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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Überschrift:
Hier wird das Geld verdient – und ausgegeben
Zwischenüberschrift:
Der Fledder, das wirtschaftliche Herz Osnabrücks – Runge geht, Lear kommt
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Auf dem Parkstreifen der Hannoverschen Straße unweit der Piepenbrock-Zentrale steht ein alter Wohnwagen. Lange leuchtete im Fenster ein rotes Licht. Darunter eine Handynummer. So ist es eben im Fledder: Kleingewerbe und Großkonzern nebeneinander.

Im Stadtteil zwischen Hase, A 33 und Meller Straße schlägt das wirtschaftliche Herz der Stadt. Hier konzentriert sich das Gewerbe das produzierende, dienstleistende, handelnde und auch horizontale. Hier gehen 375 Betriebe (mit mehr als fünf Beschäftigten) ihren Geschäften nach. Hier ist ein Viertel der etwa 80 000 Arbeitsplätze in Osnabrück angesiedelt.

Das war nicht immer so. Heinrich von der Haar ist früher auf seiner Solex über den Sandweg gebrettert, der in den Fünfzigerjahren zur Hannoverschen Straße ausgebaut wurde. Damals setzte die Stadt den Industrialisierungsprozess fort, der 40 Jahre zuvor mit dem Bau des Güter- und Rangierbahnhofs (1909 bis 1913) seinen Anfang genommen hatte. Unternehmen, denen es in der Stadt zu eng wurde, siedelten in den Fledder aus. Eines der ersten war die Chemische Fabrik Möllering (auf dem Dach steht noch heute: Chemfa). Die Schnapsfabrik Gösling zog nach, wie sich Reinhold von der Haar erinnert: " Dreimal in der Woche brannte Gösling Schnaps, da roch die ganze Stadt danach." Auch Glas Deppen zog von der Seminarstraße um und nicht wenige hätten sich damals gefragt, ob die Kunden den weiten Weg hinaus in den Fledder wohl mitmachen würden, sagt Heinrich von der Haar, dessen Vater vor 26 Jahren von der Johannisstraße an die Schweerstraße umsiedelte. Seitdem gibt es dort die " Pottblume".

Heinrich von der Haar ist mit dem Standort " hochzufrieden". Er ist zentrumsnah und über die Hannoversche Straße leicht erreichbar. Handel und Gewerbe böten sich hier gute Entfaltungsmöglichkeiten, sagt er. " Und hinter den Häusern gibt es immer noch schöne Heckenwege und ruhige Ecken."

Dass die ehemaligen Vorstandwiesen zum industriellen Zentrum wurden, steht mit einem Namen in Verbindung: Karmann. Als der Karosseriebauer in den Fünfzigerjahren die Zusammenarbeit mit Volkswagen begann, brauchte er Platz. Stück für Stück dehnte sich das Werk im Fledder aus. VW kaufte nach der Karmann-Insolvenz (8. April 2009) für knapp 40 Millionen Euro die Maschinen, Anlagen und die Grundstücke im Umfang von insgesamt 36, 1 Hektar (oder 361 000 Quadratmetern).

Karmann hat Osnabrück zur Autostadt gemacht, VW führt diese Tradition fort. 1841 Menschen arbeiten heute (Stand 31. Mai 2012) in den ehemaligen Karmann-Hallen für VW. Die einen entwickeln und tüfteln, die anderen bauen den Golf Cabrio. Demnächst soll hier auch der Porsche Boxster vom Band laufen. Die Vorserienproduktion beginne im Sommer, teilte Vorstandschef Martin Winterkorn im Frühjahr mit.

Wie ein Leuchtturm steht der 90 Meter hohe Schornstein der Lackierstraße über dem Fledder. Karmann investierte noch kurz vor dem Kollaps über 125 Millionen Euro in die Hochtechnologie-Lackiererei. Der Schriftzug Karmann am Turm kündete vom Stolz der Autobauer. Seit März 2010 trägt der Turm das VW-Zeichen.

