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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Der Schinkelaner Frieden
Zwischenüberschrift:
Einmal um den Pudding: Katholiken und Protestanten werden durch die Ebertallee zusammengeführt
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Entspannt sitzen die Pastoren Lothar Podszus von der evangelischen Pauluskirche und Heiner Langewand von der katholischen Kreuzkirche an einem sonnigen Vormittag auf einer Bank auf der Ebertallee nebeneinander. Sie sind der gelebte Westfälische Friede. Beide Gemeinden leben und arbeiten in friedlicher Koexistenz nebeneinander.

Lothar Podszus ist seit etwa eineinhalb Jahren in der Paulusgemeinde als Pastor für etwa 3700 Menschen tätig. Sein Pendant Heiner Langewand sorgt für das Seelenheil von 3000 Menschen in der Heilig-Kreuz-Gemeinde, dazu kommen 3500 Mitglieder der Pfarreien-Gemeinschaft St. Bonifatius und Rosenkranz. " Es ist auffällig, dass es viele Leute gibt, die gern und bewusst Schinkelaner sind", sagt Heiner Langewand. " Wenn jemand sagt, er sei ein Schinkelaner, dann sagt er es mit Stolz", ergänzt Lothar Podszus.

Die Schinkelaner sind nicht alle Christen, sie sind auch nicht alle Deutsche. 85 Prozent der Kinder in der Kindertagesstätte der Paulusgemeinde haben einen Migrationshintergrund, erläutert Lothar Podszus. " Die restlichen 15 Prozent kommen nicht aus der Gemeinde", fügt er an. Im Kindergarten der Heilig-Kreuz-Gemeinde liegt der Anteil der muslimischen Kinder bei 45 Prozent, sagt Heiner Langewand. " Die Eltern schicken ihre Kinder durchaus gern zu uns, weil wir eine religiöse Erziehung anbieten." Gemeinsamkeiten der Glaubensrichtungen haben die Mädchen und Jungen herausgearbeitet, als sie die neun " Perlen des Glaubens" geschaffen haben. Ein ähnliches Projekt gibt es in der Paulusgemeinde.

Der Anteil der Muslime wachse in beiden Gemeinden, sagen die Pastoren. Gleichwohl gibt es mehr Migranten. In der Kreuzkirche gebe es regelmäßig einen tamilischen Gottesdienst, berichtet Heiner Langewand. Beide Pastoren setzen auf Integration.

Zwar beklagen sie einen Mitgliederschwund in ihren Gemeinden. Klagen wollen sie darüber jedoch nicht. Nur als die Sprache auf die geplante Verlegung der Kreuzschule in die Teutoburger Schule kommt, mischt sich ein Anflug von Zorn in Heiner Langewands Stimme. Es sei unverständlich, dass in einem sozial problematischen Viertel eine bewährte Zusammenarbeit zwischen Kita, Schule und Kirche zerstört wird, sagt er.

Ihre Gemeinden liegen in einem sozialen Brennpunkt, sind sich die beiden Geistlichen einig. Dort gebe es den höchsten Anteil von Hartz-IV-Empfängern in der Stadt. In der evangelischen Paulusgemeinde gibt es wie in der katholischen Heilig-Kreuz-Gemeinde Menschen, die an der Tür der Gemeindehäuser klingeln und um Geld bitten. Nach dem Kirchenausweis wird nicht gefragt. Dennoch wird nicht jedem etwas gegeben, der um eine milde Gabe bittet. Die Kirchenmänner sind barmherzig, aber nicht dumm. Sie wissen, dass es eine Art Bettel-Tourismus in der Stadt gibt und manche Menschen, die vorgeben, Not leidend zu sein, auch woanders um Unterstützung bitten.

" Hier ist aber nicht alles verwahrlost, hier gibt es auch gute Sachen", sagt Heiner Langewand. Es gebe in seiner Gemeinde alle Schattierungen von Menschen. " Das macht es interessant." Auch eine andere Spezies trägt zum Gemeindeleben bei wenn auch ungewollt. Heiner Langewand lacht erst in sich hinein und erzählt dann von einer Hochzeit, die während eines Fußballspiels im benachbarten VfL-Stadion stattgefunden hat. " Genau in dem Moment, als der Bräutigam sein Ja-Wort gegeben hat, brandete Torjubel in die Kirche."

Lothar Podszus war vorher in zwei Gemeinden in Ostfriesland und Langenhagen tätig. " Da war heile Welt." In Schinkel habe er zum Beispiel gelernt, dass es für kleine Kinder besser ist, in Krippen zu gehen, um von Anfang an integriert zu sein. Er macht seit einiger Zeit Hausbesuche und hat dabei gemerkt, dass in seiner Gemeinde sehr viele fromme Menschen leben, vor allem aus der ehemaligen Sowjetunion. Bei seinen Besuchen hört er oft, dass gerade alte Menschen unter Einsamkeit leiden.

Beide Pastoren sagen, sie leben gerne in Schinkel. " Hier ist es absolut ruhig", sagt Lothar Podszus. Er geht auch gern zum türkischen Friseur oder zur Dönerbude. Auch Heiner Langewand hat sich eine kleine Idylle geschaffen. Hinter dem Haus, in dem er lebt, hält er Hühner. Weil es keine direkten Nachbarn gibt, kann er sich leisten, einen Hahn zu halten. Der sitzt in der Paulusgemeinde auf dem Kirchturm.

Bildtext:
In der Ebertallee findet mittwochs der Wochenmarkt statt. Sonst ist es ruhig genug für einen Plausch mit Pastor Heiner Langewand (links) von der Heilig-Kreuz-Gemeinde und Lothar Podszus von der Paulusgemeinde.

Foto:
Klaus Lindemann
Autor:
Thomas Wübker


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