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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Treff für Veteranen und Fuhrleute
Zwischenüberschrift:
Das alte Gasthaus Schumla hatte die Postanschrift "Nahne Nr. 16"
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Ein Ausflugslokal am Rande Osnabrücks, das nicht auf - burg endet, muss sich erklären. Das Kaffeehaus Schumla an der Iburger Straße ist so ein Fall. Wer dabei an den Schweizer Schümli-Kaffee (" Schäumchen-Kaffee") denkt, liegt falsch. Der Name Schumla geht auf die ostbulgarische Stadt Schumen zurück. Während der osmanischen Besetzung hieß sie auf Türkisch Schumla. Doch was hat dieser Name in Nahne zu suchen?

Dazu kann man diese Erklärung nachlesen: Jedes Land, das Napoleon auf seinen Feldzügen bezwungen hatte, musste dem französischen Kaiser Hilfstruppen stellen. Auf Bulgarien entfiel ein Kontingent von 15 000 Mann. Eine kleine Abteilung von ihnen lag in der Franzosenzeit im Süden Osnabrücks, eben im späteren Gasthaus Schumla, und hatte dort eine Proviantstelle eingerichtet. Da die bulgarischen Soldaten aus Schumen/ Schumla stammten, benannte man später das Lokal nach ihrem Heimatort.

Schumla liegt an einem markanten Ort. Nämlich dort, wo die neuzeitliche Ausfallstraße Richtung Iburg den historischen Wegeverlauf verlässt und auf den neu geschaffenen Einschnitt in den Harderberg zuläuft. Die mittelalterliche Verkehrsachse deckt sich mit dem Verlauf der heute untergeordneten Straßen Alte Bauernschaft und Frankfurter Heerstraße. Schumla war lange Zeit " das erste Haus außerhalb des Johannisthores an der Iburger Chaussee" und eine wichtige Station für Fuhrleute, die zwischen Osnabrück und Iburg unterwegs waren. Als " Kraftpost"- Haltestelle überlebte sie das Zeitalter der Pferdefuhrwerke.

Wie es vor 140 bis 150 Jahren im Schumla zuging, beschreibt sehr authentisch Friedrich Freiherr von Dincklage-Campe in seinen 1901 erschienenen Lebenserinnerungen: " Sie könnten da noch heute sitzen, die alten Veteranen, in Tabaksqualm gehüllt, verteilt an den kleinen Tischen oder auf der Kegelbahn, neben sich die wohlverdiente Tasse Kaffee oder zur Winterzeit den dampfenden Grog. Und doch lebt jetzt keiner mehr von denen allen. Wir jungen Fähnrichs kamen nur als Geduldete in den Kreis der alten Schumlaer."

Zum Stammpublikum gehörten neben den Militärveteranen tagsüber die Fracht-Fuhrleute, vergleichbar den heutigen Brummi-Fahrern bei ihren Pausen auf den Autohöfen. Nachmittags und abends war Schumla das Ziel vieler Neustädter Honoratioren, " denn der regelmäßige Spaziergang nach Schumla ersetzte manchem der alten Männer eine Badekur und wurde ernst genommen", beobachtete Dincklage-Campe. Vier Tage in der Woche war die Kegelbahn für die alten Herren offen, die beiden anderen Wochentage blieb sie für die katholische Geistlichkeit reserviert.

Für die meisten älteren Nahner, ja auch für viele Bürger aus anderen Stadtteilen, ist " das Schumla" noch heute ein Begriff. Von der Straßenbahn-Endstation Schölerberg aus war die Schenke in kaum einer Viertelstunde erreicht. Wen der Sonntagsausflug in den Schölerberg führte oder wer gar den Harderberg erklimmen wollte, kam fast zwangsläufig am Schumla vorbei. In der Nachkriegszeit war es Vereinslokal für Schützen, Sänger und Sportler. Der Rat der bis 1972 selbstständigen Gemeinde Nahne tagte abwechselnd hier und im Gasthaus " Paradies" am Paradiesweg.

Mit der zunehmenden Motorisierung steuerten die Osnabrücker für ihren Ausflug entferntere Ziele an. Mit der Kaffeehaus-Atmosphäre war es vorbei, das besondere Flair des historischen " Ausspanns" der Fuhrleute ging verloren, aus dem Schumla wurde eine gewöhnliche Kneipe. Die hatte wie viele andere in Altbauten in Stadtrandlage mit dem berüchtigten Renovierungsstau zu kämpfen. 1980 gingen die Lichter im maroden Schumla endgültig aus.

Drei Jahre Leerstand taten ein Übriges. Obdachlose richteten sich in dem alten Bau ein. Eigentümerin war inzwischen die Aral AG, die nebenan, an der Iburger Straße 193, eine Tankstelle betrieb. Die nördlich sich anschließende Parzelle Nr. 191 im Zwickel von Iburger Straße und Alter Bauernschaft hatte sie sich für spätere Erweiterungen gesichert. Zunächst sollte eine neue Waschstraße gebaut werden. Dafür hatte das Gasthaus eigentlich stehen bleiben sollen, denn die Zufahrt zur neuen Waschstraße wäre auch ohne Abriss möglich gewesen. Aral verhandelte mit einer Brauerei. Aber die Reparaturen an Balken und Mauerwerk hätten immense Kosten verschlungen. Die Brauerei sprang ab. Daraufhin stellte der Mineralölkonzern einen Antrag auf Abbruch, und die Stadt genehmigte ihn. 1984 war es so weit. Eine Abrisskolonne räumte die baulichen Reste des einstigen Traditionsgasthauses ab. Heute hat die Jet-Tankstelle dort Miet-Anhänger abgestellt.

Bildtexte:
Vierspurig fließt heute der Verkehr am früheren Standort der Traditionsschenke vorbei. Das Fachwerkhaus stand in dieser Ansicht ganz links auf dem jetzigen Abstellplatz für Mietanhänger.
Das Kaffeehaus Schumla an der Iburger Straße 191 strahlt 1926 bodenständige Gemütlichkeit aus. Die heutige B 51/ B 68 war da noch eine schmale Chaussee.

Foto:
Joachim Dierks
F. Kaienberg, aus dem " Bildarchiv Alt-Osnabrück" Band 2, Hrsg. Wido Spratte, Osnabrück, H. Th. Wenner
Autor:
Joachim Dierks


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