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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Überschrift:
Bagger knabbern Café Coppenrath auf
Zwischenüberschrift:
Abbrucharbeiten auf der Hasehaus-Baustelle liegen im Zeitplan – Grube Ende August für Rohbau bereit
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Erst wurden die Häuser am Neumarkt entrümpelt, dann abgerissen. Jetzt gehen die Bauarbeiter am Osnabrücker Haseufer in die Tiefe. In den kommenden Wochen werden Spundwände gesetzt und die Baugrube für das neue Hasehaus ausgehoben.
Der blutorangefarbene Longfrontbagger, wie das stählerne Ungetüm mit dem extralangen 18-Meter-Ausleger heißt, hat in den vergangenen Tagen ganze Arbeit geleistet. Von dem 1960 errichteten Gebäude, das bis Anfang Juni das legendäre Café Coppenrath beherbergte, ließ er keinen Stein stehen. Auch das angrenzende Haus Kollegienwall 1 knabberte die Maschine von oben bis unten kaputt und machte so ein Stück Stadtgeschichte fast im Nu dem Erdboden gleich. " Wir sind voll und ganz im Termin", sagt Projektleiter Josef Langenhorst von Industriebau Hoff und Partner, dem Hasehaus-Investor aus Gronau. Läuft alles weiter nach Plan, sei das Grundstück Ende August für den Rohbau vorbereitet.
Verseuchtes Material
Der nun beinahe abgeschlossene Abbruch am Haseufer vollzog sich parallel zum angrenzenden Teilrückbau der Neumarkt-Passage und gliederte sich in mehrere Abschnitte. Noch während die Gebäude auf dem Hasehaus-Areal ausgeräumt wurden, suchten Sachkundige nach Schadstoffen. Dabei stießen sie laut Langenhorst etwa auf asbestverseuchte Rohre, Bodenbeläge und Dachpappen, die gesondert ausgebaut und entsorgt werden mussten. Die Menge an kontaminiertem Material habe sich jedoch in Grenzen gehalten. " Im Verhältnis zum Gesamtvolumen von vielen Hundert Tonnen war das nichts", erklärt der Bauingenieur. Der Kampfmittelräumdienst forschte im Erdreich nach verborgenen Sprengsätzen, fand aber ebenso wenig wie die Spezialisten, die das alte Gemäuer nach Fledermäusen und anderen unwillkommenen Untermietern abklapperten. " Zum Glück haben wir nichts entdeckt", sagt Langenhorst. Denn tierische Bewohner, besonders die schützenswerten, können eine ganze Baustelle lahmlegen. " Das ist der schlimmste Fall für uns Bauleute. Ein Eisvogel am Ufer und Sie brechen hier überhaupt nichts mehr ab."
So aber rollten die Arbeiter mit tonnenschwerem Gerät auf Ketten an und zermalmten die Gebäude mit riesigen, " Pulverisierer" genannten Kneifzangen. Diese packen nach Auskunft von Baggerfahrer Daniel Erichson mit einem Druck von 370 bar pro Quadratzentimeter zu, was in etwa der doppelten Beißkraft eines ausgewachsenen Löwen entspricht. Doch die Maschinen können auch sensibel: Mit besonderen Greifern trennen die Bagger das Material haarklein, wie Projektleiter Langenhorst weiß. " Damit fischen wir sehr genau Stahl, Treppengeländer, Türen und Holz aus dem Schutt heraus." Die steinernen Brocken werden anschließend in Container verladen und von Lastwagen abtransportiert, ehe sie in Brecheranlagen weiter zerbröselt werden und endlich Verwendung als hochwertiges Recyclingmaterial finden. Nennenswerte Schäden habe der Abbruch nicht verursacht, berichtet der Ingenieur. Ein Riss in der Außenwand des Nachbargebäudes am Kollegienwall sei " normal und ungefährlich", und auch der eine oder andere Klumpen, der im Fluss gelandet sei, möge niemanden beunruhigen. Langenhorst: " Das lässt sich nicht vermeiden. Die Steine werden wieder herausgeholt." Fangnetze seien auf dieser Baustelle jedenfalls keine Option gewesen. " Wo soll man das Gerüst dafür hinbauen?"
Wasserdichte Wände
In Kürze soll dann am Haseufer mit dem Einsetzen von Spundwänden begonnen werden. Im Moment befinde man sich gut einen Meter unter dem Niveau des Kollegienwalls. Im Schutz des wasserdichten Verbaus wird die Grube dann auf fünf bis sechs Meter Tiefe ausgehoben. Das Spunden übernimmt erneut ein großer Bagger: Mit einer Sondervorrichtung rammt und presst er die trapezförmigen Metallelemente in den Mergel. " Das geht so gut wie geräuschlos und erschütterungsfrei", sagt der Projektleiter und weiß: " Wir werden dabei sofort auf Grundwasser stoßen." Eine heikle Situation: Denn von der Qualität des Grundwassers hängt ab, ob es gratis in die Hase oder teuer in die Kanalisation eingeleitet wird. " Das ist mitunter eine erhebliche Kostenfrage", erklärt der Baustellenchef. Später wird man versuchen, das Wasser mittels Brunnenbohrungen, Tauchpumpen und einer dauerhaften Drainage in Schach zu halten. " Aber richtig trocken wird die Grube nie."
Beeindruckt zeigt sich Langenhorst übrigens von der Abstimmung der privaten und öffentlichen Bauarbeiten am Neumarkt. Die Zusammenarbeit mit der Stadt, die den Tunnelrückbau steuert, und den Stadtwerken als Versorger und Eigentümer von kilometerlangen unterirdischen Leitungen verlaufe " reibungslos und absolut beispielhaft". In Erinnerung bleiben dem erfahrenen Ingenieur aber auch die vielen Coppenrath-Stammkunden, die sich " sehr wehmütig von diesem Gebäude verabschiedet" hätten. Er selbst habe Konditormeister Reinhard Coppenrath und dessen Mannschaft kurz vor Beginn der Abbrucharbeiten noch kennengelernt und bei einer Tasse Kaffee ihre kalorienreichen Kreationen genossen. " Ich esse so gerne Käse-Sahne-Torte", gesteht Langenhorst, " aber immer wenn ich mit meiner Frau ins Café gehe, gibt es die gerade nicht. Hier habe ich ein Stück bekommen!"

Bildtexte:
Der blutorangefarbene Longfrontbagger, wie das stählerne Ungetüm mit dem extralangen 18-Meter-Ausleger heißt, hat in den vergangenen Tagen ganze Arbeit geleistet. Von dem 1960 errichteten Gebäude, das das legendäre Café Coppenrath beherbergte, ließ er keinen Stein stehen. Foto: Klaus Lindemann

Mit riesigen Kneifzangen, " Pulverisierer" genannt, zermalmen die Bagger auf der Neumarkt-Großbaustelle den Beton spielend leicht.

Foto:
Gert Westdörp
Autor:
Sebastian Stricker


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