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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Pure Menschenverachtung
Zwischenüberschrift:
Rassismus und Todesangst: Kritische Ausstellung im Akzisehaus
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Um ein " Archiv aussterbender Rassen" zu schaffen, reiste der selbst ernannte deutsche Anthropologe Hans Lich tenecker nach Afrika. Dort sammelte er Schädelabformungen und Stimmaufnahmen. Die menschenverachtende Art, mit der der deutsche Abenteurer dabei vorging, zeigt jetzt eine Ausstellung im Akzisehaus.

" Als Bildhauer bei Buschleuten und Hottentotten" nannte Lichtenecker sein Tagebuch, in dem er schildert, wie er Gipsabdrücke von lebenden Afrikanern nahm. Zu diesem Zweck war er 1931 nach Namibia gefahren, der ehemaligen deutschen Kolonie Südwestafrika. Im Gepäck hatte er eine Kamera, ein Phonogramm und das Werkzeug, um die Kopfabdrücke herzustellen alles in der Überzeugung, dass sich schwarze Menschen laut Darwin′scher Evolutionstheorie nicht gegen die weiße Rasse behaupten werden. Dass die Menschen Todesangst bekamen, weil ihre Köpfe komplett vergipst wurden, störte den Mann aus Deutschland entsprechend wenig. Er hatte sich aus Mangel an Freiwilligen in einer Polizeistation in Keetmanshoop, einer Stadt im Süden des Landes, einquartiert. Von hier aus konnte er die Menschen mit Druck dazu bewegen, an seinen Experimenten teilzunehmen. Lichtenecker verstand ihre Sprache nicht, auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland interessierte sich beispielsweise niemand für die Tondokumente. Daher kamen Wissenschaftler jetzt erst dahinter, wie verschreckend das Prozedere für die Afrikaner gewesen sein muss: beim Abhören und Übersetzen der Wachswalzen, mit deren Hilfe die Sprachaufnahmen, angeblich im Auftrag des Deutschen Phonogrammarchivs, konserviert wurden. Vom Ertrinken spricht jemand, ein anderer singt von Totschlag. Die verstörende Prozedur und Erinnerungen an das Verhalten deutscher Kolonialherren hinterließen panische Spuren.

" What we see Bilder, Stimmen, Repräsentation" lautet der Titel der Ausstellung, die sich mit der anthropometrischen Sammlung Lichteneckers kritisch auseinandersetzt und jetzt zum ersten Mal in Deutschland gezeigt wird. Die Berliner Kulturwissenschaftlerin und Afrikanistin Anette Hoffmann hat die umstrittene Hinterlassenschaft im Zeichen des deutschen Rassismus und Kolonialismus in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dokumentiert. Absichtlich verzichtet sie darauf, die Gipsabdrücke als Exponate zu zeigen. Stattdessen sieht man Fotos, die während der " Abfertigung" entstanden sind, sowie original Tonaufnahmen. Außerdem lässt sie zeitgenössische afrikanische Künstler zu der Thematik Stellung nehmen. Sie schickte dokumentarisches Material über fünf Menschen, die Lichtenecker " behandelt" hatte, an fünf afrikanische Künstler, die (davon inspiriert) Porträts der Drangsalierten anfertigten. So malte Alfeus Mvula beispielsweise Chief Isaak Witbooi in Schnitzmanier, und Sanell Aggenbach spielt auf ihre spezielle Art mit der Schwarz-Weiß-Thematik, indem sie Wilfried Tijueza im Negativ-Stil porträtierte.

Die Ausstellung wird am Sonntag um 11.30 Uhr eröffnet, zu sehen bis zum 12. Februar, dienstags bis freitags, 11 bis 18 Uhr, samstags und sonntags, 10 bis 18 Uhr.

Bildtext:
Zeitgenössische Künstler setzen sich mit dem Thema auseinander, im Bild Anette Hoffmann.

Foto:
Gert Westdörp
Autor:
Tom Bullmann


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