User Online: 1 | Timeout: 05:27Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Iburger Straße mal beschaulich.
Zwischenüberschrift:
Vor 85 Jahren zuckelte nur ab und zu ein Gefährt über die Wohnstraße.
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Vor 85 Jahren kamen unsere Vorfahren noch ganz gut ohne " Querungshilfen" und Fußgängerampeln über die wichtigste Ausfallstraße in Richtung Süden, die Iburger Straße. Der Verkehr war eher spärlich selbst an einem Werktag. Der " Spediteur" mit seinem Pferdefuhrwerk und der Lastwagen im Hintergrund lassen vermuten, dass der Fotograf nicht an einem Sonntag unterwegs war.

Diese Momentaufnahme des Verkehrsgeschehens hat etwas Symbolisches an sich: Die Güterbeförderung mit Pferd und Wagen war in der Zwischenkriegszeit weiterhin der Regelfall, aber Lastkraftwagen erschienen zunehmend auch auf Osnabrücker Straßen. Wenn man Personenkraftwagen mit in die Betrachtung einbezieht, dann war 1927 der Wendepunkt erreicht. Ab diesem Jahr waren mehr Automobile als Pferdefuhrwerke in der Stadt unterwegs, und die Prophezeiung des deutschen Kaisers wurde Lügen gestraft. " Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung", orakelte Wilhelm II. bekanntlich einst.

Wie sehr er danebenlag und wie gründlich das Automobil die Städte verändert hat, zeigt die aktuelle Vergleichsaufnahme. Aus der beschaulichen Allee ist ein vierspuriges Asphaltband geworden. Jeder Zentimeter in der Straßenbreite ist ausgereizt, um den Verkehrsbedürfnissen von Autos, Radfahrern und Fußgängern Rechnung zu tragen. Als sich nach den großflächigen Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs die Chance dazu bot, legten die Verkehrsplaner für die östliche Straßenseite eine zurückgesetzte Baufluchtlinie fest und ermöglichten dadurch zwei Fahrstreifen je Richtung.

Auf der gesamten Iburger Straße? Nein. Denn in der alten Vorkriegsflucht waren noch einige wenige Häuser stehen geblieben. Nicht alle Hauseigentümer zeigten sich kooperativ und willigten bei vertretbaren Entschädigungsleistungen ein, dass ihr Haus amputiert oder zurückgesetzt neu gebaut wurde. Das Haus Iburger Straße 23, ganz links im aktuellen Bild an der Ecke zur Wörthstraße, bekam 2001 nach zähen Verhandlungen eine fünf Meter breite Scheibe abgeschnitten gerade noch rechtzeitig für den Ausbau der Iburger Straße, der 2002 begann.

Eine noch härtere Nuss stellt das Haus Nummer 37 (etwa in der Bildmitte) dar, in dem früher die Rosenapotheke untergebracht war. Als " Stehimweg" zwingt es seit fast zehn Jahren den stadteinwärts fließenden Verkehr, sich im Reißverschlussverfahren auf eine Fahrspur zusammenzuquetschen. Auf der historischen Aufnahme ist das Haus auch zu erkennen an der charakteristischen Anordnung der Schornsteine und an der Giebelform. Das Pferdefuhrwerk befindet sich etwa auf seiner Höhe. Damals tanzte es freilich noch nicht aus der Reihe, sondern markierte die alte, im 19. Jahrhundert festgelegte Baukante.

Dieses 1908 erbaute Haus hat den Ausbau der Iburger Straße zwar nicht verhindern können, aber doch eine gravierende Änderung der Verkehrsführung erzwungen, nachdem die Verhandlungen mit dem Alteigentümer gescheitert waren. Ein Enteignungsverfahren hat die Stadt damals nicht angestrengt, weil die davor stehenden juristischen Hürden zu hoch erschienen. Ende 2008 kam nach einem Eigentümerwechsel etwas Bewegung in die Sache. Die neuen Eigentümer boten der Stadt das Haus für 390 000 Euro zum Kauf an. Der Preis erschien ihr bedeutend zu hoch zu sein. Es ging wieder nicht weiter. Dann änderte die Stadt den Bebauungsplan und konnte sich auf dem Wege ein Vorkaufsrecht sichern. Damit war die Verhandlungsposition der Eigentümer geschwächt. Man einigte sich auf einen niedrigeren Preis.

Nach aktueller Auskunft steht die Immobilie im Treuhandvermögen des Sanierungsträgers für das Rosenplatzquartier. Da aber bislang kein Investor für einen Neubau gefunden wurde, sei mit dem Abriss noch nicht begonnen worden, sagte Fachbereichsleiter Städtebau Franz Schürings.

Bildtexte:
Iburger Straße 1927: Gutbürgerliches Wohnen und beschaulicher Verkehr bestimmten den Gang der Dinge. Der Blick geht von der Ecke Wörthstraße stadtauswärts zur Lutherkirche.

Zurückgebaut wurden nach 1945 die meisten Häuser. Ein " Stehimweg" links blieb jedoch erhalten.

Foto:
Sammlung Middendorff/ Vonhöhne

Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


Anfang der Liste Ende der Liste