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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Lager, Armenhaus, Gaststätte
Zwischenüberschrift:
Der Hakenhof ist 600 Jahre alt
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Erst wohlhabende Adlige, dann Arme und Waisen, später Lehrlinge und katholische Studenten, jetzt das Osnabrücker Partyvolk mit Vorliebe für die " Happy Hour" und Cocktails zum halben Preis: Ein buntes Kaleidoskop von ganz unterschiedlichen Menschen ist über 600 Jahre im Hakenhof an der Ecke von Kommenderie- und Süsterstraße ein- und ausgegangen.

Die peppige Reklameschrift " Sausalitos" über dem Eingang kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich um ein richtig altes Gebäude handelt, sogar eines der ältesten nicht kirchlichen Gebäude im Stadtgebiet überhaupt. Die dicken Bruchsteinwände mit ursprünglich nur wenigen und kleinen Fensteröffnungen boten Schutz vor Übergriffen und Feuersbrünsten. Auch die Dachform verrät das Alter.

Wo man heute hohe senkrechte Fassaden und ein Flachdach wählen würde, um auf begrenzter Grundfläche viel Stauraum zu gewinnen, blieb den Baumeistern des 14. Jahrhunderts nichts anderes übrig, als ein sehr hohes und steiles Satteldach zu errichten. In diesem spätgotischen Hochregallager bewahrten die Erbauer, die Adelsfamilie von Hake zu Scheventorf, ihre Vorräte an bäuerlichen Produkten auf.

Historiker stellen den Hakenhof als ein Paradebeispiel für die Zwitterform zwischen landwirtschaftlichem und städtischem Gebäude heraus. Das große Dielentor und die nachvollziehbare frühere Raumaufteilung in dem schmucklosen, langen Bau im vorderen Teil die Ställe, im hinteren die Wohnräume waren der bäuerlichen Lebenswelt entlehnt, während der große Speicherraum im hohen Dach typisch für ein Anwesen im städtischen Umfeld ist. Er erinnere an die Fron- und Klosterhöfe, in denen die Abgaben der zinspflichtigen Bevölkerung gelagert wurden, schreiben Kenner mittelalterlicher Bauformen.

Ende des 15. Jahrhunderts verkaufte die Familie von Hake ihr Anwesen an einen Herrn Dethard von Sleter. Der war Stiftsherr von St. Johann. Er richtete 1478 im Haupthaus einen Wohnsitz für Arme ein. Zwölf Frauen sollen zunächst darin untergebracht gewesen sein. Die aus der Dachtraufe herauswachsenden vier Kaminschlote deuten die Umnutzung in einzelne Wohnräume an. Zum Stiftungsbesitz gehörten noch ein Brauhaus, Stallungen und ein Hausgarten, also die typische Infrastruktur, die den Armen eigene Beiträge zur Existenzsicherung ermöglichen sollte.

Über die Jahrhunderte blieb der Hakenhof eine Einrichtung für Bedürftige. Nach dem Willen der Stifter mussten das Kapitel zu St. Johann und der Magistrat der Neustadt gemeinsam die Armen-Versorgungsanstalt verwalten. Eine einschneidende Veränderung des Umfeldes trat 1927 ein, als der Magistrat im Zuge der Planungen für das " Reichsdienstgebäude", das heutige Finanzamt, eine Verlängerung der Süsterstraße bis zum Schlosswall vorsah. Alle Nebengebäude des Hakenhofs fielen dieser " Durchlegung", wie man es freundlich nannte, zum Opfer. Das alte Steinwerk stand auf einmal nackt und seines historischen Umfeldes beraubt dar. Immerhin tastete man das alte Gemäuer nicht an, man gab der Straßenführung hier einen kleinen Bogen.

Entstehungsanlass für das hier gezeigte Lichtenberg-Foto war wohl, die alte Umfeld-Situation noch einmal festzuhalten. Vorne quer durchs Bild verläuft die Kommenderiestraße, während die Verlängerung der Süsterstraße rechts am Hakenhof entlang noch im Entstehen ist.

Nach 1942 betreuten Herz-Jesu-Priester im Hakenhof ein Jugendwohnheim der Diözese, später war es Handwerkslehrlingen vorbehalten. In den 1980er-Jahren nahm die Katholische Studentengemeinde hier ihren Sitz, bis 1999 die Umnutzung zum heutigen Restaurant- und Barbetrieb erfolgte.

Bildtext:

Der Hakenhof 1927 vor dem Ausbau der Süsterstraße bis zum Schlosswall. Vorne verläuft die Kommenderiestraße.

Wo ganz früher die Schweine grunzten, schlürft heute die junge Szene karibisch angehauchte Cocktails.

Fotos:

Joachim Dierks

Rudolf Lichtenberg (aus: Rolf Spilker, Lichtenberg - Bilder einer Stadt, Band I)
Autor:
Joachim Dierks


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