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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Ein banger Blick auf die Welt
 
Geschichte der gescheiterten Gipfel
Zwischenüberschrift:
Der Erdgipfel in Rio ist zu Ende – Mit dem Ergebnis kann niemand zufrieden sein
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Rio de Janeiro. Es ging um nicht weniger als die Zukunft der Erde und ihrer sieben Milliarden Menschen. Doch beim Megagipfel Rio+ 20 prallten unterschiedliche Welten mit Macht aufeinander. Gut gemeint ist noch nicht gut gemacht, ist ein Eindruck, der bleibt.
Die 17-jährige Brittany Trilford hatte den Weltenlenkern ganz zu Beginn des Gipfels eine klare Ansage gemacht: " Ich stehe hier mit Feuer im Herzen. Ich bin verwirrt und verärgert über den Zustand der Welt. Wir sind hier, um die von uns allen verursachten Probleme zu lösen und sicherzustellen, dass wir eine Zukunft haben", so stimmte die Schülerin aus Neuseeland die mehr als 100 Staats- und Regierungschefs auf den Rio+ 20-Gipfel ein. Heraus kam aber nur ein Kompromiss auf geringstem Nenner und keiner kann wirklich zufrieden sein.
Das Ergebnis ist eine Erklärung mit dem Titel " Die Zukunft, die wir wollen". Kernpunkte sind die Aufwertung des UN-Umweltprogramms (UNEP), die Ausformulierung von Nachhaltigkeitszielen bis 2015 und ein klares Bekenntnis zu ressourcenschonendem Wirtschaften (Green Economy). Doch die meisten Teilnehmer der UN-Konferenz zur nachhaltigen Entwicklung waren sich einig, dass Rio nur einen ganz zaghaften Schritt hin zu diesem Ziel brachte.
Dennoch ist der Gipfel bis einschließlich gestern von Hektik geprägt. Hinter den Kulissen wird weiter verhandelt. Die UN-Maschinerie läuft auf Hochtouren. Einzelne Länder oder UN-Programme starten Initiativen, um das, was im Abschlussdokument so unpräzise klingt, doch noch zu konkretisieren. Es geht um konkrete Vorgaben für energieeffiziente Beleuchtung oder Schutzprogramme für Ozeane. Es geht auch um Geld, um Verantwortung, um den Willen, vorzupreschen, um aus dem Minimalkonsens doch noch mehr zu machen.
Müde Gesichter in den Fluren vor den Verhandlungsräumen. Auf der Herrentoilette putzen sich Anzugträger eilig die Zähne, um mit frischem Atem weiter zu verhandeln. Immer wieder kommen Vertreter von Initiativen und verteilen Flyer. Auf vielen Pressetischen stapeln sich die Zettel, die ab und zu von Reinigungskräften abgeräumt werden. Nachhaltig oder umweltfreundlich ist das nicht.
Nachhaltig und umweltfreundlich ist es auch nicht auf den Fluren. Mülleimer stehen dort, immer zwei nebeneinander. Einer für Müll, der recycelt werden kann. Einer für Müll, der nicht recycelt werden kann. Doch was in welchen Behälter gehört, ist kaum jemandem klar oder interessiert nicht. Und so mischt sich, was getrennt werden soll.
Der Protest hat während der Tage in Rio zugenommen. Im sogenannten Riocentro etwa gehen Jugendliche rückwärts über das Gelände, um den Rückschritt zu verdeutlichen. Zwischen zwei großen Konferenzgebäuden protestierten, mit Tüchern wedelnd, Frauen aus aller Welt. Sie fordern mehr Verantwortung für Frauen, gerade im Bereich Umwelt- und Klimapolitik.
Die Jugend treibt den Protest voran. Es ist ihre Zukunft, um die es geht, heißt es immer wieder. Brasilianische, ägyptische und deutsche Klimabotschafter des Projektes " youthinkgreen" unter ihnen drei Schüler der Osnabrücker Ursulaschule verteilen grüne Fäden an Entscheidungsträger und Experten als Hoffnung und Mahnung. Auch die Älteren erheben ihre Stimmen. Eine einflussreiche Gruppe um Jimmy Carter, den ehemaligen brasilianischen Präsidenten Fernando Cardoso und die ehemalige norwegische Premierministerin Gro Harlem Brundtland meldet sich zu Wort und kritisiert, dass das Abschlussdokument von Rio+ 20 nicht die Antwort sei, die notwendig ist, um den Planeten und die Menschen zu schützen. Brundtland kann gut nachvollziehen, dass sich nun Frustration breitmache. Sie hat bei mehreren Veranstaltungen in Rio gesprochen, wirkte sehr energisch. Doch auch ihre Worte haben nicht geholfen. (mit dpa)
* Tobias Romberg ist Journalist sowie außerdem Lehrer an der Osnabrücker Ursulaschule und bildet dort Schüler zu Klimabotschaftern aus als Teil eines internationalen Projekts mit zwölf Ländern der Welt.

Bildtext:
Vor allem die Ureinwohner vieler Staaten haben vergeblich beim Erdgipfel in Rio auf handfeste Ergebnisse gehofft, weil besonders ihr Lebensumfeld wie zum Beispiel die Regenwälder viel mehr Schutz benötigt.

Foto:
Reuters

Kommentar
Geschichte der gescheiterten Gipfel

Jetzt kommt wieder die Zeit der Schönredner. Aber sie können sich die Mühe sparen: Die Mammut-Konferenz in Rio ist ein weiteres Kapitel in der Geschichte der gescheiterten Gipfel. Die politischen Akteure dazu gehört auch der neue Bundesumweltminister Peter Altmaier sollten aufhören, sich fortwährend in die Tasche zu lügen und zu versuchen, jeder noch so butterweichen Absichtserklärung etwas Sinniges abzugewinnen. Denn die Abschlusserklärung von Rio fügt sich ein in die Reihe so vieler anderer Resolutionen, die keinen Deut wert sind.

Die kolossalen Herausforderungen der Menschheit müssen gleichwohl gelöst werden. Und weil dies offensichtlich im UN-Format nicht mehr gelingen kann, verspricht Rettung allein ein radikales Umsteuern der Verhandlungsmaschinerie. Nicht mehr gigantische Gipfel mit Folklore-Faktor sind gefragt, sondern konzise Konferenzen: Die führenden Staaten mit energieintensiven Branchen wie Stahl und Kohle könnten so im Sinne aller wegweisende Übereinkünfte treffen. Oder Länder, die allesamt über für die Zukunft der Welt existenzielle Rohstoffe verfügen. So wäre Schluss mit dem Gemurkse der Gutmenschen und Absichtserklärer.

Das Versagen der großen Politik bürdet dem Einzelnen eine hohe Verantwortung auf. Nur wenn die Einsicht wächst, auch im Kleinen durch einen anderen Lebensstil einen Beitrag zu leisten, wird möglich, was die Rio-Abschlusserklärung so großspurig verkündete: die Zukunft, die wir wollen.
Autor:
Tobias Romberg, Klaus Jongebloed


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