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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Überschrift:
Hinter der Fassade klingeln die Kassen
Zwischenüberschrift:
Schloss-Arkaden in Braunschweig
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. L+ T-Seniorchef Dieter Rauschen wählte 2004 im Streit um den Bau eines ECE-Einkaufscenters am Neumarkt einen drastischen Vergleich: Die Shopping-Mall würde auf Osnabrück wie eine " Atombombenexplosion" wirken. So gesehen muss Braunschweig 2007 mit dem Bau der Schloss-Arkaden eine Eruption dieser Kategorie erlebt haben. Aber von Ödnis ist vier Jahre später in der Stadt nichts zu sehen. Im Gegenteil.
Braunschweigs Innenstadt-Handel ist gegen den Bundestrend aufgeblüht. Um elf Prozent sind die Umsätze in der City seit 2003 gestiegen. Bundesweit auch in Osnabrück meldete der Einzelhandel eher stagnierende oder nur geringfügig um ein Prozent wachsende Umsätze.
Was ist in Braunschweig anders? Volkmar von Carolath, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Innenstadt Braunschweig (AAI), führt die positive Entwicklung in der Löwenstadt auf die " befruchtende, kontroverse Debatte um die Ansiedlung des ECE-Projekts Schloss-Arkaden" zurück. " Wir haben angepackt und uns der Herausforderung gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer, der Stadt und dem Stadtmarketing gestellt", sagt der Sprecher der City-Kaufleute.
ECE der Name steht für Einkaufs-Center-Entwicklungsgesellschaft platzte 2007 mit 30 000 Quadratmeter Verkaufsfläche in die Braunschweiger Innenstadt. Das bedeutete eine Verdoppelung der bisherigen Verkaufsfläche in der City. Kein Thema polarisierte die Stadt stärker als die Frage, ob und wo ECE mit dem Shopping-Raumschiff landen soll. Eine Bürgerinitiative rief zum Protest auf, der Einzelhandelsverband warnte vor dem Todesstoß für die City-Geschäfte, Umweltschützer beklagten den Verlust des Schlossgartens. Mit einer Stimme Mehrheit (CDU und FDP) stimmte der Stadtrat dem Bau der 200 Millionen Euro teuren Schloss-Arkaden im Schlossgarten am Rande der Fußgängerzone zu.
ECE ging erheblich in Vorleistung: Das Hamburger Familienunternehmen baute auf eigene Kosten die Vorderfront des im Krieg zerstörten Schlosses wieder auf, schuf darin Platz für das Stadtarchiv, Bibliotheken und städtische Kultureinrichtungen. Hinter der Fassade, fast unsichtbar, erstreckt sich der Konsumpalast bis in den früheren Schlosspark hinein.
Gewinner und Verlierer
Der vierspurige Bohlweg, der wie in Osnabrück der Neumarkt die Fußgängerzone scharf begrenzte und eine Barriere zum Schlosspark bildete, wurde zum offenen Vorhof des Schlosses. Nach dem Prinzip des " Shared Space" (Raum für alle) teilen sich Autofahrer, Straßenbahnen, Radler und Fußgänger den mehrere Hektar großen Platz. Er ist das Verbindungsglied zwischen der alten Fußgängerzone und dem neuen Gravitationszentrum.
Die Stadt Braunschweig, die IHK und der Einzelhandel trotzten ECE einiges ab, wie der Sprecher der Innenstadt-Initiative sagt. ECE musste eine Begrenzung der Sortimente im Center schlucken (zum Beispiel für Bekleidung, Schuhe, Leder und Gastronomie). Das Parkhaus, ursprünglich auf 2000 Stellplätze dimensioniert, wurde auf 1250 reduziert. 240 000 Euro zahlte ECE für den Aufbau eines neuen Stadtmarketings und unterstützt jetzt den laufenden Betrieb mit 30 000 Euro jährlich.
