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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Nicht wie bei armen Leuten
Zwischenüberschrift:
Das Katharinenviertel wartet auch schon 1905 mit hoher Wohnqualität auf
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Mit herzlichen Grüßen an die liebe Änne in Hannover teilt die unbekannte Absenderin dieser Ansichtskarte am 28. Juni 1905 mit, dass sie nach sechswöchiger Abwesenheit in ihre Wohnung Herderstraße 20 zurückgekehrt ist. Wenn sie heute zurückkäme, würde sie sich vermutlich im Katharinenviertel auch noch zurechtfinden, anders als an fast jeder anderen Stelle Osnabrücks.
Von Joachim Dierks - Wenn die höher gewachsenen Bäume, die Autos und noch ein paar aktuelle Zutaten der Jetzt-Zeit nicht wären, könnte man beim Vergleich dieser Bilder annehmen, die Zeit sei stehen geblieben. Das Viertel erlitt im Zweiten Weltkrieg bis auf vereinzelte Ausnahmen keine Bombenschäden. In den 1980er-Jahren entwickelte es sich zu einer Hochburg der alternativen Szene. Die Nähe zur Universität und die vergleichsweise günstigen Mieten in den Altbauten sorgten für studentischen Zulauf.
Nachdem Einzelhäuser und Ensembles unter Denkmalschutz gestellt worden waren, ging eine neue Eigentümergeneration mit Stilempfinden für die Gründerzeitarchitektur und entsprechenden Geldmitteln zu niveauvollen Renovationen über. Wenn die Malergerüste fielen, schälte sich eine stilecht aufgefrischte Fassade noch schöner als die nächste hervor. Der Charakter des Viertels wandelte sich in den vergangenen 25 Jahren. Professoren und andere Gutverdiener kamen, während für viele Studenten der renovierte Wohnraum nicht mehr bezahlbar war.
Das gehobene Bürgertum war es auch schon gewesen, das in der Gründerzeit die westliche Stadterweiterung auf dem ehemaligen Gartenland zwischen Lotter und Martinistraße vorangetrieben hatte. 1869 wurde ein erster Bebauungsplan mit der Katharinenstraße als zentraler Achse aufgestellt, von Ost nach West schritt die Bebauung zügig voran. Wie in vielen deutschen Großstädten wurde das " Westend" zu einer bevorzugten Wohnlage. Beim vorherrschenden Westwind musste das Publikum nicht unter den Abgasen leiden, die ungefiltert aus den Schloten des Stahlwerks und der Fabriken strömten.
Rechtsanwalt Jochen Niemann bewohnt heute das Haus Katharinenstraße 50. Historisch interessierten Gästen zeigt er gern seinen Keller. Ein Kellerraum ist komplett bis unter die Decke gefliest - die Kellerküche. " Das war ja nicht wie bei armen Leuten hier", sagt er und weist auf die Haken unter der Decke, an denen man das Wild abhängen ließ, " hier unten bereitete das Küchenpersonal die Gerichte zu, im Erdgeschoss speisten die Herrschaften. Oben unter der Dachschräge waren die Zimmer der Bediensteten."
Zur Wohnqualität trägt heute auch das großenteils verkehrsberuhigte Wohnumfeld bei. Katharinenstraße und Augustenburger Straße wurden zu Fahrradstraßen umgewidmet, auf denen Autos nur untergeordnet geduldet werden. Die seit 2000 mit historischem Kopfsteinpflaster wiederhergestellten Querstraßen sind als verkehrsberuhigte Zonen mit maximal 7 km/ h ausgewiesen. Probleme gab und gibt es, wenn Radfahrer sich nicht daran halten und direkt vor den Hauseingängen auf den glatt gepflasterten Gehwegen entlangflitzen. Denn das Kopfsteinpflaster in Straßenmitte ist bei Radfahrern nicht sonderlich beliebt. Ein Kompromissvorschlag, die Fugen mit Bitumenmasse auszugießen, kam bei den Denkmalschützern nicht gut an, und so ist alles beim Alten geblieben.

Bildtext: Der Blick in die Herderstraße in Richtung Martinistraße auf der Ansichtskarte von 1905 offenbart viele Gebäude, die das Jahrhundert der Kriege bis heute überlebt haben. Vorne quer verläuft die Katharinenstraße. Aus der Sammlung Dieter Mehring, Moers
Autor:
Joachim Dierks
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