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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Waffenarsenal Rosenplatzschule.
Zwischenüberschrift:
Der Schulhof diente im Ersten Weltkrieg als Sammelpunkt für Kriegsgerät.
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. 1914 oder 1918? Das ist hier die Frage. Jürgen Vonhöne, Jahrgang 1925, hat uns das Foto zur Verfügung gestellt. Aus seinem Elternhaus an der Spichernstraße 7 wurde das historische Foto des Rosenplatzschulhofs geknipst. Er hat aus den Erzählungen seiner Eltern und Großeltern abgespeichert, dass die Fuhrwerke und Ausrüstungen gegen Ende des Ersten Weltkriegs von der Front zurückgeführt und hier zwischengelagert worden waren.

Andererseits spricht die ordentliche Aufstellung in Reih und Glied dafür, dass die Aufnahme in den Tagen der Mobilmachung im August 1914 oder jedenfalls in einem frühen Kriegsstadium gemacht wurde und der Schulhof als Sammelpunkt für Material diente, das zur Front geschafft werden sollte. Das Foto zeigt unten rechts eine Reihe Geschützrohre von Feldhaubitzen, die über die Mauer zur benachbarten Holzhandlung Middendorff weisen. Eine " Gulaschkanone", wie sie etwa in Bildmitte an dem senkrechten Abzugsrohr zu erkennen ist, würde man den Kriegsverlierern vielleicht gelassen haben. Aber es ist kaum vorstellbar, dass nach der deutschen Kapitulation an allen Fronten einsatzfähige Kriegswaffen in dieser Form wieder den Rücktransport in die Heimat angetreten hätten.

In seinem Aufsatz für die " Geschichte der Stadt Osnabrück" erwähnt Rolf Spilker, dass 1914 nach dem Ausrücken der regulären Truppen des Infanterieregiments 78 einige unkonventionelle Orte in der Stadt herangezogen wurden, um dort Reserve-Einheiten zusammenzuziehen. Schulräume und Turnhallen dienten den Militärbehörden zeitweilig als Untersuchungszimmer, Kompanieschreibstuben oder zur Lagerung von Waffen. So funktionierte man den Schulhof des Realgymnasiums an der Lotter Straße zum Appellplatz für die eintreffenden Reservisten und Landsturmleute um. In der katholischen Volksschule am Rosenplatz war vorübergehend das Landsturmbataillon untergebracht. Es rückte am 27. August 1914 aus, um " Sicherheitsdienste" im besetzten Belgien zu übernehmen.

Danach wurde der Schulbetrieb wieder aufgenommen. Von " Normalität" konnte allerdings keine Rede sein, wie Spilker weiter schreibt. Auch wenn es nicht zu den Auswirkungen eines " totalen Krieges" wie 1939 bis 1945 durch die häufigen Bombardierungen kam, so fiel doch häufig der Unterricht aus. Schon allein, weil viele jüngere Lehrer zum Militärdienst eingezogen waren. Daneben wurden die Kinder zu Sammelaktionen von Rohstoffen, Metallen und Papier verpflichtet. Der " Vaterländische Hilfsdienst" erwartete, dass sie ihre " Kräfte in den Dienst einer großen Aufgabe" stellten, wozu auch Erntehilfe in der Landwirtschaft und Hilfsdienste in Rüstungsbetrieben zählten. Seit der Jahreswende 1916/ 17 kam noch hinzu, dass aufgrund des Brennstoffmangels " Kohleferien" ausgerufen wurden und der Schulunterricht im Winter wochenlang ausfiel. Schließlich waren es gegen Ende des Krieges die " Hamsterfahrten" aufs Land, die Kinder und Jugendliche den Schulunterricht schwänzen ließen. Im sogenannten " Steckrübenwinter" war der Kampf gegen den Hunger wichtiger als das Rechnen und Gedichtelernen in der Schule. Das kleine Einmaleins lernten sie ohnehin perfekt auf dem Schwarzmarkt.

Die Geburtsstunde der Rosenplatzschule schlug 1899 als Ableger der katholischen Volksschule zu St. Johann, die heillos überlaufen war. So entstand der Plan, in den Gärten am Rosenplatz eine zweite Schule für die südliche Neustadt zu bauen. Für 150 000 Mark errichteten die Baumeister Lütz und Behnes den stattlichen Bau mit 14 Klassenräumen und Wohnungen für die " Lehrpersonen" und den " Schulwärter" im Dachgeschoss. In den Anfangsjahren wurden 700 Kinder in Klassen mit bis zu 65 Kindern unterrichtet. Palmsonntag 1945 ließ der letzte Großangriff auf die Stadt nur Ruinen von der Rosenplatzschule übrig. Der Neubau von 1952/ 53 orientierte sich an den alten Proportionen. Heute besuchen 240 Kinder die dreizügige offene Ganztagsgrundschule mit Schulkindergarten. Soziale, kulturelle, religiöse und ethnische Vielfalt kennzeichnen die Schülerschaft.

Vor zwei Jahren baute die Stadt für eine Million Euro den Hort " Rosenkinder" neu und ließ den Schulhof sanieren. Kurz danach geriet der nagelneue Schulhof in die Schlagzeilen, weil Jugendliche ihn abends und nachts für Saufgelage missbrauchten. Stadt und Schulleitung wussten sich nicht anders zu helfen, als den Spielplatz zu umzäunen und nach 17 Uhr abzusperren.

Das wiederum empörte viele Bewohner des Rosenplatz-Quartiers, die keinen " Hochsicherheitstrakt" wollten und darin einen Verstoß gegen die städtische Pausenhofverordnung erblickten. Als Kompromiss wird der Hof jetzt um 20 Uhr geschlossen.

Bildtexte:
Die Hofseite der Rosenplatzschule diente im Ersten Weltkrieg als Sammelort für Kriegsgerät aller Art. Im Vordergrund vor der Mauer verläuft die Spichernstraße.

Der Neubau des Hortes " Rosenkinder" und eine stattliche Kastanie bestimmen heute das Blickfeld auf den Schulhof. Im Hintergrund der Neubau der Rosenplatzschule aus dem Jahr 1952.

Fotos:
Sammlung Middendorff/ Vonhöne/ Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks
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