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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Gemüsegarten macht Platz für Multikulti.
Zwischenüberschrift:
Der bunte Stadtteil Schölerberg.
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück. Wer früher vom Rosenplatz Richtung Voxtrup ging und in jeder der 13 Kneipen an der Meller Straße ein Bier trank, erreichte den Langenkamp nur noch auf allen vieren. Wer sich heute auf der Iburger Straße von der Eisenbahnbrücke an bei jedem Friseur die Haare ein bisschen kürzer schneiden ließe, der hätte schon an der Wörthstraße eine Glatze. Macht keiner, aber das Beispiel zeigt: Die Zeiten ändern sich und mit ihr die Stadtviertel. Am Schölerberg wird das ganz deutlich.
Der Schölerberg ist heute ein bunter Stadtteil mit ganz unterschiedlichen Gesichtern. Er beherbergt das Planetarium und den Zoo, überregionale Attraktionen. Der Bericht " Soziale Ungleichheit in Osnabrück" zeigt: Am Schölerberg leben manchmal arme und wohlhabende Leute sozusagen Tür an Tür.
Noch bis 1945 war der Schölerberg der Gemüsegarten der Stadt. Südöstlich der Ertmanstraße erstreckten sich Kleingärten, Acker- und Weideland. Walter Grafe, Jahrgang 1937, erinnert sich an die Zeit, als er mit seinen Eltern in das neu gebaute Haus am Wiemannsweg gezogen war: " Für uns Kinder war das herrlich. Es gab kaum Autos, und wir hatten eigentlich die ganze Straße zum Spielen." Selbst auf der Meller Straße war noch nicht viel los. Zwar kam dann und wann auch schon der Bus, aber im Grunde war es ruhig. Die Ameldungstraße hieß damals noch " Weißer Weg", war ein mit kalkigem Schotter befestigter Feldweg, und überall verliefen Fußwege und Heckengänge für Kinder ein Abenteuerspielplatz.
Heinrich Hartlage, gut sechs Jahre älter als Grafe und gelernter Maschinenschlosser, half als junger Mann noch in der Schmiede seiner Verwandtschaft an der Meller Straße aus. Ein Schmied hatte damals am Schölerberg noch richtig zu tun: Hufe beschlagen, Karren reparieren oder Eisenbauteile wie Scharniere und Riegel herstellen oder anpassen.
Neben Gartenbaubetrieben und Bauernhöfen existierte am Schölerberg unter anderem eine kleine Fabrik am Langenkamp, die Reinigungsmittel für Kohlenherde produzierte. Brennstoff lieferten Kohlenhändler im Viertel. Milchmänner brachten die Milch mit Dreirädern direkt vor die Haustür. Viele kleine Lebensmittelgeschäfte und Metzgereien versorgten die Menschen in der Nachbarschaft. Die Gebrüder Nobbe boten an der Ecke Miquel-/ Meller Straße, wo heute in einem Imbiss türkisches Bier ausgeschenkt wird, damals im Vorstadt-Kaufhaus " Zur Sonne" Textilien an.
" Alles weg" Heinrich Hartlage zuckt mit den Schultern. Seit 1945 war die Stadt gewachsen, die Wiesen und Äcker am Schölerberg unter Reihenhäusern und Wohnblocks verschwanden. Grafes Frau Gertrud erinnert sich an die 50er- und frühen 60er-Jahre. Da trafen sich vor allem die jüngeren Bewohner des Stadtteils bei Potthoff oder im " Waldschlösschen" zum Tanzen. Zu handgemachter " Schmusemusik" von Tanzkapellen. Später gab es dann im Waldschlösschen Tischtelefone, mit denen der Herr aus sicherer Entfernung die Dame oder umgekehrt zum Tanz auffordern konnte. In der ehemaligen Gaststätte Potthoff entstand Anfang der 70er-Jahre Osnabrücks erste Großdisco " Number One". Familien mit Kindern hatten neben dem Zoo noch den Märchenwald am Nordhang des Schölerbergs und die Sommerrodelbahn auch über diese Attraktionen ist die Zeit hinweggegangen.
Die Lutherkirche und St. Joseph, die beiden großen christlichen Kirchen, hatten in der Wirtschaftswunderzeit Filialen am Schölerberg eröffnet. Inzwischen schrumpfen sie wieder. Das Geld wird knapp. Die Lutheraner haben ihre vier Gemeinden am Schölerberg in Voxtrup und am Kalkhügel zur Südstadtkirchengemeinde zusammengefasst und wollen so Überkapazitäten und Mehrfachangebote abbauen. Die Katholiken haben die Kirche Heilige Familie, 1961 fertiggestellt, 2010 zum Kolumbarium gemacht. Im Innenraum der Kirche können Urnen beigesetzt werden, aber der geringere Platz reicht für die über die Jahrzehnte kleiner gewordene Gemeinde immer noch aus.
Der Schölerberg war Einwanderungsstadtteil schon immer. Hier wohnten immer viele der Arbeiter, die in den Fabriken im Fledder, etwa bei Karmann, ihr Brot verdienten. Der Anteil der Zuwanderer unter den Schölerbergern liegt derzeit bei gut 13 Prozent. Leute aus Portugal, Spanien, der Türkei, aus Kasachstan oder anderswo. Sie prägen das Stadtbild vor allem an der Stadtteilgrenze zur Innenstadt. Hier hat Mihran Kuyumcugil seinen Imbiss. Er betreibt das " 1. Osnabrücker Kebaphaus" an der Iburger Straße. 1978 aus der Türkei nach Deutschland gekommen, hatte er 1983 den türkischen Stehimbiss von einem Landsmann übernommen. Der Imbiss war damals nicht viel mehr als eine kleine Holzbude mit einem Holzkohlegrill. Kuyumcugil kaufte vier Jahre später das nebenstehende Gebäude und eröffnete darin sein türkisches Grillrestaurant. Neben Döner Kebap und anderen Fleischgerichten gibt es bei ihm auch Joghurt- oder Linsensuppe. Die Hälfte seiner Kunden seien Deutsche, die andere Hälfte Türken, Albaner und Jugoslawen.
Auch er spürt inzwischen den stetigen Wandel im Stadtteil. Früher habe er an den Wochenenden oft bis drei Uhr nachts gearbeitet und 30 bis 40 Kilogramm Fleisch am Tag verkauft, erzählt er. Heute seien es nur noch 7 bis 10 Kilo. Das liege an der Konkurrenz, meint er. Im Laufe der Jahre seien vier weitere Grillrestaurants in der näheren Umgebung eröffnet worden. Aber seine Stammkunden, die hat der 64-Jährige immer noch, viele von ihnen kaufen bei ihm seit fast 30 Jahren ihren Döner Kebap.

