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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Am Puls der Menschen und der Zeit
Zwischenüberschrift:
Rund um St. Johann: Zukunftsweisendes soziales Engagement über Jahrhunderte
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Kaplan Johannes Seling gründete eine Schule für benachteiligte Kinder.

Die Babyklappe am Kinderheim St. Johann: Ihre Einrichtung ist innovativ, wurde aber nicht nur innerhalb der Kirche kontrovers diskutiert. Fotos: Hermann Queckenstedt/ Gert Westdörp

Osnabrück. Marienhospital, Pflegeschule St. Hildegard, Behindertenhilfe, Caritasverband, Hospiz, Kinderhospital: Die Gebäudezeilen rund um die Stiftskirche St. Johann haben sich in 1000 Jahren zu einem sozialen Zentrum entwickelt, das sich heute innovativ und den Menschen zugewandt präsentiert.
Als Detmar von Osnabrück das Stift 1011 gründete, war diese Tendenz keinesfalls vorgezeichnet, denn ihm lagen eher Seelsorge und Bildung am Herzen. Seinerzeit gehörte es für einen Reichsbischof geradezu zum guten Ton, neue Klöster für die Orden oder Stiftskirchen für priesterliche Gemeinschaften zu errichten. Dabei konnten sich Detmar und seine Amtsbrüder durchaus an Kaiser Heinrich II. orientieren: Dieser verstand sich als Stellvertreter Christi auf Erden, errichtete mit dem Bamberger Dom als Zentrum sogar ein neues Bistum und " verbrüderte" sich 1005 in Dortmund mit 15 Reichsbischöfen.
Für Detmar indes war die Gründung von St. Johann wohl mit einem Spagat verbunden: Prof. Dr. Uwe Lobbedey vermutet als Archäologe, Bauhistoriker und bester Kenner der Dombaugeschichte, dass der Bischof zeitgleich auch ein Bauprogramm für den Osnabrücker Dom auflegte. Der Kathedrale vermachte er nach seinem Tode seine Bibliothek, um die Bildungsmöglichkeiten der Domschule zu verbessern, und hier ließ er sich auch vor dem Altar Crispins und Cris pinians begraben. Die parallele Zuwendung für den Dom würde auch erklären, warum die erste Johanniskirche vergleichsweise klein ausfiel zumindest im Blick auf so imposante Bauprojekte wie das von seinem Amtsbruder Bernward in Hildesheim erbaute Benediktinerkloster St. Michael.
Im weiteren Verlauf des Mittelalters war auch St. Johann bekannt für das hohe Bildungsniveau seiner Schule, und erst später entstanden hier mit der wachsenden Osnabrücker Neustadt wegweisende Sozialeinrichtungen. Einerseits war in der dünner besiedelten Neustadt mehr Bauland verfügbar als in der Altstadt. Andererseits gaben einzelne Kapitelsherren der Kirche wesentliche Impulse.
Modernes Armenhaus
So errichtete Stiftsdechant Dethard Sleter in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts mit dem Hakenhof an der Süsterstraße das seinerzeit modernste Armenhaus Osnabrücks, das seinen zwölf Bewohnern durch einen eigenen Herd und einen eigenen Garten ein eigenständiges Leben mit Hilfe zur Selbsthilfe ermöglichte. Weitere Stiftskanoniker folgten seinem Beispiel: 1505 gründete der Kantor Alev Kurre ein Haus für drei verarmte Frauen an der Goldstraße, und 1580 stifteten die Brüder Engelbert und Johann Münnich nach dem Sleter′schen Konzept ein Armenhaus an der Kommenderiestraße.
Nach der Aufhebung des Stiftes 1802 waren es Weihbischof Carl Anton Lüpke und Bischof Paulus Melchers, die mit dem neuen Waisenhaus an der Johannisstraße, häuslicher Krankenpflege durch Ordensschwestern aus Trier und vor allem durch das Marienhospital in der Mitte des Jahrhunderts soziale Not nachhaltig zu lindern suchten. Seit 1836 hatte zudem Kaplan Johannes Seling im Schatten der Johanniskirche eine Spinnschule für sozial benachteiligte Kinder gegründet, deren pädagogisches Konzept Selbstvertrauen und Eigenverantwortlichkeit der Jungen und Mädchen förderte. Parallel dazu blies er in einer ausgedehnten Reisetätigkeit zum " Feldzug" gegen den Alkoholmissbrauch, in dessen Verlauf er an 150 Predigt- und Agitationsorten 82 000 Mitglieder für die örtlichen Mäßigkeitsvereine akquirierte.
In der Gegenwart profiliert sich das Umfeld von St. Johann als Ort seelsorgerischer, den Nächsten naher und zugleich durchaus kontrovers diskutierter Innovationen: Dafür stehen die Babyklappe am Kinderheim und die neue Grundschule der abrahamitischen Religionen, die interreligiöse Integration auf der Basis eines profunden christlichen, islamischen und jüdischen Selbstverständnisses wecken möchte.
Autor:
Hermann Queckenstedt


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