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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Ärzte erfanden die Todesursache
Zwischenüberschrift:
Ein Stolperstein erinnert jetzt an Theodor Sternberg
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Theodor Sternberg war einer von 181 Patienten der Provinzial Heil- und Pflegeanstalt, die im April 1941 in einen der Busse steigen mussten, die den Gertrudenberg hinaufgefahren waren. Die Reise führte über einen Umweg mit Aufenthalt in Eichberg schließlich in die Tötungsanstalt Hadamar. Die Osnabrücker mussten sterben, weil sie psychisch krank oder geistig behindert waren. Einer von ihnen war Theodor Sternberg. Jetzt erinnert ein Stolperstein an ihn. Er war 72 Jahre alt, als er mit Gas ermordet wurde.
Die unfreiwilligen Fahrgäste wussten nicht, dass ihre Ermordung bereits vorbereitet war und zwar von einer eigens dafür einge richteten Verwaltung an der Tiergartenstraße 4 in Berlin. Adolf Hitler hatte für die Aktion T4″ eine Tötungs ermächtigung″ für psychisch Kranke und geistig Behinderte ausgestellt, denn diese Menschen galten der nationalsozialistischen Ideologie nach als unwertes Leben″. Die Nationalsozialisten sprachen von Rassenhygiene″ und beschönigten den Mord an 200 000 Menschen in mehreren Tötungsanstalten als Euthanasie (Sterbehilfe).
Von Theodor Sternberg sind nur wenige Lebensdaten überliefert. Er hatte an der Magdalenenstraße 4 gelebt, bis er im Juni 1927 in die Provinzial Heil- und Pflegeanstalt musste. Doch die Paten des Stolpersteins trugen bei der Verlegung vor, wie es den 181 Osnabrückern ergangen war: Schüler der 9a und 9b des Graf-Stauffenberg-Gymnasiums hatten sich im Religionskurs ein halbes Jahr lang mit der behördlich verordneten Mordwelle beschäftigt. Sophie Lasseur, Tom Janßen und Lasse Lindemann berichteten von ihren Recherchen.
Graue Busse holten die ahnungslosen Opfer nach sechs Wochen aus dem Zwischenlager Eichberg und brachten sie nach Hadamar, wo die Mörder bereits warteten. So beschrieb es die Schülerin Sophie Lasseur: Dort mussten sich die Patienten entkleiden, sie wurden einem Arzt vorgeführt, der ihre spätere Todesursache für die Sterbeurkunde bestimmte. Anschließend wurden die Menschen von Pflegern in die im Keller gelegene Gaskammer geführt.″ Die Angehörigen erhielten Trostbriefe mit den ausgedachten Todesursachen.
Allein während der ersten Mordwelle von Januar bis August 1941 starben in Hadamar 10 122 Menschen. Sophie Lasseur berichtete von einer Jubiläumsfeier zum 10 000. Vergasungstoten im August 1941. Dieses Ereignis wurde mit Musik und Freibier gefeiert, und der Leiter der Anstalt hielt eine Ansprache.″
Dies blieb der Öffentlichkeit nicht verborgen. Der Bischof von Münster, Clemens August Graf von Galen, hielt Predigten gegen das Treiben der Nationalsozialisten. Diese stellten die Aktion T4″ auch offiziell ein, doch ging es etwa in Hadamar 1942 mit der sogenannten wilden Euthanasie″ weiter: 1942 mussten dort weitere 4411 Menschen sterben. Dieses Mal ließ sie die Anstaltsleitung verhungern oder an überdosierten Medikamenten sterben.
Die Schülerin Cristina Aravena hatte eine Melodie komponiert, die sie bei der Verlegung des Stolpersteins an der Magdalenenstraße spielte und sie damit Theodor Sternberg widmete.

Bildtext:

Magdalenenstraße 4 hier war das Zuhause von Theodor Sternberg.

Foto:

Jörn Martens

Stolpersteine
Messingplatten in den Gehwegen erinnern an Opfer des Nationalsozialismus jeweils vor den letzten Wohn- oder Wirkungsstätten der verfolgten und ermordeten Menschen. Der Kölner Künstler Gunter Demnig ist Initiator des Projekts Stolperstein. Pate des Stolpersteins für Theodor Sternberg ist das Graf-Stauffenberg-Gymnasium (Fachbereiche evangelische und katholische Religion). Schüler des Berufsschulzentrums am Westerberg haben die Gedenktafel verlegt: Simon Bartsch, Jannik Hollenborg, Maurice Hüpel und Nico Seidel. Das städtische Büro für Friedenskultur nimmt für künftige Stolpersteine gern Hinweise von Zeitzeugen entgegen. Die Telefonnummer lautet 05 41/ 323-22 87.
Autor:
Jann Weber


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