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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Überschrift:
Die Rathaustür ist schon 500 Jahre alt.
Zwischenüberschrift:
Spezialist datiert Eichenholz mit der Jahresringmethode.
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Sie geht schwer auf und schwer wieder zu, sie darf knarren und laut klackernd ins Schloss fallen. Die Rathaustür ist kein neuzeitlicher Nachbau mit gotischen Verzierungen, sondern das Original also 500 Jahre alt. Das Alter der beiden Flügel hat ein Spezialist nach der Jahresringmethode bestimmt.

Als in Osnabrück Hexen verbrannt wurden, versah die Rathaustür schon ihren Dienst. Während der Schwedenzeit im 30-jährigen Krieg wurde sie geöffnet, als die Besatzer kamen. Und als einige Jahre später der Westfälische Friede verkündet wurde, geschah das nur ein paar Schritte von ihr entfernt.

Dass die Tür des spätgotischen Rathauses bis heute gehalten hat, ist seit 1995 bekannt. In dem Jahr hatte Denkmalpfleger Bruno Switala die beiden Türflügel untersuchen lassen.

Der Befund, sagt Stadtarchäologe Bodo Zehm, " war eine Riesenüberraschung für uns". In der Tür steckt eine Eiche, deren jüngster erkennbarer Jahresring 1494 gewachsen ist. Kurze Zeit später muss sie gefällt worden sein. Das passt haargenau ins Bild. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts dürfte der Rohbau fertig gewesen sein, da wurden Türen und Fenster gebraucht.

Die Jahreszahl 1494 hat Ludger Verlage aus Werther in Westfalen herausgefunden. Als studierter Biologe ist er auf die Dendrochronologie spezialisiert, die Altersbestimmung von Hölzern auf Basis der Jahresringe. Wenn ein Baum wächst, hinterlässt ein trockener Sommer einen schmalen Jahresring, während häufige Regenfälle an dickeren Ringen ablesbar sind. Jede Epoche zeichnet sich in diesem hölzernen Geschichtsbuch durch einen bestimmten Wechsel von dick und dünn aus.

Fette und magere Jahre

Dieses Auf und Ab der " fetten" und " mageren" Jahre lässt sich auch als Kurve darstellen. Für viele Regionen haben die Wissenschaftler diese Kurven inzwischen bis in die Steinzeit ermittelt. Wer eine Holzprobe datieren will, kann sie in diesen Kalender einordnen.

Ludger Verlage hat sich als Dendrochronologe auf den westfälischen Raum spezialisiert. Um das Alter einer Holzprobe zu untersuchen, braucht er keinen kompletten Stammquerschnitt, sondern nur einen zigarilloförmigen Bohrkern mit acht Millimeter Durchmesser. Die Holzprobe untersucht er dann mit dem Mikroskop, und sein Computer gleicht die Kurve der dicken und dünnen Jahresringe mit den regionalen Standardwerten ab und spuckt konkrete Jahreszahlen aus.

Als der Dendrochronologe vor 18 Jahren die Rathaustür untersuchte, war Bohren tabu. Ludger Verlage hatte aber leichtes Spiel, die Jahresringe direkt an der Oberfläche abzulesen.

Manchmal kann der Fachmann für den Bio-Kalender eine ganz konkrete Jahreszahl angeben. Wenn sich über dem jüngsten Jahresring schon frisches Splintholz gebildet hat, ist der Baum im Sommer gefällt worden. Ist der letzte Jahresring dagegen abgeschlossen, schließen sich die Poren, und es bildet sich an der Außenseite die sogenannte Waldkante. Sie lässt erkennen, dass die Säge im Winter angesetzt wurde.

Die Eiche, die für die Rathaustür verwendet wurde, lässt keine so exakte Zeitbestimmung zu. Ludger Verlage hält es für möglich, dass in der Tischlerei ein paar Jahresringe vom Brett abgeschnitten wurden. Dann wäre sie vielleicht 10 oder sogar 20 Jahre jünger. Für allzu wahrscheinlich hält er das nicht: " Ein guter Handwerker macht nicht mehr Abfälle als nötig."

Weil das aber nicht hundertprozentig klar ist, legt Verlage sich nicht auf eine Jahreszahl fest, sondern sagt " um 1494". Da stellt sich die Frage, wie eine hölzerne Tür all die Jahrhunderte überlebt hat mit ihren Kriegen und Bränden, ihren Revolten und Plünderungen.

Archäologe Bodo Zehm weiß, dass es auch in anderen Städten ähnlich alte Eichenholztüren gibt, die ebenfalls noch in Betrieb sind. In Osnabrück habe die Rathaustür immer geschützt gestanden, gibt er zu bedenken. Auf der Ostseite blieb sie von Regen und Feuchtigkeit weitgehend verschont. Und im Zweiten Weltkrieg wurde sie rechtzeitig vor dem vernichtenden Bombenangriff ausgebaut und sicher eingelagert.

Eines dürfte nach 500 Jahren auch klar sein: Es handelt sich um echte Qualitätsarbeit. Dass die Rathaustür schwergängiger ist als Türen von heute, hat einen simplen Grund: Sie ist ein Schwergewicht und voll massiv.

Bildtext:
Das Original: Die Rathaustür ist 500 Jahre alt. Das freut den Stadtarchäologen Bodo Zehm.

Foto:
Michael Hehmann
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert


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