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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Ledenhof: Es geht nicht vor und nicht zurück
Zwischenüberschrift:
Urheberrechtsstreit zwischen Stadt und Architekt Bofinger lähmt Willen zur Umgestaltung
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Stolperfallen im Pflaster, Risse im Beton, Graffiti an den Wänden: Der Lack ist ab vom Ledenhof, einem Platz, der vom Vorzeigeobjekt zur Schmuddelecke abgestiegen ist. Für eine grundlegende Umgestaltung fehlt der Stadt das Geld, eine Sanierung im Kleinen würde als Urheberrechtsverletzung Schadenersatzansprüche des Architekten nach sich ziehen.

Helge Bofinger wird zornig, wenn er auf den Ledenhof angesprochen wird: " Der Platz ist ohne Not zerstört worden, ohne dass ich darüber informiert wurde." Der Mann, der das Willy-Brandt-Haus in Berlin entworfen hat, gewann als junger Architekt den Wettbewerb für die Gestaltung des Ledenhofs. Das war 1976, als Osnabrück modern und autogerecht werden wollte. Der Platz über der gerade entstandenen Tiefgarage Ledenhof galt schon wegen seiner Nähe zum Schloss als besondere Herausforderung.

Bofingers preisgekrönter Entwurf war angereichert mit Brunnen und Wasserspielen, die jedem Winkel des roten Klinkerareals ein rauschendes Klangerlebnis bescherten. Ausgerechnet diese sinnlich-belebenden Elemente fielen bei der Stadt wegen ihrer hohen Folgekosten schon bald in Ungnade. So verschwand ein Wasserspiel nach dem anderen von der Bildfläche zugunsten von Pflanzbeeten mit pflegeleichten Bodendeckern. Zugleich richtete der Zahn der Zeit sein zerstörerisches Werk an, sodass der Ledenhof vollends zum Sanierungsfall wurde.

Helge Bofinger schämt sich dafür, dass seine Gestaltungsidee derart auf den Hund gekommen ist. Der Platz sei " völlig verwahrlost", schimpft der Wiesbadener Architekt und gibt der Stadt die Verantwortung dafür. Wer sich für eine derart anspruchsvoll gestaltete Anlage entscheide, müsse auch die Pumpen regelmäßig unterhalten und erneuern. Aber in der Stadtverwaltung hätten sich das Tiefbauamt, das Grünflächenamt und das Hochbauamt nicht einig werden können, wer für die Folgekosten aufzukommen habe.

Bofinger wirft der Stadt vor, dass sie schon mit der Umgestaltung der Wasserflächen sein Urheberrecht mit Füßen getreten habe. Wenn sie jetzt auch noch das aus dem Weg räume, was von seinem geistigen Eigentum übrig geblieben sei, müsse sie dafür Schadenersatz leisten. " Die Rechtslage ist einwandfrei", vermerkt der 73-jährige Architekt, bekundet aber zugleich, dass beide Seiten kein Interesse an einem Prozess hätten und eine außergerichtliche Einigung anstrebten.

Nach Informationen unserer Zeitung hat Bofinger bei der Stadt durchblicken lassen, dass er bei einer Zahlung von 40 000 Euro zu einem Stillhalteabkommen bereit ist. Falls er sich zu einer Klage entschließe, müsse die Stadt mit 200 000 Euro Schadenersatz rechnen. Der Verwaltungsausschuss hat sich bislang nicht zu einer Entscheidung durchgerungen. Zunächst sollen die Urheberrechtsfragen juristisch geprüft werden, erklärte Franz Schürings, der Leiter des Fachbereichs Städtebau, auf Anfrage unserer Zeitung. Da kann noch dauern, und so lange geht es nicht vor und nicht zurück. Dabei sind Haushaltsmittel für die Jahre 2017 bis 2019 reserviert.

Solange nichts geschieht am Ledenhof, fallen weitere Folgekosten für die Unterhaltung an. Anfang 2011 wurden sie mit 60 000 Euro pro Jahr veranschlagt. Nicht nur das Pflaster und die Grünanlagen müssen instand gehalten werden, zudem kostet es immer wieder Geld, die Tiefgarage vom Oberflächenwasser zu verschonen.

Im Gespräch war schon eine Grundsanierung auf der Basis des Bofinger-Konzepts von 1976. Doch wegen der Kosten grob geschätzt 2 Millionen Euro fiel der Vorschlag im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt sofort durch.

Bildtexte:
Das war mal ein schöner Platz: Der Ledenhof, Ende der 70er-Jahre noch ausgezeichnet, ist zur Schmuddelecke geworden.

Der Ledenhof bei Nacht in den 80er-Jahren.

Damals topmodern: eine von zahlreichen Leuchten aus den 70ern, an denen der Zahn der Zeit genagt hat.

Gut gemeint, aber wer mag hier noch Schach spielen?

Fotos:
Gert Westdörp/ Jörn Martens

Kommentar
Alte Sünden

Die Stadt hat den Ledenhof verkommen lassen, jetzt muss sie dafür bluten. So lautet, auf eine kurze Formel gebracht, die Argumentation von Architekt Bofinger. Er hat vor 37 Jahren den Platz gestaltet, und er ist formal im Recht. Aber die Zeiten haben sich geändert. Mit seinen Wasserspielen, die so hohe Folgekosten verursachen, traf der Entwurf zwar den Geschmack des damaligen Baudezernenten. Heute hätte er trotz seiner Gestaltungsqualitäten keine Chance. Ebenso wenig wie der Neumarkttunnel, der damals in die Zeit passte, heute aber als Sünde der Vergangenheit abgerissen wird. Es ist zu hoffen, dass die Stadt einen guten Weg findet, sich mit Bofinger zu einigen. Und dass am Ende ein schöner Platz bleibt. Einladend, aber ohne hohe Folgekosten.
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert


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