie die Mitglieder des Magistrats einmal alle Sorgen von sich warfen und " lustig die Holzgäule des Karussells bestiegen, um einige Runden abzufahren". Das habe dem Ansehen der Stadträte ebenso wenig geschadet wie ihrer Volkstümlichkeit. Es sei an der Zeit, ein einheitliches " Bürger-Schützenfest" zu organisieren. Nicht wenige Osnabrücker führen nach Hannover, um dort am allgemeinen Schützen- und Volksfest teilzunehmen. " In Hannover feiert man ohne Unterschied von Rang und Stand acht Tage lang, und dann ist Schluss."

Ein Reporter schilderte seine Eindrücke beim Besuch der Schleusen-Baustelle in Haste: " Viele hundert fleißige Hände setzen nun in die Tat um, was die Ingenieure und Techniker nach mühsamen Vorarbeiten, Bohrungen und Messungen vorbereitet und am Zeichenbrett entworfen haben. Eine Menge eigenartiger Fahrzeuge durcheilt das Gelände mit eifrigem Geroll auf den viele Kilometer langen Kleinbahngleisen …" Dampf-Greifbagger wühlen " das in Jahrtausenden angeschwemmte Erdreich" auf und verladen es in Kippwagen, um damit Sümpfe und das alte Hasebett auszufüllen und die neuen Straßenzüge aufzuhöhen. Die künftige Gestalt des Hafens mit dem Wendebecken sei bereits deutlich auszumachen, die Brücke " im Zuge der neuen Straße in der Nähe der Papiermühle" fertiggestellt. Hand-Luftdruckkompressoren stampften fetten Boden, der die Hafensohle festigen und dichten sollte. Am Nettedüker trennten sich die " Interessengebiete der Verwaltungen": Stadtseitig war die städtische Bauverwaltung für den Hafenbau zuständig und nach der Schleuse hin die Königliche Kanalbauverwaltung.

Nur tagsüber telefonieren

Telefonieren konnte man in Osnabrück nur am Tage. Das sei ein unhaltbarer Zustand, fand die Handelskammer: " Auf Gesuch von 298 Teilnehmern des hiesigen Ortsfernsprechnetzes, darunter der Magistrat und die hervorragendsten Firmen der Stadt, sind wir bei der Oberpostdirektion wegen Einrichtung eines Nachtdienstes beim hiesigen Fernsprechamt vorstellig geworden. Der Übelstand, gegenwärtig von 10 Uhr abends bis 7 Uhr morgens nicht telefonieren zu können, ist nicht lediglich aus geschäftlichen Gründen bedenklich", schrieb die Kammer, sondern auch " mit Rücksicht auf Leben und Gesundheit der Bürgerschaft (Feuersbrunst, Einbruchsgefahr, plötzliche Erkrankungen usw.)". Was die Antragsteller wohl besonders wurmte: "… daß die wirtschaftlich nicht höher als Osnabrück entwickelte Stadt Münster bereits seit mehreren Jahren den Vorzug eines nächtlichen Fernsprechverkehrs genießt".

Zum Abschluss noch ein Blick ins Kinoprogramm: Das Biotophon-Theater am Nikolaiort kündigte den Film " Hyänen" an, ein " spannendes Drama in zwei Abteilungen mit neuen eigenartigen Sujets"; ferner " Ein Kinderherz", eine " tiefer greifende Tragödie, in welcher ein zehnjähriges Kind die Hauptrolle spielt". Wem an " wissenschaftlichen und belehrenden Naturaufnahmen" gelegen ist, dem wurden " Studien über die Fliege" empfohlen. Die Kaiser-Lichtspiele, Große Straße 85, zeigten " Das Warenhaus-Mädchen", angekündigt als " ergreifendes Drama in 3 Akten" und " äußerst rührendes Lebensbild Die vorzügliche Handlung und meisterhafte Darstellung machen diesen Film zu einem Schlager allerersten Ranges."
Bildtext:
Der Wochenmarkt auf dem Neumarkt war 1913 ein Auslaufmodell, weil er den zunehmenden Verkehr behinderte. Der Blick auf diesem vor 1913 entstandenen Foto geht nach Westen in Richtung Neuer Graben, der damals nur ein schmaleer Durchlass (am linken Bildrand) war. Die beiden Häuser hinter dem Jauchewagen wurden später entfernt, um den Neuen Graben verbreitern zu können. Ganz aktuell soll dort nun wieder ein Geschäftshaus errichtet werden, um dem Neumarkt " eine neue Kante zu geben".
Foto:
Archiv Helmut Riecken
Autor:
Joachim Dierks


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