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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Repräsentative Gutshofanlage.
Zwischenüberschrift:
Die Stadt hat die einst ausgesiedelte "Muesenburg" längst wieder eingeholt.
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Als Carl Mues 1905 beschloss, sein bäuerliches Gut von der Bergstraße weiter nach außerhalb zu verlagern, da die Wohnbebauung ihm zu sehr auf die Pelle rückte, machte er nur halbe Sachen. Jedenfalls aus heutiger Sicht. Denn der neue Standort seines " Aussiedlerhofs" am oberen Ende der Caprivistraße liegt heute wieder inmitten städtischer Siedlungsräume.

Die 1906 nach Plänen des Regierungsbaumeisters Niemeyer erbaute " neue Muesenburg" ist auf der historischen Ansicht gerade zwei Jahre alt, die Bepflanzungen sind ebenso jung, Hofkastanie und Hofbuche stecken noch in den Kinderschuhen. Möglicherweise ist es der " Ökonom" Carl Mues (1874– 1937) selbst, der in weißer Sonntags-Freizeit-Kleidung mit seinen beiden Hunden das Wachstum der frisch angepflanzten Apfelbäume entlang der deshalb so genannten " Appel-Chaussee" (heute: Offenbachstraße) inspiziert. " Eigentlich trägt kein Bauer weiße Sachen", meint der heutige Senior-Pächter Josef Kemna dazu, " auch sonntags nicht. Die bleiben nicht lange weiß." Das passe doch eher zu einem Tennisspieler oder Segler. Andererseits: Carl Mues war als " Dandy" bekannt, der mit den Damen der " besseren Gesellschaft" an Berg-, Bismarck- und Lürmannstraße gut umzugehen verstand.

Der Liebling der Damenwelt hatte aber auch ein Händchen für die Damen im Stall. Er betrieb die Milchwirtschaft im großen Stil. Bis zu 150 Kühe schenkten ihm ihre Produkte. Die lediglich filtrierte, sonst aber nicht weiter behandelte Vorzugsmilch, " Spezialität für Kinder und Kranke", wie es auf einem Rechnungsbogen des Gutes Muesenburg von 1910 heißt, wurde in der eigenen Molkerei verarbeitet, gekühlt ab Hof verkauft, aber auch mit eigenem Milchwagen in die Stadt gebracht, etwa in die Milchhalle am Hasetor. Das Molkereigesetz von 1934 beendete diese Vertriebsschiene. Alle Milchbauern waren gezwungen, an die großen Molkereien abzuliefern.

Mit dem Fortfall des Privatverkaufs wurde die wirtschaftliche Basis des Hofes geschwächt. Zwar ging es den Landwirten in den Notzeiten im und nach dem Krieg noch einmal relativ gut, aber die " goldenen Zeiten" des Direktvertriebs kehrten nicht wieder. 1958 gaben die Hoferben Karl und Elisabeth Dincklage auf und verkauften das gesamte Anwesen an die Stadt. Die gewann den vormaligen Verwalter Albert Kemna als Pächter. Sohn Josef, der heutige Senior, trat 1970 in dessen Fußstapfen. Dessen Sohn Thomas übernahm 2011. Thomas ist gelernter Landmaschinenmechaniker. Er hat eine Stelle in der Industrie und betreibt die Landwirtschaft im Nebenerwerb. " Solange wir das können, helfen wir natürlich noch kräftig mit", versichern Josef Kemna und seine Frau Anna. Anna zieht Gemüse und Obst, das sie in dem kleinen Hofladen zusammen mit frischen Eiern verkauft. Von der Milchwirtschaft hat man sich schon lange verabschiedet. Im Rinderstall stehen 60 Mastbullen. Auf 15 Hektar stadteigenen Ackerflächen auf dem Westerberg bis hinunter zum Rubbenbruchsee wird vorwiegend Getreide angebaut, desgleichen auf weiteren 65 Hektar Pachtflächen in Hellern, Atter und Eversburg. Eine wichtige Funktion des " Stadtbauern" verkennt Josef Kemna nicht: " Wir sind die preiswertesten Landschaftspfleger, die man sich denken kann." Viele Westerberg-Anwohner kämen mit ihren Kindern nicht nur zum Rindviecher-Angucken und Trecker-Bestaunen auf den Hof, sondern freuten sich auch über die wogenden Getreidefelder beiderseits des Kammwegs: " Stellen Sie sich vor, das wären alles Brachflächen!"

Die Gebäude der ursprünglichen Vierseit-Hof anlage aus gelbem Muschelkalk-Bruchstein haben die Zeiten recht gut überstanden. Auf der alten Ansicht sehen wir links auf die Giebelseite des lang gestreckten Pferdestalls. Dass nicht nur Pferde darin wohnten, sondern auch Gutsarbeiter, erkennen wir an den Fenstern im Giebel. Im Vorgarten steht ein verzierter Taubenturm, wie er damals modern war. Heute nutzen die Stadtgärtner den Pferdestall zum Unterstellen von Gerätschaften. Nach rechts schließt sich zurückliegend der große Getreideschuppen an, der im Krieg verloren ging und nicht wiederaufgebaut wurde.

Es folgt vorn an der Straße das Verwalterhaus mit dem charakteristischen Türmchen. Hier wohnen heute Eltern und Sohn Kemna. Rechts davon der überdachte Torbogen als Verbindung zum eingeschossigen Vorbau der ehemaligen Hofmolkerei alles noch so erhalten. Dahinter erstreckt sich der 40 Meter lange Kuhstall. Dieses Gebäude wurde 1991 wohl aufgrund von Brandstiftung ein Raub der Flammen. Neben dem gesamten Dachstuhl verbrannten 200 Tonnen Getreide, 6000 Ballen Stroh und zwei Jungbullen. Die Stadt griff tief in die Tasche und stellte das Gebäude denkmalgerecht im alten Stil wieder her. Sie weiß, was sie an diesem Juwel einer bedeutenden Gutshofanlage aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts hat.

Bildtexte:
Der " Muesenburg" genannte Gutshof an der oberen Caprivistraße um das Jahr 1908. Aus dem Feldweg vorne rechts wurde später die Offenbachstraße

Die repräsentative Hofanlage ist, wenn auch teils hinter Bäumen versteckt, gut erhalten.

Fotos:
Joachim Dierks
Ansichtskarte aus " Bildarchiv Alt-Osnabrück" Band 2, Hrsg. Wido Spratte, Osnabrück, H. Th. Wenner.
Autor:
Joachim Dierks


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