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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Auf der Suche nach der Vergangenheit
Zwischenüberschrift:
Ehemalige ukrainische Zwangsarbeiter mit Projekt der Gedenkstätte Augustaschacht in Osnabrück
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Es ist kalt und still auf dem Heger Friedhof. Evelina Kubyakina steht auf dem internationalen Ehrenfeld, bückt sich und kratzt etwas Erde von einem in den Rasen eingelassenen Grabstein. Anschließend nimmt sie eine Gießkanne, schüttet Wasser über den Stein, fotografiert ihn es ist das Grab ihrer Tante. Kubyakina unterbricht die Stille, zeigt Familienfotos herum. Die Ukrainerin ist mit dem Projekt der Gedenkstätte Augustaschacht auf Spurensuche.

1944 kam die damals neunjährige Evelina Kubyakina nach Osnabrück. Deutsche und rumänische Truppen kamen in ihre Siedlung drei Laster, über Nacht. Ihre gesamte Familie, elf Personen, gehörte zu denjenigen, die verschleppt werden sollten. " Dass eine ganze Familie verschleppt wurde, ist ungewöhnlich", sagt Georg Hörnschemeyer von der Gedenkstätte Gestapokeller. Vielleicht habe eine gewisse Personenzahl aus diesem Gebiet rekrutiert werden müssen, vermutet er.

Doch das ist ungewiss wie vieles in Kubyakinas Vergangenheit. Denn sie war noch ein Kind, als sie nach Osnabrück gekommen ist. Ihre Familie wurde in einer Baracke am Stadtrand untergebracht, umzäunt von einem Elektrozaun. Sie selbst musste nur kleinere Arbeiten verrichten. Bei einem der größeren Bombenangriffe auf die Stadt kam ihre Tante ums Leben. Das hat sie Theresa Schierhölter, die in die elfte Klasse der Ursulaschule geht und Kubyakina in ihrer Heimat besucht hat, erzählt. Der Besuch am Grab war das einzige Mal, dass Kubyakina die Baracke verlassen hat. Und dann hört es auch schon auf.

" Sie weiß viele Details, die mit ihrer Familie zu tun haben, aber die Indizien sind ungenau", sagt Carina Meyer, Lehrerin an der Ursulaschule. Kubyakina habe das damals aus einer kindlichen Perspektive gesehen. Dinge, auf die Erwachsene achten würde, habe sie nicht wahrgenommen: Flüsse, Gebäude. Diese Anhaltspunkte fehlen, um ihre Spur zu verfolgen.

Am Grab ihrer Tante ist Kubyakina gefasst. " Ich fühle mich wie zu Hause", sagt sie. Ihre Großmutter sei Deutsche, und sie habe viele Verwandte in Osnabrück. Dennoch sei es ein zweispaltiges Gefühl, hier zu sein: " Ich kann mich an die schrecklichen Tage hier erinnern, aber bin glücklich, dass es so ein Projekt gibt und sich die Jugendlichen für das Thema interessieren."

Das macht auch ihren Sohn Vladimir Kubyakin glücklich. Der 57-Jährige hat seine Mutter nach Osnabrück begleitet. Auf dem Friedhof stehen ihm die Tränen in den Augen, seine Stimme zittert. Was er fühlt, könne er nicht erklären. Es sei sehr emotional. " Ich bin froh, dass es Projekte wie dieses gibt, und dass Generationen miteinander sprechen", sagt er. Sein Wunsch: Russen, Deutsche und Ukrainer sollen keine Feinde sein.

Auf Spurensuche mit dem Projekt " Eine beidseitige Begegnung von Anfang an" haben sich auch Igor Rudtchin, Oleksandr Kolosovskiy und Yevgen Levchuk begeben. Rudtchin, der zum wiederholten Male an dem Projekt teilnimmt, war als Zwangsarbeiter bei den Klöckner-Werken Georgsmarienhütte. Er hat hier mit den Kindern gesprochen, die ihm damals geholfen haben.

Mit dem ehemaligen Gefangenen des Arbeitserziehungslagers Ohrbeck, Kolosovskiy, hat die Gruppe eine Spurensuche im Kasinopark GMHütte geplant, wo Kolosovskiy in einem Arbeitskommando arbeiten musste. Er hat am Freitag in Osnabrück seinen 88. Geburtstag gefeiert. Der vierte Gast, Levchuk, begibt sich mit seiner Gruppe auf Spurensuche in Nahne. Dort wurde er im Zwangsarbeiterlager Süd 3 geboren, in dem seine Mutter als Zwangsarbeiterin untergebracht war. Levchuk ist 2005 zum ersten Mal mit dem Begegnungsprojekt nach Osnabrück gekommen und hat hier seine Geburtsurkunde erhalten.

Mit dem Projekt soll es den ehemaligen Zwangsarbeitern ermöglicht werden, ihre Vergangenheit aufarbeiten zu können, wie Michael Gander, Geschäftsführer der Gedenkstätte Augustaschacht, sagt. " Wir wollen auf das Schicksal der Menschen in Deutschland und der Ukraine aufmerksam machen", erklärt Gander. So soll das " größte Verbrechen des Nationalsozialismus" bekannt gemacht werden. Solange es möglich ist, möchte Gander das Projekt fortführen. Dazu könnten künftig Anpassungen notwendig werden, da viele der Zeitzeugen mittlerweile zu alt seien, um nach Osnabrück reisen zu können.

Bildtexte.

Am Grab ihrer Tante (Foto) auf dem Heger Friedhof lassen sich Carina Meyer (von links) und Georg Hörnschemeyer Fotos von Evelina Kubyakinas Familie zeigen.

Wer auf diesem Foto jemanden erkennt, melde sich bei Carina Meyer (01 52/ 33 66 85 67).

Foto:/ Repro:
Martens
Autor:
Nadine Grunewald


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