Neben den Großen gedeihen die Kleinen. Die Firma Runge zum Beispiel baut am Großen Fledderweg innovative und pfiffige Bänke, Stadtmöbel, Müllschlucker. Jetzt ist es dem Familienbetrieb zu eng geworden, er zieht nach Bissendorf um. Dafür kommt ein anderer: Die Lear Cor poration verlegt ihren Sitz von Quakenbrück in den Fledder. Die ehemaligen Hallen von Frommeyer + Ziegemeyer am Huxmühlenbach sind seit Mai gemietet. Nach den Ferien soll die Serienproduktion von Autositzen anlaufen. 200 Menschen werden hier arbeiten.

Die zentrale Achse im Fledder ist die Hannoversche Straße, die täglich 16 000 Fahrzeuge passieren und beim Handel sehr beliebt ist. Die Stadt überarbeitet zurzeit die Bebauungspläne, um ein Ausbreiten des " zentrumsrelevanten Einzelhandels" auch in der zweiten Reihe zu verhindern. " Der Handel verdirbt die Grundstückspreise", sagt Ralf Kreye von der Wirtschaftsförderung.

Bildtexte:
Die zentrale Achse für Handel und Gewerbe im Fledder: 16 000 Fahrzeuge passieren täglich die Hannoversche Straße.
Heinrich von der Haar, Inhaber der " Pottblume", und sein Onkel Reinhold können sich noch gut an den Fledder als Weide- und Gartenland erinnern.
Die Hannoversche Straße wird gebaut. Im Hintergrund ist das heutige Finanzamt Osnabrück-Land zu sehen. Das Foto entstand am 16. April 1953.

Fotos:
Klaus Lindemann
Elvira Parton
Kurt Löckmann

Name

Der Fledder hat seinen Namen vom niederdeutschen Wort " Fladder", das eine nur dünn mit Erde überdeckte Moorfläche bezeichnet. Es ist davon auszugehen, dass der Altarm der Hase einen Teil dieses Gebietes immer wieder bei Überschwemmungen unter Wasser gesetzt hat.

Zahlen

Im Stadtteil Fledder leben heute 2440 Einwohner, damit nimmt er den 21. Platz in der Statistik der 23 Osnabrücker Stadtteile ein. Nur im Stadtteil Hafen (2281 Bewohner) leben weniger Menschen. Alterszusammensetzung (Zahl der ausländischen Mitbürger in Klammern): unter 7 Jahren: 124 (25), 7 bis 14 Jahre: 109 (22), 14 bis 18 Jahre: 57 (18), 18 bis 40 Jahre: 719 (207), 40 bis 65 Jahre: 608 (160), 65 Jahre und älter 361 (43).

Die Fläche

beträgt 374, 75 Hektar (Stadt gesamt: 11 980), davon sind 1, 35 ha Wohnbaufläche, 30, 25 ha gemischte Baufläche (mit Gewerbe), 227, 64 ha gewerbliche Baufläche, 7, 63 ha Sonderbaufläche (Einrichtungen des Bundes, Hochschulen, GVZ, großflächiger Einzelhandel), 0, 4 ha für Gemeinbedarf, 66, 71 ha Verkehrsfläche (davon 23, 72 Straßen, 43 ha Bahnanlagen), 7, 49 ha Dauerkleingärten, keine Sportplätze und Friedhöfe, 19, 38 ha sonstige Grünflächen, 5, 26 ha Landwirtschaft, 2, 19 ha Wald/ Forstwirtschaft, 5, 62 ha Wasserflächen.

Besonderes

Im Mittelalter und der Frühen Neuzeit weideten die Osnabrücker ihr Vieh in Fledder. Die beschauliche Schäferidylle gibt es nicht mehr, heute schlägt hier das wirtschaftliche Herz der Hasestadt. Jeder vierte Arbeitsplatz Osnabrücks liegt im Fledder. In 375 Betrieben (mit mehr als fünf Mitarbeitern) von Handel und Gewerbe sind nach einer Schätzung der Osnabrücker Wirtschaftsförderung 20 000 Mitarbeiter beschäftigt, unter anderem in der Autoindustrie, Logistik und dem kundenorientierten Dienstleistungsbereich. In der Stadt Osnabrück gibt es etwa 80 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze.
Autor:
Wilfried Hinrichs


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