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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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aus Zeitung:
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Überschrift:
Kraterstimmung am Neumarkt
Zwischenüberschrift:
Tunnelabbruch lockt zahlreiche Zaungäste an die Großbaustelle im Herzen der Stadt
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Nach anderthalb Monaten Bauzeit ist der östliche Teil der Neumarkt-Passage fast komplett abgebrochen. Die Arbeiten auf der Großbaustelle im Herzen der Stadt schreiten planmäßig voran und locken täglich viele Zaungäste an.

Ein gigantischer Krater tut sich auf am Platz vor dem Landgericht. Wo noch Ende Mai Autos und Busse in den Kollegienwall einbogen, hat ein Kettenbagger binnen zwei Wochen ein drei Meter tiefes Loch in die Straße geknabbert. Mächtig thront der gelbe PS-Gigant auf einem Schuttberg in der Mitte der Mulde und nagt unablässig an der Betondecke. Wie Dornen ragen die krummen, rostigen Eisenstäbe der alten Bewehrung heraus. Und über den gesamten Schlund spannt sich, aufgebockt mit Widerlagern, ein 26 Meter langer Stahlträger, von dem festgegurtet armdicke schwarze Kabel herabhängen Telekom-Leitungen.

" Die Abbrucharbeiten sind zu 80 Prozent erledigt", sagt Projektleiter Lutz Vorreyer vom Fachdienst Straßenbau. Zeitlich liege man voll im Soll. Die monatelange Vorbereitung am Schreibtisch mache sich nun bezahlt. Sie beinhaltete die enge Abstimmung mit den Stadtwerken, deren im Erdreich verborgene Stromkabel, Gasleitungen und Wasserrohre mit Samthandschuhen angefasst werden müssen. Außerdem koordinierte Vorreyer die Abläufe mit der privaten Hasehaus-Baustelle gegenüber. Ergebnis aller Planungen: 17 Wochen darf der 630 000 Euro teure Rückbau des ersten Tunnelabschnitts am Neumarkt dauern so steht es im Vertrag zwischen der Stadt und dem Lingener Bauunternehmen Hofschröer. Anfang Oktober soll also von diesem Teil des 1964 eröffneten unterirdischen Gangs nichts mehr zu sehen sein.

Rund um die drei Tennisfelder große Baustelle haben sich Dutzende Schaulustige versammelt viele kommen nicht zum ersten Mal. " Wie damals beim Bau der Schellenbergbrücke beobachten die Leute ganz genau, was wir machen. Und hier sind wir sogar im Mittelpunkt der Stadt", weiß Vorreyer, der selbst mindestens einmal täglich vor Ort ist. Den einen oder anderen Zaungast erkenne er inzwischen wieder, sagt er. Staunend verfolgen die Zuschauer zurzeit, wie der Bagger mit einer riesigen Kneifzange, " Pulverisierer" genannt, die bis zu 85 Zentimeter dicke Tunneldecke in Stücke reißt. Reihenweise purzeln Brocken zu Boden.

Passage pulverisiert

" Abrissbirne war gestern", erklärt Vorreyer, gelernter Maurer. " Mit dem Pulverisierer arbeiten wir leiser, als wir es mit Presslufthämmern je könnten, außerdem nahezu erschütterungsfrei. Wir wollen ja durch den Abbruch das historische Gerichtsgebäude und die umliegenden Geschäfte nicht beschädigen." 750 Tonnen Schutt fallen auf der Neumarkt-Baustelle an. 40 bis 60 Lastwagen werden ihn nach Wallenhorst karren, wo die Firma Holtmeyer die Bruchstücke sortiert, von Metall befreit und zu hochwertigem Recycling-Schotter zermahlt. Noch aber lassen die Bauarbeiter die Klumpen im Krater liegen. Denn die Last der Trümmer verhindert, dass die Betonsohle vom Grundwasser nach oben gedrückt wird und der Tunnel vollläuft wie eine Badewanne. Am Ende wird das Loch mit 5000 Kubikmeter Sand und Steinen gestopft Schicht für Schicht und stark verdichtet, damit die neue Straße nicht absackt.

Doch bevor der Krater zugeschüttet werden kann, müssen die Bauarbeiter eine Mauer bauen. Sie soll für eine Übergangszeit den im Moment sichtbaren Westteil des Tunnels abtrennen, dessen Verfüllung in einem zweiten Bauabschnitt geplant ist. 19 Meter lang, 3 Meter hoch und 30 Zentimeter dick wird diese wasserdichte Stahlbetonwand sein, außerdem im frischen, zementnassen Zustand so schwer wie 35 VW Golf. Sie zieht sich unterhalb der Asphaltnarbe von der Spitze des Bussteigs bis zum künftigen Hasehaus jenen messerscharfen Schnitt entlang, mit dem die Bauarbeiter unlängst die 60 Zentimeter starke Betondecke der Passage seziert haben. Eine Diamantsäge, wassergekühlt und elektrisch an Schienen geführt, brauchte dafür nur einen halben Tag. " Auch hier wollten wir die Belästigung durch Lärm und Staub so gering wie möglich halten. Darauf habe ich bei der Ausschreibung viel Wert gelegt", sagt Ingenieur Vorreyer.

Damit die neue Trennwand nicht verrutscht, wird sie 50-fach mit ellenlangen Eisenstücken in der Sohle verankert. Wie im Buchregal sorgt eine 2, 60 Meter große Winkelstütze auf Kraterseite dafür, dass sie nicht umkippt. Schließlich werden die Mauerränder mit Schläuchen gesäumt: Die einen quellen auf und dichten ab – " wie Tesa Moll beim Fenster". Durch die anderen lässt sich bei Bedarf ein Kunstharz pumpen, das letzte Hohlräume verschließt. Vorreyer: " So bleibt der Bereich hinter der Mauer trocken."

Bildtexte:
Mit einer überdimensionalen Kneifzange, " Pulverisierer" genannt, reißt der Bagger die Neumarkt-Passage in Stücke.

Polier Dieter Hopster bereitet den Mauerbau vor.

Dieser Teil der Passage wird durch eine Wand vom Krater abgetrennt und in einem zweiten Bauabschnitt verfüllt.

Ingenieur Lutz Vorreyer vom Fachdienst Straßenbau ist als Projektleiter jeden Tag auf der Neumarkt-Baustelle.

Die Baustelle beeinflusst auch den Busverkehr.

Fotos:
Klaus Lindemann
Autor:
Sebastian Stricker


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