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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Der Regen friert, und die Zweige knistern
Zwischenüberschrift:
Heute vor 25 Jahren: Eis überzieht die Natur mit einer bis zu vier Zentimeter dicken Schicht
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Plötzlich sah alles anders aus. Eisregen fiel auf den frühen Rosenmontag. Es war der 2. März 1987 heute vor genau einem Vierteljahrhundert. Eine bis zu vier Zentimeter dicke Eisschicht ummantelte die Natur und blieb vielen als unvergessliches Erlebnis im Gedächtnis. Was geschah im Zoo, wie erging es Tieren und Bäumen?

Chaos und Idylle trafen aufeinander. In der Nacht hatte es bereits leicht gefroren. Und am Morgen begann es zu regnen. Dr. Wolf Everts erinnert sich an den 2. März 1987: " Es war zauberhaft und brutal." Beides gleichzeitig. Der damalige Zoodirektor dachte sofort an die Tiere und ließ sie in deren Ställe und Häuser bringen, aus denen sie gerade erst herausgekommen waren. " Die haben sich gewundert", berichtet Wolf Everts. Was ihn besonders beeindruckte, war " die unglaubliche Stille". Derübliche Lärm von der Autobahn verebbte im Laufe des Morgens. Und kaum ein Lüftchen wehte, als das Eis vom Himmel rieselte. " In diese Stille hinein schlichen sich die Geräusche von knackenden Ästen und abspringendem Eis." Denn kaum hatte sich eine Eisschicht um alles geschlungen, bewegten sich Büsche und Bäume unter dem Gewicht. Im Zoo brachen Birken und eine große Weide am Vogelteich. Aber Tiere kamen nicht zu Schaden.

Doch wie sah es in der freien Wildbahn aus? Bei Artentschützer Wolfgang Herkt läutete den ganzen Tag über das Telefon. " Die Leute riefen an, wenn sie glaubten, dass Vögel in Not waren. Sie dachten, die Vögel überwiegend Waldkäuze, Waldohreulen und Greifvögel seien bewegungsunfähig geworden, wie festgefroren. Aber das war nur vermeintlich der Fall", erläutert Herkt, denn: " Teile des Außengefieders, wie Schwingen und Stoßenden hatten tatsächlich Eisbelag. Aber Vögel wissen sich zu schützen und sitzen bei Extremwetterlagen auf der windabgewandten Seite dicht an den Baumstämmen. Bei diesem Eisregen saßen die Vögel dort bewegungslos , um so wenig Energie wie möglich zu verbrauchen." Mehrere Male stieg Herkt in seinen Geländewagen, um in der Umgebung von Osnabrück Vögel zu retten. Bei der Glätte waren es Fahrten " wie auf rohen Eiern". Und er empfahl Anrufern, in Not geratene Vögel vorsichtig in einen Karton zu setzen und mit ins Haus zu nehmen. Für Herkt war dies " ein unerfreulicher Tag". Und schön fand er den Eisregen auch nicht. Die Bäume traf es härter. Frank Henrichvark, Wort- und Buchhalter der Heger Laischaft, machte sich am Vormittag Sorgen um den Wald in der Stadt. Er hatte beruflich in der Nähe des Bürgerparks zu tun. " Ich schaute auf die Zweige, die wie kandiert aussahen. Und als der Wind durch die Bäume strich, hörte ich dieses feine Knistern, das ich nicht vergessen werde. Es war wie eine Ankündigung, dass etwas im Gange war." Tatsächlich erwiesen sich die Geräusche als Vorboten. Bald brachen Äste und Baumkronen unter der Eislast.

Doch so schlimm, wie es Frank Henrichvark für die Forstwirtschaft befürchtet hatte, traf es zumindest nicht das Heger Holz. Nach einem Vierteljahrhundert erinnert er sich vor allem an den Verlust von Lärchen, den die Altstädter Eigentümergemeinschaft zu beklagen hatte.

Was so idyllisch aussah, war für viele Bäume ein schwerer Schaden wenn nicht gar das Ende. Unter dem Gewicht des Eises erhöhte sich das Gewicht von Zweigen und Ästen um bis zum 80-fachen. Und die sonst so elastischen Pflanzen brachen im Frostmantel. Hatte sich etwa eine Birke soweit gebogen, dass die Krone den Boden berührte, bestand Gefahr für den Baum wie für Menschen, die sich daneben oder darunter aufhielten und es sogar mussten, um die Straße zu räumen.

Später am Tag fror der Regen bereits in höheren Luftschichten zu Eiskörnern. Und am Aschermittwoch alles vorbei.

Bildtexte:

Schön und lebensgefährlich zugleich: Die Eisschicht ließ Baumkronen auf die Erde sinken. Die Idylle trügt: Viele Bäume brachen unter der Last. Die Stadt warnte vor Spaziergängen in Wäldern und Parks.

Zweige unter Glasur: Viele erinnern sich an das Knistern, als der Eisregen einsetzte.

Zusammenbruch: Auch Strommasten halten das Gewicht des Eises nicht aus.

Futter am Trog: Wolfgang Herkt versorgt die Tiere im Wald.

Fotos:

Michael Hehmann
Autor:
Jann Weber


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