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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Die dunkle Seite der Finanzverwaltung.
Zwischenüberschrift:
Die Reichsfluchtsteuer und der legalisierte Raub an Juden – Ausstellung an der Süsterstraße
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Der Osnabrücker Dr. Ernst Jacobson war einer von vielen Juden, die Deutschland in den 1930er-Jahren den Rücken kehren wollten. Die Nationalsozialisten hatten ihm seit 1933 Jahr um Jahr immer mehr Rechte genommen. Und nun verlangten sie von ihm eine Reichsfluchtsteuer, die sich als Enteignung seines Vermögens entpuppte. Was es damit auf sich hat, erfahren Besucher des Finanzamtes an der Süsterstraße vom kommenden Montag an.
Dann beginnt eine Ausstellung mit dem Thema " Reichsfluchtsteuer und Judenvermögensabgabe". Sie dauert bis Freitag, 29. Juni, und ist während der Öffnungszeiten des Amtes zugänglich. Wandtafeln, Unterlagen und eine Bildschirmdokumentation informieren darüber, wie sich das nationalsozialistische Deutschland am Vermögen von Juden bereicherte.
1933 hatte Adolf Hitler die Macht übernommen. Von da an schnappte für die Juden eine Falle nach der anderen zu. Die Nationalsozialisten nahmen ihnen ihre Rechte und ihre Existenzgrundlagen. Juden, die in der Situation auswandern wollten, mussten zunächst 25 Prozent ihres Vermögens bezahlen. Von 1934 an mussten sie zusätzliches Geld von ihrem Sparguthaben an den deutschen Staat abgeben. Die Sätze stiegen stetig. Von 1939 an verloren Juden, die auswanderten, 96 Prozent ihres Vermögens.
Zwei Jahre später durften Juden gar nicht mehr ausreisen. Im Schatten des Zweiten Weltkriegs wurden sie in Konzentrationslager verschleppt und waren dort ihren Mördern ausgeliefert.
Die Reichsfluchtsteuer hatte es bereits gegen Ende der Weimarer Republik gegeben allerdings als Mittel gegen Kapitalflucht. Doch die Nationalsozialisten münzten das Recht des Staates um. " Die Reichsfluchtsteuer war ein legalisierter Raub", erläutert Andrea Kampen, Finanzbeamtin aus Nordenham. Während ihrer Dienstzeit in Delmenhorst hatte sie sich auf Anregung ihres Vorgesetzten Uwe Langer mit dem Thema Reichsfluchtsteuer beschäftigt. In ihrer Freizeit erforschte sie die Beteiligung damaliger Finanzbeamter an der Ausplünderung der Juden.
Andrea Kampen gestaltete aus ihren Funden eine Ausstellung, die seit September 2011 auf Wanderschaft durch Niedersachsen ist. " Mit der Präsentation soll keine Anklage erhoben werden gegen die Kollegen aus dieser Zeit. Wir alle wissen nicht, wie wir unter diesen Umständen gehandelt hätten." Diese Formulierung ist der Finanzbeamtin wichtig. Gleichwohl stellt sie fest: " Auch die Finanzverwaltung hat eine dunkle Vergangenheit. Sie darf sich nicht hinter Gesetzen verstecken und damit Unrecht legalisieren."
Das Schicksal von Dr. Ernst Jacobson ist in der Ausstellung ein Beispiel für viele. Im Oktober 1938 hatte er die Reichsfluchtsteuer gezahlt, und dennoch konnte er Deutschland nicht mehr verlassen. Die Auswanderung stand kurz bevor, als er in seinem Schrebergarten an der Bohmter Straße tot aufgefunden wurde. Die Nationalsozialisten sprachen von Selbstmord, in der Familie war von Mord die Rede. Der Fall wurde nie aufgeklärt. Seit 2008 erinnert ein Stolperstein an den Osnabrücker Juristen. Er hatte an einem Teil der Schillerstraße gelebt, auf dem jetzt die Wittekindstraße verläuft.
Das Finanzamt öffnet die Ausstellung am Montag, 4. Juni, um 15 Uhr mit einem Vortrag. Anmeldung unter der Telefonnummer 05 41/ 354-306.

Bildtext:
Dr. Ernst Jacobson zahlte die Reichsfluchtsteuer und kam vor seiner geplanten Auswanderung ums Leben. Seine Familie entkam den Nationalsozialisten.

Foto:
Stadt Osnabrück
Autor:
jweb


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