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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Überschrift:
Mit dem "Cowmander" in die Zukunft
Zwischenüberschrift:
Ausgeklügelte Melktechnik auf dem Hof Bielefeld – 608 Betriebe und 26 591 Kühe im Osnabrücker Land
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Hell und luftig ist der Fischgrätmelkstand auf dem Hof Bielefeld. Hier melkt die Familie in zweieinhalb Stunden rund 250 Kühe. Die Melker stehen im Mittelgang. Fotos: Jan Ackmann

Weiolet Bielefeld im computergesteuerten Melkstand.

Christian Bielefeld mit der Kuh auf Du und Du.
Berge. So viel anders als Menschen sind Milchkühe nicht. Heimke zum Beispiel wohnhaft auf dem Hof Bielefeld in Dalvers bevorzugt auf dem " Fischgrätmelk-stand" meistens die rechte Seite. Da ist sie " Gewohnheitstier". Gerd Bielefeld, mit 70 Jahren ein Landwirt, der schon vielen Kühen in die Augen geschaut hat, bringt dafür das Verständnis eines langen Berufslebens auf. Er lässt die Kuh Kuh sein. Gemolken wird sie in einem Hightech-Milchstand. Die Anlage ist ein Faszinosum nicht nur für Städter.

300 Kühe leben auf dem Hof im Nordkreis. Sechs Jahre alt ist die Herde im Durchschnitt. Rund 18 000 Liter Milch geben die Tiere in zwei Tagen. Abgefüllt wird sie in einem 25 000-Liter-Stahltank. Beeindruckende Zahlen. Sie weisen den Hof Bielefeld als einen der größten und leistungsfähigsten Betriebe im Osnabrücker Land aus. Geführt wird er von Christian und Weiolet Bielefeld unter Mithilfe vom Seniorchef-Team Gerd und Gabriele Bielefeld. Hinzu kommen drei Auszubildende. Mehr Arbeitskräfte sind nicht nötig, um alle Kühe zweimal am Tag zu melken und um die Felder zu bestellen.

Möglich macht das eine ausgeklügelte Technik, wie Weiolet Bielefeld erklärt. Sie sorgt dafür, dass die Kühe weitgehend selbstständig zu ihren Melkplätzen finden. Menschen müssen kaum noch eingreifen. So gibt es am Kopf des " Fischgrätmelkstandes" zunächst eine Sammelstelle für 150 Tiere. Hier tritt der " Cowmander" in Aktion eine computergesteuerte Konstruktion. Er gibt den Kühen Signale und bewegt sie sanft in Richtung der in Fischgrätenform angeordneten und erhöht liegenden Melkplätze rechts und links des Stalles. Haben Heimke und Co. ihr Lieblingsplätzchen gefunden, treten die Melker in Aktion. Sie stehen im Mittelgang des Melkstandes und können den Tieren das Geschirr unterschließen ohne sich bücken zu müssen. Eine " Counterbalance" sorgt für die optimale Schlauchführung.

32 Kühen kann der Hof in einem Arbeitsgang die Milch " abzapfen". Nach zweieinhalb Stunden haben zwei Melker alle 250 Kühe etwa 50 sind im Schnitt trocken gemolken. Alle Tiere haben außerdem auf ihrem Rückweg die " Selektion" durchlaufen. Dort erkenne ein elektronisches System, welche Kuh in welchen Stall gehöre, erklärt Weiolet Bielefeld. Effektiver geht es kaum.

Damit nicht genug. Für jedes Tier lässt sich mittels weniger Knopfdrücke am Melkstand erkennen, wie viel Milch es gegeben hat. Falls es Abweichungen von der normalen Leistung gibt, kann der Melker sofort prüfen, ob die Kuh Probleme hat. Außerdem gibt es unter dem Melkstand einen Keller, wo Proben in trichterförmige Gefäße einlaufen. Auf diese Weise wird auch den Milchkontrolleuren die Arbeit leicht gemacht.

Was in der gesamten Anlage auf dem Hof Bielefeld garantiert nicht aufkommt, ist das klassische Kuhstall-Feeling. Die Ställe sind luftig und hell. Die Front des Melkstandes ist zudem verglast, der Boden gefliest, alles ist sauber. " Das war uns wichtig", sagt Weiolet Bielefeld, die mit ihrem Schwiegervater einen Großteil der Melkarbeit erledigt. Kuh-Komfort, der auch viele Besuchergruppen begeistert, die aus ganz Deutschland und Europa nach Dalvers anreisen, um sich den Betrieb anzusehen, der vor allem durch seine Zuchterfolge international bekannt geworden ist.

Damit aber immer noch nicht genug. Die Ruheplätze der Kühe sind mit Schaumstoff und Sägemehl gepolstert. Eine ausgetrocknete Wiese im Sommer ist da deutlich härter. Überdies gibt es für Kühe, die gekalbt haben, ein extra Strohlager. Noch mehr Kuh-Komfort.

Zur Modernisierung ihrer Anlagen hat sich die Familie Bielefeld ausgerechnet während der " Milchkrise" 2008 entschieden. Damals gingen die Preise in den Keller, teilweise gab es nur noch 22 Cent für einen Liter Milch. Doch die Bielefelds investierten und verhielten sich antizyklisch. Der neue Melkstand sei alternativlos gewesen, wie Christian Bielefeld betont. Der Hof sei ein Wirtschaftsbetrieb. Und wie alle Unternehmen müsse er sich weiterentwickeln, um konkurrenzfähig zu bleiben. Der züchterische Erfolg sei das eine, die betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten das andere. Wenn demnächst die Milchquote abgeschafft werde, dann werde sich der Strukturwandel weiter fortsetzen. Was dann zähle, seien Effektivität, Leistung, Qualität und auch Größe.

Was Christian Bielefeld mit " Strukturwandel" meint, belegen einige Zahlen aus dem Osnabrücker Land. Gab es 1960 noch 4219 Betriebe mit 29 044 Kühen, so waren es 2010 noch 608 Betriebe mit 26 591 Kühen. Diese Entwicklung wird weitergehen. Christian Bielefeld verweist dazu gern auf das Weser-Elbe-Dreieck. " Dort wären wir mit unseren 300 Milchkühen nur ein mittelgroßer Betrieb", erklärt der 43-Jährige.

Während Christian Bielefeld das sagt, kommt sein Vater ins Büro. Er kennt nicht nur die Gewohnheiten seiner Kühe. Er kennt auch andere Zeiten. Was seien die Landwirte früher stolz gewesen, wenn sechs oder acht Kühe im Stall gestanden hätten. Und heute? Da könnte kein Betrieb mehr mit so wenigen Kühen überleben. Das sei der Markt. Aber sein Sohn, der wisse das alles viel besser.

Zeitenwandel. Nur Heimke, die wird sich wohl nicht mehr ändern.


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