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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Kein FKK-Strand am Mühlenteich
Zwischenüberschrift:
"Nackte Mühle" seit 1846 im Familienbesitz – Heute ein ökologischer Lernstandort
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Um 1955 stand die Nackte Mühle am Östringer Weg in Haste tatsächlich ziemlich nackt da. Jedenfalls gewinnt man diesen Eindruck, wenn man die Uferzone der zum Mühlenteich aufgestauten Nette mit dem heutigen dichten Schilfbewuchs vergleicht. Mit dem Ende des gewerblichen Mühlenbetriebs setzte eine allmähliche Verlandung des Mühlenteichs ein.

Spätestens seitdem die Nackte Mühle 1996 zu einem " Ökologischen Lernort" wurde, darf die Natur hier machen, was sie will. Der Verein für Jugendhilfe ist ihr Verbündeter. Er bietet Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen das Erlebnis von Wald, Wiesen und Wasser rund um die Mühle, er rückt aber auch die Mühle selbst in den Blickpunkt. Speziell die Sägemühle, am linken Bildrand der historischen Aufnahme, ist der Lernort, der die Nutzung der Wasserkraft für die Holzbearbeitung mit all der dafür nötigen Mechanik anschaulich macht. Umweltpädagogen wie Lisa Beerhues und Miriam Hentschel oder die Sägemüller Martin Becker und Rainer Schönlau verdeutlichen ihren kleinen und großen Gästen die Wechselbeziehungen von Natur, Mensch und Technik.

Die Sägemühle mit der Gattersäge ist eine relativ späte Ergänzung. Sie wurde um 1900 in Betrieb genommen. Nicht das große Mühlrad an der rechts der Nette gelegenen Körnermühle treibt das Horizontalgatter an, sondern eine eigene Wasserturbine. Die Sägemühle ist die letzte noch verbliebene im Stadtgebiet von Osnabrück.

Wesentlich älter ist der Mühlenstandort an sich. In Wido Sprattes Haster Chronik ist nachzulesen, dass es Nonnen des Klosters Gertrudenberg waren, die hier um 1235 eine erste Wassermühle bauen ließen. Das Kloster betrieb die Mühle nicht selber, sondern verpachtete sie an Müller, die kaum eigene Rechte besaßen und daher auch häufig wechselten. Das wurde erst mit der Einführung der Erbpacht 1785 anders, weil der Erbpächter ein größeres Interesse am Erhaltungszustand von Mühlentechnik und Gebäuden hat. 1785 übernahm der aus Wellingholzhausen stammende Johan Mathias Böhne die Anlage, die aus der Körnermühle mit drei Mahlgängen sowie einer Bokemühle (zum Zerstampfen des Flachses für die Leinenherstellung) und einer Kautabakmühle bestand.

Nach dem Tode Johan Mathias Böhnes wanderte die Witwe mit ihren Kindern nach Amerika aus. Der älteste Sohn Johan Mathias Ferdinand Böhne wirkte in Cincinatti (Ohio) als erfolgreicher Müller und Mühlenbauer. 1846 kehrte er nach Haste zurück. Er kaufte die zwischenzeitlich wieder heruntergekommene Mühle für 1800 Thaler. Seit dieser Zeit steht die Mühle mit Wohnhaus (von 1866), Wirtschaftsgebäuden, Gärten, Wiesen und Mühlenteich im Eigentum der Familie Böhne.

Von 1929 bis 1945 betrieben Böhnes neben der Mühle auch eine Gartenwirtschaft. Das beliebte Ausflugslokal mit Veranda und Terrasse am Wasser wurde besonders im Sommer von vielen Gästen besucht, die von hier gern in das Nettetal bis zu Knollmeyers Mühle weiterwanderten. Flussaufwärts lag die Haster Freibadeanstalt, die im allgemeinen Sprachgebrauch nur " Böhnen Schwimmer" hieß. Das flache Becken daneben war dementsprechend " Böhnen Nichtschwimmer".

1945 beschlagnahmten britische Offiziere die Veranda und einen Teil des Wohnhauses. 1949 fanden hier Vorlesungen der Höheren Gartenbauschule statt. 1967 wurde der Mahlbetrieb eingestellt, aber der Landhandel fortgeführt. Die heutigen Inhaber Hubert und August Böhne konzentrieren sich auf den Verkauf von Düngemitteln, Sämereien, Tierfutter und Gartengeräten. 1981 bekam die Körnermühle ein neues Wasserrad. 1988 übernahm der Verein für Jugendhilfe die Sägemühle, um sie wieder betriebsbereit zu machen. Er betreibt auch das Wasserrad der Körnermühle zur Stromgewinnung.

Eine Frage ist aber noch offen: Wo kommt der Name " Nackte Mühle" her? Gab es einen FKK-Strand am Mühlenteich?

Nein, klärt Hubert Böhne auf und beantwortet routiniert die Frage, die ihm am häufigsten gestellt wird: Der uralte Name geht auf die Tatsache zurück, dass die Mühle einst nicht von Bäumen umgeben war, sondern auf " nackter Ebene" stand. Ein Zustand, der sich zwischenzeitlich durchaus geändert hat, wie die aktuelle Aufnahme zeigt.
Bildtexte:
Die Nackte Mühle in Haste mit der Körnermühle in der Bildmitte und der Sägemühle links. Im Vordergrund die zum Mühlenteich aufgestaute Nette, um 1955.
Dichter Schilfbewuchs des Ufers erschwert heute bei gleichem Standort den Blick auf die Mühle.
Fotos:
Wido Spratte, aus: Osnabrück-Haste. Alte Bilder eines Stadtteils, Verlag Wenner, Osnabrück, 2008, Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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