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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Jugendkult bis in den Tod
 
Die Sammlung Schledehaus umfasst 186 Stücke
Zwischenüberschrift:
Altägyptische Grabbeigaben aus dem Osnabrücker Museumskeller: Studentin hebt einen Schatz
 
Katalog erstellt – Besondere Einblicke in die Religion
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. In der Öffentlichkeit ist das kaum bekannt: Wenn es um altägyptische Kunst geht, bietet das Kulturgeschichtliche Museum in Osnabrück eine kleine, aber feine Sammlung. Sie wurde jetzt erstmals wissenschaftlich aufgearbeitet und katalogisiert.

Der Mann ging der Gesundheit wegen nach Ägypten. Er wurde dort Leibarzt des Vizekönigs Mehemed Ali und sammelte nebenbei antike Grabbeigaben. Im 19. Jahrhundert scheint das noch möglich gewesen zu sein. Der Name des Mannes war Christian Friedrich August Schledehaus, und er war gebürtiger Osnabrücker. 1858 verstarb der lungenkranke Schledehaus trotz des ägyptischen Klimas mit nur 48 Jahren. Er verfügte in seinem Testament, dass seine Sammlung in Osnabrück in einem Museum ausgestellt werden sollte, wenn die Bürger nichts dagegenhätten.

Im Rathaus konnte sich daraufhin jeder Osnabrücker Bürger gegen die Annahme des Erbes aussprechen, doch niemand meldete sich. In ein Museum kam die Sammlung allerdings trotzdem nicht, denn es gab damals noch kein Museum in der Stadt. Die Sammlung Schledehaus wurde dem Ratsgymnasium übergeben und gelangte erst 1890 in das neu gebaute heutige Kulturgeschichtliche Museum.

Thorsten Heese, Kurator für Stadtgeschichte, bezeichnet Schledehaus daher als den " geistigen Gründer" des Museums. Dennoch sollten weitere 120 Jahre vergehen, bis die komplette Sammlung wissenschaftlich erschlossen werden konnte. Mit Ausnahme der Münzsammlung wurden Bedeutung und Herkunft der einzelnen Stücke nie aufgeklärt, vieles schlummerte im Magazin des Museums.

2010 machte sich Esther Wegener an die Arbeit, damals Studentin am Göttinger Seminar für Ägyptologie und Koptologie. Sie verbrachte viele einsame Stunden im Magazinkeller des Museums. Bei nachlassendem Tageslicht musste sie ihre Forschungen beenden, denn der Raum verfügte nicht über elektrisches Licht.

Ihre Mühen haben sich gelohnt, und so konnte Esther Wegener am Donnerstag ihre fertige Magisterarbeit dem Kulturgeschichtlichen Museum feierlich überreichen. Dr. Thorsten Heese empfing aus ihren Händen die als Katalog der Sammlung konzipierte Arbeit und hatte zu diesem Anlass auch die Göttinger Professorin Heike Behlmer eingeladen. In ihrem Festvortrag " In Würde altern im pharaonischen und christlichen Ägypten" konnte man durchaus eine Art Jugendkult im antiken Ägypten erkennen. So wurden auch in höherem Alter Verstorbene in ihren Gräbern nur mit jugendlich kräftigen Körpern abgebildet. Unterschiede zum heutigen Ideal gab es aber auch: So galt " Im Amt erworbene Korpulenz" als Zeichen eines erfolgreichen Lebens. Auch graue Haare galten bei hochstehenden Personen als Zeichen der Weisheit, mit Glatze hingegen wurden nur niedere gesellschaftliche Schichten abgebildet.

Die Abbildungen in Grabkammern gehören zu den wichtigsten Quellen über das Leben im antiken Ägypten und sind Teil des dortigen Totenkults. Dazu gehören auch die Exponate der Sammlung Schledehaus. Es handelt sich dabei um Grabbeigaben, die nun aus dem Magazinkeller in einen eigenen Ausstellungsraum umgezogen sind. Große Mumien oder Sarkophage gibt es in Osnabrück allerdings nicht. Thorsten Heese erklärt: " Die Objekte sind so klein, weil Schledehaus da, wo er gesammelt hat, in Alexandria, auch kein riesiges Museum hatte, sondern es musste alles in seine Wohnung passen."

Einige dieser kleinen Stücke erzählen ganz besondere Geschichten, freilich nur dem, der sie zu entschlüsseln weiß. Esther Wegener ist das gelungen. Ihre Arbeit erforderte offenbar fast kriminologisches Gespür, denn über die Fundumstände der Stücke ist nichts bekannt. So sind die Exponate nur im Vergleich mit anderen Funden einzuordnen. Da gibt es zum Beispiel eine Figur, die besonders gut gearbeitet und fast unversehrt erhalten ist. Es handelt sich um einen 26 Zentimeter hohen Uschebti (Foto links). Esther Wegener erklärt: " Uschebtis sollten im Jenseits anstelle des Verstorbenen Arbeiten verrichten." Dem Glauben nach konnte nämlich jeder, selbst der Pharao, im Jenseits zu anstrengenden Feldarbeiten verpflichtet werden. Daher trägt der Uschebti in der linken Hand eine Spitzhacke, in der rechten ein Seil und einen Handpflug.

