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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Endstation Umweltzone
 
Nachrüstung
 
Das unvermeidliche Übel
Zwischenüberschrift:
Osnabrück schaltet auf Grün und macht manchen Autofahrer ratlos
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück/ Hannover. Herr B. sagt, er wird enteignet. Sein zwölf Jahre alter Audi " läuft wie eine Eins", aber ist ab Dienstag für ihn nutzlos. Herr B. wohnt in der Osnabrücker Umweltzone, und sein solider Diesel ist nicht sauber genug für die grüne Plakette. " Die Stadt müsste mir ein anderes Auto hinstellen", meint Herr B.
Am Dienstag, 3. Januar, schaltet Osnabrück nach Hannover als zweite Stadt in Niedersachsen die nächste Stufe der Umweltzone scharf. Auch Frankfurt, Stuttgart und Krefeld stellen auf Grün um. Bremen, Berlin und Leipzig sind schon länger auf diesem Niveau. Mit dem Jahreswechsel wird auch das gesamte Ruhrgebiet zur Umweltzone, die nur mit mindestens roter Plakette befahren werden darf. Damit steigt die Zahl der Sperrbezirke in Deutschland auf 51.
Der ADAC läuft dagegen Sturm, zweifelt den Nutzen der Umweltzone an, beklagt einen monströsen Bürokratismus, wehrt sich gegen die Einschränkung der Mobilität und kritisiert die Wertevernichtung. Herr B. ist der gleichen Meinung. Er schätzt den Wert seines Audi A 6 (Diesel, Baujahr 1999, 220 000 Kilometer, scheckheftgepflegt, Anhängerkupplung) auf 6000 bis 8000 Euro. Aber als Träger der gelben Plakette würde der Audi auf dem Gebrauchtwagenmarkt gerade 2000 bis 3000 Euro erbringen.
Vor einem Jahr ließ Herr B. einen Dieselpartikelfilter einbauen, um die gelbe Plakette zu bekommen. Kosten: rund 1000 Euro. Aber mehr ist technisch nicht drin. Die Audi-Zentrale in Ingolstadt hat ihm schriftlich bestätigt, dass es kein Nachrüstsystem für dieses Modell gibt, das für die Stufe Grün reichen würde.
4876 Diesel-Pkw sind nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes zurzeit in der Stadt Osnabrück gemeldet, die eine gelbe Plakette tragen. Das sind sieben Prozent des Gesamtbestandes von rund 73 000 Pkw. Aber diese Stinker sind es, die den größten Dreck machen, wie der Leiter des Osnabrücker Umweltamtes, Detlef Gerdts, nicht müde wird zu erklären. Die 1200 Diesel in Osnabrück ohne Plakette (Euro 1) zum Beispiel produzieren so viel vom giftigen Stickstoffdioxid (NO 2 ) wie 43 000 Dieselfahrzeuge der jüngsten Generation.
Und vor allem um Stickstoffdioxid geht es. Es reizt Atemwege und Augen, kann in hoher Konzentration die Lungen schädigen und Allergien auslösen. 17 400 Menschen leben nach einer Modellrechnung des Gewerbeaufsichtsamtes Hildesheim allein in Osnabrück an Straßen, die besonders belastet sind. An der Messstation an einer verkehrsreichen Straße liegt der Stickstoffdioxid-Jahresmittelwert mit 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft um ein Viertel über dem EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm. 70 Prozent des Stickstoffdioxids entstehen durch den Autoverkehr, und dabei fast ausschließlich durch Dieselmotoren.
Das Feinstaub-Problem ist ein Dreck dagegen und in den meisten Städten kein ernstes Thema mehr obwohl der Feinstaub in der öffentlichen Debatte immer wieder aufgewirbelt wird. In Niedersachsen ist Burgdorf in diesem Jahr Spitzenreiter bei der Feinstaubbelastung mit einer Überschreitung der Grenzwerte an 30 Tagen, gefolgt von Braunschweig (28), Hannover (27), Osnabrück (24), Göttingen (22), Salzgitter (21) und Oldenburg (20). Alle niedersächsischen Stationen liegen damit unter dem Grenzwert der EU (35 Überschreitungstage). Ein Problem hat Bremen, wo trotz Umweltzone an 44 Tagen zu dicke Luft herrschte.
Herr B. hat es von seiner Wohnung nur zwei Kilometer bis zum Rand der Umweltzone. Aber alle Versuche, eine Ausnahmegenehmigung zu erwirken, schmetterte die Stadt ab. Herr B. sei weder beruflich auf das Auto angewiesen noch behindert oder finanziell ruiniert, wenn er sich ein anderes kaufte. " Die wollen wohl, dass ich zu Fuß gehe", sagt der 72-Jährige angesäuert.

Bildtext:
Gut in Schuss, aber ab Januar nutzlos: Der zwölf Jahre alte Audi erhält keine grüne Umwelt-Plakette.

Foto:
Klaus Lindemann

Nachrüstung

Die Bundesregierung fördert ab 2012 wieder die Filter-Nachrüstung von Dieselfahrzeugen mit 330 Euro. Förderanträge können nach dem Einbau des Filters beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gestellt werden. Das ist erst ab 1. Februar 2012 möglich. Es stehen 30 Millionen Euro zur Verfügung. Damit können rund 90 000 Nachrüstungen gefördert werden. Osnabrück und Hannover erteilen Autofahrern, die Rußfilter bestellt haben, eine bis Ende März geltende Ausnahmegenehmigung für die Umweltzone.

Internet: www.bafa.de

Kommentar
Das unvermeidliche Übel

Keiner will die Umweltzone. Sie ist teuer, bürokratisch, ungerecht. Aber: Es fehlt die Alternative.

Wir wissen durch Rechenmodelle des Gewerbeaufsichtsamtes Hildesheim, dass Zigtausende Menschen in den Straßenschluchten unserer Städte verschmutzte Luft atmen müssen. Dieselben Fachleute rechnen uns vor, dass die Umweltzone das wirksamste Mittel gegen die Belastung ist. Deshalb können betroffene Kommunen gar nicht darauf verzichten. Der Gesundheitsschutz hat Vorrang vor dem Recht auf freie Fahrt für Stinker. Der Luftverschmutzer muss Einschränkungen akzeptieren, nicht die Menschen, die ein Recht auf saubere Luft haben. So war es in den Kneipen mit dem Rauchverbot, so ist es jetzt in den Städten mit hohen Stickstoffdioxidbelastungen.

Die Debatte um die Umweltzone hätte sich übrigens längst in Luft aufgelöst, wenn die Autoindustrie ihre Hausaufgaben gemacht hätte. Seit Jahren exportiert sie saubere Autos, aber bei uns kommt die Euro-6-Generation erst 2014 mit jahrelanger Verspätung auf den Markt.
Autor:
Wilfried Hinrichs


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