Frequenzmessungen hätten ergeben, dass mehr Kunden in die Stadt kommen, sagt von Carolath. Die Laufwege seien verschoben, ja, es strebten aber nicht alle nur den Schloss-Arkaden zu. " Die alten Trampelpfade sind geblieben, neue dazugekommen", sagt der Sprecher der Innenstadt-Initiative. Die Gesamtstadt habe von ECE profitiert, betont von Carolath, " absolut".
Er verhehlt aber nicht, dass es auch Verlierer in den Randlagen der City gibt. Das historische Magni-Viertel gleich nebenan etwa mit spezialisierten Geschäften habe gelitten und werde mithilfe der Quartier-Initiative Niedersachsen (" QiN") wieder versuchen, Anschluss zu gewinnen. Es gebe einen " gefühlten Leerstand" in der City, der " stets unter Beobachtung" stehe. " Die Ampel steht aber auf Grün", sagt von Carolath. Die Mieten lägen in der 1a-Lage " unverändert auf hohem Niveau", in den B-Lagen seien sie nach dem ECE-Bau leicht gesunken.
Mit den Schloss-Arkaden sei ein Ruck durch die Stadt gegangen, meint von Carolath. Die Kaufleute hätten ihre Mitarbeiter geschult, den Service verbessert und Geld in die Hand genommen. Carolath spricht von " erheblichen Folgeinvestitionen". Auch die Großen wie Galerie Kaufhof, Peek & Cloppenburg oder Karstadt steckten Millionen in ihre Braunschweiger Filialen. Die " Braunschweiger Zeitung" beziffert die Folgeinvestitionen im Umfeld des Centers auf eine halbe Milliarde Euro. Die kritischen Stimmen seien weitgehend verstummt, sagt Redakteur Norbert Jonscher.
Nur einer erhebt nach wie vor mahnend seine Stimme: Olaf Jaeschke Galerist, Ladeninhaber und Sprecher des Einzelhandelsverbandes –, betont, dass es zwei Sichtweisen zu der Entwicklung gebe. Volkswirtschaftlich betrachtet habe ECE der Stadt gut getan, im betriebswirtschaftlichen Blickwinkel sei aber eine Umverteilung des Umsatzes unübersehbar. Betroffen seien vor allem die inhabergeführten Betriebe, aber auch die Filialisten könnten sich dem Druck nicht entziehen. Einige Ketten seien doppelt vertreten, in der Stadt und im Center. Jaeschke: " Das treibt die Kosten und drückt die Rendite."
Ein Problem sind nach Jaeschkes Einschätzung die hohen Mieten, die nach der ECE-Ansiedlung angezogen haben nach Branchenangaben im Schnitt von 95 auf 110 Euro pro Quadratmeter. Jaesch ke setzt seine Hoffnungen auf die zweite Phase, wenn die ersten Mietverträge auslaufen und neue Verträge ausgehandelt werden. Das sei die Chance für einen " munteren Einzelhandel", für die pfiffige Modeidee oder den Schuhmachermeister mit Fantasie und Experimentierfreude.

Bildtext:

Im historischen Ambiente kann sich der Einzelhandel der Schloss-Arkaden entfalten. Auch zwei Braunschweiger Herzöge kehrten dafür an ihren ursprünglichen Standort zurück.


Foto: privat

Alle Beiträge auf
www.noz.de/ neumarkt

Kenndaten im Vergleich

Braunschweig

Einwohner:

244 783

Einzugsbereich:

eine Million Menschen

Kaufkraft

105, 9

Zentralität

145

Osnabrück

Einwohner:

163 376

Einzugsbereich:

800 000 bis eine Million

Kaufkraft:

99, 2

Zentralität

149

Die Handelszentralität zeigt das Verhältnis des Einzelhandelsumsatzes zur Kaufkraft am Ort an. Eine Ziffer über 100 bedeutet, dass der Umsatz über der Kaufkraft liegt. Je höher die Zahl, umso größer ist die Anziehungskraft einer Stadt für die Kunden aus dem Umland. Die Kaufkraftkennziffer zeigt den Wert einer Stadt im Vergleich zum Bundesdurchschnitt (100).
Autor:
Wilfried Hinrichs


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