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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Kriegsspiele und Unglücksfälle
Zwischenüberschrift:
September 1912: Säbelrasseln auch in Osnabrück
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Die politischen Spannungen auf der europäischen Bühne werden zwei Jahre vor Beginn des Ersten Weltkriegs auch in der Osnabrücker Zeitung spürbar. Immer wieder verteilt das Blatt hämische Seitenhiebe auf den französischen Erzfeind. England geht es nicht viel besser. Unkritisch hingegen werden im Lokalteil die nationalistisch geprägten Sedanfeiern beschrieben und minutiös die im September 1912 beginnenden Herbstmanöver begleitet.

Die Osnabrücker Jugend wandert am 2. September, dem Jahrestag des deutschen Sieges über Frankreich 1870 bei Sedan, traditionell hinaus in die Umgebung, um " draußen an grüner Bergeshalde des Vaterlandes Ehren- und Ruhmestag zu feiern". Zuvor messen sie ihre Kräfte " im fröhlichen Kriegsspiel", sie erleben " der Schlachten Wechselfälle und Überraschungen am eigenen Leibe". Der Zeitungsschreiber jubelt: " Sedanfeier und deutsches Kriegsspiel im grünen Walde gibt′s wohl etwas Schöneres und Stimmungsvolleres?" Das Spiel ist an mittelalterliche Geschehnisse angelehnt: Der Graf von Tecklenburg hat mal wieder die Stadt überfallen und reiche Beute gemacht. Auf dem Rückweg rastet er mit seinen Mannen in der Nähe des Gesmoldberges. Die tapferen Osnabrücker schleichen sich heran, um den Räubern die Beute wieder abzunehmen.

Fiese Tecklenburger

" Die rachedurstigen Osnabrücker": Das sind die evangelischen Volksschulen III und V, Rosenplatzschule, Johannis- und Overbergschule, insgesamt etwa " 300 Mann", wohlgemerkt alles nur Jungen. Sie verlassen den Rosenplatz um 8.30 Uhr in Richtung Sutthausen. Zuvor sind bereits " die verschlagenen Tecklenburger" die evangelischen Schulen I, II und IV, die Domschule, die Jungen des Kriegerwaisenhauses und die beiden Schulen aus Eversburg aus dem Waterloo-Tor ausgerückt. In Sutthausen erreicht " die Osnabrücker" die Kunde, dass " die Tecklenburger" den Rastplatz verlassen haben. Und so weiter.

Heeresmanöver

Der Kampfrichter erklärt schließlich die Schlacht für unentschieden, und " Arm in Arm" rücken Städter und Tecklenburger zum Festplatz. Gesänge und Vorträge wechseln in bunter Folge. Rektor Valentin hält die Festrede " hier an der grünen Halde des Berges, wo in roter Erde das Schwert dem Feinde wächst".

Weniger pathetisch ging es bei den " richtigen" Heeresmanövern zu. Am 4. September passierten neun Militärzüge den Osnabrücker Hauptbahnhof. Sie setzten Infanterie-Regimenter aus Wesel, Krefeld und Düsseldorf an den Bahnhöfen Vehrte, Bohmte und Melle ab, insgesamt 3600 Mann und 200 Offiziere. Im Großraum zwischen Bünde und Osnabrück sollte sich das Manöver entwickeln. Realitätsnahe Manöver in der freien Landschaft außerhalb der Truppenübungsplätze wurden meistens im Herbst abgehalten, nachdem die Felder abgeerntet waren. " Unsere Einquartierung", das Infanterie-Regiment 159 aus Mülheim an der Ruhr, brachte als Erstes die Fahnen des Regiments ins Hotel Hohenzollern, wo der Kommandeur Quartier nahm.

Zuschauer unerwünscht

Am nächsten Morgen rückte " unsere Einquartierung" früh um sieben auf der Meller Straße in Richtung Bissendorf " gegen den Feind" vor, links durch die Haseniederung gedeckt, rechts durch den Harderberg. Die Zeitung bittet eventuelle Zuschauer dringend, sich von den Truppen fernzuhalten, insbesondere sich nicht vor die Front feuernder Geschütze oder in die Nähe anreitender Truppen zu begeben.

Leider gab es unterdessen im realen Leben auch sehr reale Unglücksfälle. Beim Bau der Kanalschleuse in Hollage stürzte ein Arbeiter vom Gerüst in das ausgemauerte Schleusenbecken. Auf dem Transport nach Osnabrück ins Krankenhaus verstarb er an seinen inneren Verletzungen. In Melle scheute das Pferd des Hofbesitzers D. aus Dielingdorf vor einem Drachen, mit dem sich spielende Kinder beschäftigten.

Schlecht erging es auch einem Sergeanten des Infanterie-Regiments Nr. 78. Von der Caprivi-Kaserne kommend, befuhr er mit seinem Fahrrad die abschüssige Bergstraße. Da versagte anscheinend die Bremse. Der Radler prallte ungebremst unten an der Lotter Straße so heftig gegen eine Mauer, dass er bewusstlos liegen blieb. Im Stadtkrankenhaus wurden schwerste Kopfverletzungen festgestellt, außerdem war ein Schultergelenk " ausgesetzt". Mit einem Helm wäre er wohl glimpflicher davongekommen, möchte man aus heutiger Sicht hinzufügen.

Bildtext:
Appell auf dem Jahnplatz: Ein Osnabrücker Regiment sammelt sich vor dem Abrücken. Im Hintergrund die bis heute erhaltenen Häuser Jahnplatz 1 bis 3.

Foto:
Archiv Hellmut Radßat
Autor:
Joachim Dierks
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