Bildtexte:
Sommerrodelbahn im Juni 1954: Rasante Abfahrten am Schölerberg waren ein
Vergnügen.

Im Kebaphaus bei Mihran Kuyumcugil.

Schöne Aussicht: Andrea Meyer (mit Hund Kessy ) findet, dass sie den besten Blick über den Stadtteil hat.

Ländliches Leben an der Meller Straße 277, Elternhaus von Heinrich Hartlage, vor 100 Jahren.

Die Iburger Straße, eine Verkehrsschlagader der Stadt, verläuft durch den Stadtteil Schölerberg.

Fotos:
Egmont Seiler/ Jörn Martens/ Holger Jansing/ Archiv

Schölerberg

Der Stadtteil Schölerberg hat seinen Namen vom gleichnamigen Berg, einem Kalkrücken mit einer Höhe von 126 Metern, der Teil des Osnabrücker Berglandes ist.

Zahlen

In Schölerberg leben 13 972 Einwohner, damit ist er der zweitbevölkerungsreichste Stadtteil nach Wüste.

Alterszusammensetzung (Zahl der ausländischen Mitbürger in Klammern): unter 7 Jahren: 791 (44),

7–14 Jahre: 691 (77), 14–18 Jahre: 357 (65), 18–40 Jahre: 4056 (745), 40–65 Jahre: 3959 (523), älter als 65: 2491 (178). Um die Menschen kümmern sich 13 Arztpraxen, darunter vier für Zahnheilkunde.

Die Fläche beträgt 364 Hektar (Stadt gesamt: 11 980), davon Baufläche: 172, 45 ha, gemischte Baufläche (mit Gewerbe): 31, 90 ha, Verkehrsfläche: 9, 11 ha, Parkanlagen: 14, 93 ha, Dauerkleingärten: 18, 77 ha, Sportplätze: 6, 52 ha, sonstige Grünflächen: 29, 39 ha, Landwirtschaft: 32, 92 ha, Wald/ Forstwirtschaft: 33, 08 ha, Wasserflächen: 2, 25 ha.

Besonderes

Am Südrand liegt der Osnabrücker Zoo. Benachbart sind das Naturkundliche Museum mit dem Planetarium sowie das Expo-Projekt Bodenpark.

Die Lutherkirche ist ein zwischen 1907 und 1909 erbautes evangelisches Gotteshaus im Stil der Neo-Romantik und des Jugendstils mit einem 50 Meter hohen Turm. Wenige Meter westlich befindet sich der Johannisfriedhof mit Gräbern im Historismus und Jugendstil.

Am Begegnungs- und Kommunikationszentrum Ziegenbrink findet alljährlich ein Seifenkistenrennen statt.
Autor:
Michael Schwager/Barbara Behnen


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