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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Hafen und Güterbahnhof fast fertig
Zwischenüberschrift:
Januar 1913: OB Rißmüller stellt Osnabrücks Weg zur modernen Großstadt vor
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Vor 100 Jahren gab der Handgiftentag am 2. Januar genau wie in diesem Jahr dem Osnabrücker Oberbürgermeister Gelegenheit, einen Überblick über städtische Verkehrsvorhaben zu geben. OB Julius Rißmüller kündigte die Verlängerung der Straßenbahnlinie über das Hasetor hinaus in Richtung Haste an, sobald die Bahnunterführung am Hasetor fertig gestellt sei.

Auf vielfach geäußerten Wunsch sollten die Straßenbahnwagen nun endlich auch mit einer Perron-Verglasung ausgerüstet werden, damit Personal und Fahrgäste auf den Plattformen nicht mehr der Witterung ausgesetzt wären. Zuvor hatte die Betriebsleitung dieses Anliegen abgelehnt unter anderem mit dem Argument, dass der Fahrer dann keine Warnrufe mehr an Passanten oder Fuhrleute ausstoßen könne. Im Übrigen würde das Fahrpersonal nicht mehr genügend abgehärtet, ein höherer Krankenstand sei zu befürchten. Nachdem aber in vielen anderen Städten die Waggons entsprechend nachgerüstet worden waren, konnte die hiesige Direktion der technischen Betriebe sich dem allgemeinen Wunsch nicht mehr verschließen.

Weiter führte Oberbürgermeister Rißmüller aus, dass der Bau des Rangier- und Güterbahnhofs im Fledder gute Fortschritte mache. Ein Teil war bereits im Herbst 1912 in Betrieb gegangen. Beim Umbau des Haupt-Personenbahnhofs sei der Aufstieg zu den oberen Gleisen jetzt fertiggestellt, während " der erheblich schwierigere Teil", der Zugang zu den unteren Bahnsteigen, 1913 in Angriff genommen werden solle. Mit der lange erkämpften Höherlegung der Bahngleise im Stadtgebiet waren etliche Straßenunterführungen herzustellen. Diejenige im Zuge der Buerschen Straße unter der Strecke Wanne–Bremen war nahezu fertiggestellt, während für die Vorhaben unter der Ost-West-Strecke (Rheine–Löhne) das Planfeststellungsverfahren lief.

Der Bau des Stadthafens machte gute Fortschritte. Die Umlegung der Hase war abgeschlossen, und mit der Ausbaggerung des eigentlichen Hafenbeckens war begonnen worden. Die Abwasserkanalisation durfte ebenfalls auf zügigen weiteren Ausbau hoffen. In einigen Straßen war bereits das Trennsystem eingeführt. Da die Umänderung der Hausanschlüsse nicht ganz billig würde, hatten die Kollegien die Errichtung einer städtischen Darlehnskasse beschlossen. Sie sollte kurzfristige Kredite " zur Unterstützung finanziell nicht leistungsfähiger Hausbesitzer" gewähren.

Umfangreiche Straßen- und Wegebauten waren ein weiteres Thema in Rißmüllers Rechenschaftsbericht. Die " Verkoppelung" des Fledders, die Zusammenlegung vieler kleiner Gartenparzellen und die damit verbundene stadträumliche Neuordnung, beschäftigte die Stadtplaner schon länger. Sie war eine unmittelbare Folge des neuen Güterbahnhofs. Dabei galt es, " für eine weite Zukunft" Vorsorge zu treffen sowohl im Hinblick auf anzulegende Wohnviertel wie auch für Industrieansiedlungen. Rißmüller schloss seine Rede mit dem Wunsch, dass " trotz der dunklen Wolken, die am politischen Horizont lagern, dem Deutschen Reiche ein ehrenvoller Friede erhalten bleibe und dass im Schutze dieses Friedens unsere alte, gute Stadt Osnabrück blühe und gedeihe". Allseitige Bravo-Rufe folgten.

Wohl auf einem Zufall dürfte es beruhen, dass 1913, genau wie 100 Jahre später auch, Jacques Offenbachs Operette " Orpheus in der Unterwelt" auf dem Spielplan des Theaters am Domhof stand. Schon damals war es offensichtlich angesagt, das Stück mit aus der Zeit fallenden Regieeinfällen aufzupeppen. Der Kritiker des Osnabrücker Tageblatts erwähnt ein Automobil, eine Flugmaschine und ein Telefon, " wovon der Schöpfer der Operette vor reichlich 50 Jahren noch keine Ahnung hatte". Stürmische Heiterkeit ernteten weiterhin Graf Zeppelin, dem die Götter zur Erfindung des Luftschiffs gratulierten, und der Hauptmann von Köpenick, der sich als Revisor der Kasse vorstellte. " Die Handlung ist natürlich barer Unsinn, der aber immer bei Freunden heiterer Muse Anklang findet und von Neuem belacht wird", schließt die Kritik.

Die Polizei-Direktion veröffentlicht eine Liste mit Fundsachen, darunter eine Granatbrosche, ein leeres Bierfass, ein Sack mit Bohnen, ein Damenkorsett, neun Fahrräder, ein Gebetbuch, eine Herrenhose, eine Kaffeemühle, ein goldener Kneifer und vier Trauringe. Stadtsyndikus Max Reimerdes fordert die Besitzer dieser Gegenstände auf, ihre Ansprüche umgehend geltend zu machen.

Ein Leser führt Beschwerde darüber, dass die Beleuchtung in der Empfangshalle des Hauptbahnhofs zu spärlich sei: " Von den vorhandenen Lampen werden nur soviel entzündet, dass so etwas wie eine Dämmerung verbreitet wird." Es sei vollkommen unmöglich, die Fahrpläne zu entziffern. " Man kann etwas mehr Rücksichtnahme auf das reisende Publikum beanspruchen", meint er. Aber auch im Interesse der eigenen Beamten sollte die Verwaltung für bessere Beleuchtung sorgen. Die Beamten an den Sperren könnten die Fahrkarten gar nicht genau kontrollieren. Bei dem neuen Tunnel habe man das elektrische Licht so angebracht, dass der Sperrebeamte im Schatten seines Häuschens steht geradezu ein Schildbürgerstreich. " Unverzügliche Abhülfe" sei nötig.

Bildtext:
Die Bahnstrecke am Hasetor ist im Januar 1913 noch nicht angehoben. Wer vom Kaiserwall (heute Hasetorwall; links) in die Bramscher Straße (rechts) wollte, stand häufig vor geschlossenen Schranken.

Foto:
Rudolf Lichtenberg, aus: Rolf Spilker, Lichtenberg Bilder einer Stadt, Bramsche, 1996
Autor:
Joachim Dierks


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