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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Grenzfälle und Gegensätze.
Zwischenüberschrift:
Die Statistiker meinten es nicht gut mit Eversburg.
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Hamburg nennt sich das Tor zur Welt. Eversburg hat keine solchen Allüren, kann aber mithalten. So viele Grenzfälle wie hier gibt es in der ganzen Stadt nicht. Ob Rubbenbruchsee, Briten-Kaserne an der Landwehrstraße, Stichkanal oder ehemaliges Landesgestüt das gefühlte Eversburg ist riesig; das tatsächliche etwas kleiner.

Alle vier genannten Ziele liegen außerhalb Eversburgs: der See größtenteils am Westerberg, der Kanal in Pye. Die Kaserne liegt in Atter. Und das ehemalige Landesgestüt, mit seinen immer noch erhaltenen Bruchsteinhäusern an der Petrusallee, wird heute dem Stadtteil Hafen zugerechnet. Schuld ist die Grenzziehung für das statistische Jahrbuch aus dem Jahr 1964. Unfair, finden die Autoren der Chronik von Eversburg zu Recht: " Die heute gültigen offiziellen Grenzen sind […] aus recht willkürlichen Motiven heraus gezogen worden und sind daher aus historischen Gründen für Eversburg […] nicht wirklich gerecht." Stimmt!

Doch genug davon, was Eversburg nicht ist. Eversburg war und ist ein Stadtteil der Gegensätze. Verrufen und verbaut, grün und beschaulich. Da sind die Hochhaustürme an der Föhrenstraße, und keine 200 Meter weiter befindet sich ein Wohngebiet, wie es bürgerlicher kaum sein könnte. Da ist die Atterstraße, die von unansehnlichen Wohnblöcken und der traurigen Erinnerung an Stärkefabrik und späteres Ihr-Platz-Lager dominiert wird. Aber: Versteckt liegt hier der Eversburger Bahnhof, ein wiederentdecktes architektonisches Prachtstück, das seit Kurzem das gehobenen Ansprüchen genügende Fisch-Restaurant Gezeiten beherbergt.

Gegensätze gab es in dieser Ecke auch früher. An der berüchtigten Papenhütte am Kiefernweg entstand schon lange vor dem Zweiten Weltkrieg, was heute als sozialer Brennpunkt bezeichnet wird. " Es war Leichtsinn, da als Außenstehender alleine durchzugehen", sagt der gebürtige Eversburger Heinz Wichmann (79). Vor allem am Pfingstwochenende, wenn fahrendes Volk aus der ganzen Region zusammenkam, sei es hoch her gegangen sogar mit Säbeln.

Nur wenige Hundert Meter weiter die Atterstraße hoch eröffnete im Saal bei Klatte ein Kino. Das Scala (später Odeon) wechselte zweimal die Woche den Film und zeigte Stars wie Heinz Rühmann und Marika Rökk. Genauso viel Leben herrschte am Dreschkasten von Franz Remme. In den 50er-Jahren war die Gegend wesentlich dünner besiedelt, fast jeder hatte ein Stück Land und baute Getreide an.

Inzwischen gibt es in Eversburg nur noch wenige unbebaute Flächen. Die grüne Lunge versteckt sich abseits der großen Wersener Straße: Das Natruper Holz erstreckt sich südlich bis unterhalb von Barenteich und Sedanstraße und ist Eingangstor für ein Naherholungsgebiet, das nahtlos in das Heger Holz übergeht. Mittendrin liegt das heutige Klinikum Natruper Holz, ein Gebäude mit einer ungeheuer spannenden Geschichte. Die Nazis wollten dort ein riesiges Lazarett für die Wehrmacht einrichten, kamen aber nicht über den Rohbau hinaus. Die Bomben verschonten zwar einen Großteil des Baus, er verfiel jedoch in den Nachkriegsjahren. Steine waren damals Mangelware, und so bedienten sich die ausgebombten Eversburger. Einige fanden hier auch Unterschlupf, es drohte die Entwicklung zum Elendsviertel. Anfang der 1960er erinnerte man sich schließlich bei der Bundeswehr an die Ruine und errichtete ein Krankenhaus für Soldaten und Zivilpersonen.

Zu dieser Zeit startete auch ein weiteres bemerkenswertes Bauprojekt. Mit Spendengeld aus aller Welt wurde an der Wersener Straße die serbisch-orthodoxe Kirche Osnabrücks gebaut. Die Gemeinde war entstanden aus der Gruppe der serbischen Kriegsgefangenen, die nach 1945 ihr Lager an der Landwehrstraße zur Wohnstätte umfunktioniert hatten. Mit der evangelischen St.-Michaelis-Kirche, der katholischen Liebfrauenkirche und der vor zehn Jahren errichteten Basharat-Moschee der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde macht sie Eversburg zu einem der religiös vielfältigsten Stadtteile.

Eine starke Position hat der Bürgerverein Eversburg. Mit rund 800 Mitgliedern ist er ungewöhnlich groß. Groß heißt auch seit 20 Jahren sein Vorsitzender, Friedhelm Groß. Den Erfolg erklärt er sich so: " Wir sind eine aktive Truppe und verstehen uns als Bindeglied zwischen Verwaltung und Bürger."

Ein weiteres Gotteshaus zeugt von den Anfängen Eversburgs: die Kapelle Maria Trost an der Straße Die Eversburg. Sie ist das einzige Überbleibsel eines Wasserburg-Ensembles, das dem Stadtteil seinen Namen gab. Die Burg wurde wohl im 14. Jahrhundert erbaut, um in unruhigen Zeiten die Grenze zur bedrohlichen Grafschaft Tecklenburg zu sichern. Die Landwehrstraße verläuft noch in großen Teilen genau an der Stelle, wo die Landwehr damals die Bewohner vor Eindringlingen schützte. Sie bestand aus zwei parallelen Wällen mit dichtem Dornenbewuchs.

Die wohl beste Zeit hatte die Burg im 18. Jahrhundert, unter Dompropst Ferdinand von Kerssenbrock. Er leitete das Wasser vom Piesberg um und schuf eine imposante Gartenanlage. Doch auch die Umgebung wurde schöner. Wege wurden ausgebessert, Alleen geschaffen. Darunter auch die bereits erwähnte Petrusallee, die wie erwähnt heute… Aber lassen wir das!

Bildtexte:
Namensgebend für den Stadtteil: die Alte Eversburg, hier das Herrenhaus.

Stand schon zu Zeiten der Eversburg: die Kapelle Maria Trost aus dem Jahr 1701.

Aus dieser Ruine entstand das Bundeswehrkrankenhaus, heute sitzt hier das Klinikum Natruper Holz.

Fotos:
Archiv Bürgerverein Eversburg

Archiv-Foto: Klaus Lindemann
Autor:
Hauke Petersen


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