Die Inschrift der Figur verrät den Namen des Verstorbenen: Tjaj-Her-pa-ta. " Das bedeutet übersetzt: Horus hat das Land ergriffen. Nun sagt das nicht viel aus. Ich konnte aber ermitteln, dass es in Kairo einen Sarkophag gibt, der ebenfalls diesen Namen nennt. Aus den Inschriften darauf geht hervor, dass Tjaj-Her-pa-ta ein hoher Würdenträger zur Zeit Nektanebos II. war, der letzte Pharao der 30. Dynastie." Die Figur stammt also aus dem vierten Jahrhundert vor Christus.

Doch die Ägyptologin kann nicht nur eine Datierung vornehmen. Aus verschiedenen Indizien kann sie auch auf die persönlichen Verhältnisse des Verstorbenen schließen. So erkennt sie zum Beispiel, dass Tjaj-Her-pa-ta nicht der Aristokratie entstammte. Eines von mehreren Indizien dafür ist, dass die Namen seiner Eltern immer nur ohne Titel genannt werden. " Der König hat ihn reich gemacht und befördert", fand Esther Wegener heraus. Schließlich stand der Mann beim Pharao in so hoher Gunst, dass ihm sogar Ehrentitel wie " Osiris" oder " Der, der alles erkennt" gegeben wurden.

Die vollständige Übersetzung der Inschrift lautet: " Es wurde beschienen der Osiris, der, der alles erkennt, der Gottesdiener Tjai-Her-pa-ta, geboren von Tenufen, gerechtfertigt an Stimme. Er sagt: Oh ihr Uschebti, falls man aushebt den Osiris, der, der alles erkennt, den Gottesdiener Tjai-Her-pa-ta, geboren von Tenufen, gerechtfertigt an Stimme, um jede Arbeit zu tun, die zu tun ist dort im Totenreich, und dort Unglück zu verhängen für einen Mann bei seiner Pflicht, Siehe, ich (bin hier)′, so sollt ihr sagen, wenn man euch aushebt zu irgendeiner Zeit, dort zu arbeiten, um die Felder wachsen zu lassen, um das Ackerland zu bewässern, um Sand zu transportieren von Westen nach Osten und in umgekehrter Richtung. Siehe ich (bin hier)′, so sollt ihr sagen."

Die Sammlung Schledehaus ist zwar nicht besonders groß, enthält aber einige weitere Stücke, die es sonst nur sehr selten gibt. So etwa die 14 Zentimeter hohe Darstellung des Gottes Osiris auf dem Thron. Sie ist aus Holz gefertigt. " Man muss sich bewusst machen, dass Ägypten ein sehr holzarmes Land war. Holz musste importiert werden, und zusammen mit der Verzierung aus Blattgold handelt es sich hier um eine besonders wertvolle Beigabe." Die Expertin bezeichnet die Figur als eines der Highlights der Sammlung. " So etwas findet man in anderen Museen eigentlich fast gar nicht. Ich habe mal solche Figuren in Kairo gesehen, aber auch das waren nicht so schöne Stücke wie dieses."

Auch eine Sammlung besonders gut erhaltener Amulette hebt die junge Forscherin hervor. " Wenn man das mit anderen kleinen Sammlungen vergleicht, dann sind diese schon wirklich sehr hochwertig. Ganz tolle Stücke."

Bildtexte:
Der Gott Osiris, Herrscher des Jenseits, Fruchtbarkeits- und Vegetationsgott als Bronzefigur.
Drei Skarabäus-Amulette: Die Käfer waren ein Symbol für Wiedergeburt und Erneuerung.
Isis lactans: Die Göttin Isis stillt ihren Sohn Horus, den sie von Osiris nach dessen Tod empfing.
Bronzefigur des löwenköpfigen Gottes Mahes. Er galt als Kriegsgott und Wächter heiliger Plätze.

Osnabrück. Esther Wegener hat die Sammlung Schledehaus nach 150 Jahren erstmals wissenschaftlich untersucht. Ihre 2010 am Seminar für Ägyptologie und Koptologie der Georg-August-Universität Göttingen entstandene Magisterarbeit liegt nun in Form eines Bestandskataloges der Sammlung mit insgesamt 186 Katalog-Nummern vor. Sie trägt den Titel " Die Aegyptiaca der Sammlung Schledehaus des Kulturgeschichtlichen Museums Osnabrück". Sie enthält außer der Beschreibung der einzelnen Exponate auch eine Einleitung über die Geschichte der Sammlung.
Im Fazit der Arbeit schreibt die Forscherin: " Den größten Teil nehmen die 72 Skarabäen, die 46 Bronzen und die 47 Objektamulette ein. Schwerpunkt der Kollektion bilden vor allem die spätzeitlichen Exemplare, die durch Stücke aus dem Neuen Reich, der dritten Zwischenzeit sowie der griechisch-römischen Zeit bereichert werden. Die Aegyptiaca des Kulturgeschichtlichen Museums Osnabrück bieten besonders Einblicke in die Religion und die Jenseitsvorstellungen des 1. Jahrtausends vor Christus. Archäologische Funde lassen sich heutzutage nicht nur in Ägypten machen, sondern manchmal auch in den Museen vor der eigenen Haustür."

Bildtext:
In ihrer Magisterarbeit hat Esther Wegener die ägyptische Sammlung des Osnabrücker Museums erstmals wissenschaftlich untersucht und katalogisiert.
Foto:
Thomas Osterfeld
Autor:
Jan Kampmeier


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