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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Neunaugen sind keine Fische
Zwischenüberschrift:
Das lebende Fossil in den Flüssen im Osnabrücker Land
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Es ist schon erstaunlich, was in der Natur rund um Osnabrück so alles kreucht und fleucht. Hätten Sie gedacht, dass ein lebendes Fossil, das es schon vor 500 Millionen Jahren auf der Erde gab, in der Hase und der Düte mit ihren Nebengewässern und in den Artland-Bächen lebt?

Das Neunauge ist eine Urform der Fische und ähnelt dem Aal. Mit seinem runden Saugmaul mit Hornzähnen sieht das Wirbeltier sehr ungewöhnlich aus. Neun Augen kommen da aber zur Erscheinung nicht auch noch hinzu. Der Name Neunauge beruht auf einer falschen historischen Beschreibung, bei der die zwei Nasenlöcher und die sieben seitlichen Kiemenspalten auch für Augen gehalten wurden. Unterschieden werden Bach-, Fluss- und Meerneunaugen.

Mit vor der Elektrizität schützenden Gummistiefeln, Gummihose und Gummihandschuhen waten der Landschaftsplaner Wolfgang Rötker und Diplom-Biologe Mathias Wennemann um neun Uhr morgens durch die Wierau zwischen dem Bissendorfer Ortsteil Wissingen und Schledehausen. 200 Meter des Hase-Nebenflusses wollen sie elektrisch befischen, denn zusammen mit dem Diplom-Biologen Stefan Schwengel arbeiten sie als Arbeitsgemeinschaft danica an einem Gewässerentwicklungsplan für die Wierau im Auftrag des Dachverbandes Hase. " Das Bachneunauge kommt hier häufiger vor als ursprünglich angenommen", erklärt Rötker. " Früher hat man bei der Elektrobefischung mit kleinen Impulsen gearbeitet, heute geht das auch mit konstantem Gleichstrom, auf den die Bachneunaugen besser reagieren."

Durch den Strom kommen die Fische aus ihrem Unterschlupf hervor und werden kurz betäubt. So können die Fischexperten die Arten und Zahlen in ihre Erhebungen aufnehmen. " Was ist das? Ein Aal!", ruft Wennemann, fängt ihn mit dem Kescher, um seine Größe festzustellen und in die Tabelle einzutragen. Dann ist es Zeit für das erste Neunauge. " Das ist ein Neunaugen-Querder, so werden die noch blinden Larven genannt", sagt Rötker.

Begleitfischarten

Nach zwei Stunden Elektrobefischung sind die Fischarten Aal, Dreistachliger Stichling, Bachforelle, Bachschmerle, Rotauge (auch Plötze genannt) und Gründling auf der Liste notiert. Dies sind typische Begleitfischarten des Bachneunauges. " Drei Querder des Bachneunauges haben wir gezählt", resümieren die Fischer, was wenig sei und an der Gewässerstruktur liege.

Die Wierau ist ausgebaut, es gibt an dieser Stelle keine Laichplätze. Neunaugen benötigen naturnahe Gewässer mit kiesigem, lockerem Substrat, in dem sie ihre Eier in Laichgruben ablegen können. Die geschlüpften Larven haben sich erst nach sechs bis sieben Jahren zum erwachsenen, etwa 15 Zentimeter langen Bachneunauge umgewandelt. Augen und Saugmaul sind dann entwickelt, der Darmtrakt verliert seine Funktion, und die Bachneunaugen nehmen nun keine Nahrung mehr zu sich. Nach dem Ablaichen sterben die Tiere innerhalb weniger Tage.

Und was ist mit dem Flussneunauge? Auch das lebt in den Gewässern rund um Osnabrück. " Flussneunaugen sind hier wesentlich seltener als die Bachneunaugen", so Rötker. " Ich schätze, dass jährlich nur 50 bis 100 Exemplare den Landkreis Osnabrück erreichen." Flussneunaugen, die genetisch nicht klar vom Bachneunauge zu unterscheiden sind und von denen man deshalb annimmt, dass sie früher mal eine Art waren, wandern nach der Entwicklung zum erwachsenen Tier in das Meer. Dort leben sie zwei bis drei Jahre festgesaugt an Fischen als Parasiten, lösen mit ihren Raspelzähnen Fischgewebe ab und saugen Blut. Zum Laichen steigen die 30 bis 40 Zentimeter großen Tiere dann wieder in die Süßwasser-Flüsse auf. Ihre Laichwanderung beginnt meist im Herbst. Nach der Eiablage zwischen Ende März und Mai sterben die Elterntiere, genau wie bei den Bachneunaugen.

Das Flussneunauge wurde laut Niedersächsischem Landesbetrieb für Wasserwirtschaft Küsten- und Naturschutz bisher nur regional, nicht flächendeckend nachgewiesen. In der Region um Osnabrück wurde es nur im Artland im Wehdemühlenbach und im Dinninger Bach gefunden.

Die Bestände des Bachneunauges haben sich durch Schutzmaßnahmen wie die Vermeidung von Gewässerverschmutzung und Erhöhung der Durchgängigkeit an Querbauwerken durch zum Beispiel Fischpässe in den letzten Jahren erholt. Auch die Populationszahlen der Flussneunaugen sind gestiegen. Dennoch steht das Flussneunauge als gefährdete Tierart auf der Roten Liste.

Bildtexte:

Nein, kein Neunauge im Netz! Mathias Wennemann fängt bei der Elektrobefischung einen Aal, nimmt ihn in die Bestandsliste auf und entlässt ihn dann in die Freiheit.
Das Neunauge ist zum Fisch des Jahres 2012 gewählt worden.
Die Wierau zwischen Wissingen und Schledehausen. Hier leben die Bachneunaugen, die es aber auch noch in anderen Flüssen rund um Osnabrück gibt.

Fotos:
Hlawatsch/ dpa
Autor:
Carolin Hlawatsch


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