User Online: 2 | Timeout: 23:33Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Völkerhaft für Honigbienen
Zwischenüberschrift:
Wie die Amerikanische Faulbrut bekämpft wird
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Bei Faulbrutbefall - unser Bild zeigt allerdings gesunde Waben und Bienen - müssen die erwachsenen Immen von jedem einzelnen Rahmen abgefegt und in spezielle Plastikboxen gesperrt werden. Die Waben mit der Brut werden dann komplett vernichtet. Archivfoto: Klaus Lindemann

Bissendorf. Tierseuche, Sperrbezirk - das klingt bedrohlich. Am Donnerstag stand sie in der Zeitung, die " Tierseuchenbehördliche Verordnung des Landkreises Osnabrück zum Schutz gegen die Amerikanische Faulbrut der Bienen". Hintergrund: Seit Ende März war diese bakterielle Infektionskrankheit in zwei Bienenständen in Bissendorf festgestellt worden. Einer davon ist bereits saniert.

Von Angelika Hitzke - Für Menschen und für erwachsene Bienen ist die im Unterschied zur harmlosen Europäischen Faulbrut auch " bösartige" Faulbrut genannte Krankheit völlig ungefährlich, sagen Experten. Das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) weist ausdrücklich darauf hin, dass der Honig auch aus befallenen Bienenstöcken völlig bedenkenlos verzehrt werden kann. Betroffen sind ausschließlich die Bienenlarven.
Die Amerikanische Faulbrut ist deshalb so verheerend, weil sie den Nachwuchs der fleißigen Honigsammler vernichtet: Sie befällt die ältere Bienenbrut, also jene Larven, die sich in einer bereits mit einem Wachsdeckel verschlossenen Brutzelle befinden, die sogenannten Streckmaden. Die Bakterien lösen die gesamte Körperstruktur der Larven nach und nach auf; übrig bleibt nur eine zähe, braune, schleimige Substanz.
" Die größte Gefahr ist, dass dadurch die Bienen aussterben können", sagt Hiltrud Schrandt, Pressestellenleiterin des Laves und seiner " Task Force Veterinärwesen". Und das hätte schlimme Folgen für die gesamte Vegetation, weil die wichtigsten Bestäuber fehlen.
Deshalb sei der Ausbruch dieser Bienenseuche anzeigepflichtig. In dem dann eingerichteten Sperrbezirk müssen Vorkehrungen getroffen werden, damit sich die Krankheit nicht durch Tiere, die sich verfliegen oder die in den Stöcken schwächerer Bienenvölker auf Raubzug gehen, noch ausbreitet.
Kunstschwarmverfahren
Noch vor einigen Jahrzehnten wurde bei Faulbrut-Befall das ganze Bienenvolk getötet. Mit dem seit Jahren üblichen Kunstschwarmverfahren können die erwachsenen Bienen gerettet werden, erläutert Hiltrud Schrandt. Kunstschwarm - was ist das denn? " Das Ausschwärmen der Bienen wird künstlich herbeigeführt, um die erwachsenen Tiere von der Brut zu trennen", erklärt Landkreis-Pressesprecher Jürgen Menkhaus.
Zweitägige Hungerphase
Hiltrud Schrandt und der Bissendorfer Imker Heinrich Timmer, zugleich ausgebildeter Seuchenwart seines Imkervereins, beschreiben, wie das vor sich geht: Sämtliche Wabenrahmen werden aus den Bienenkästen geholt und die erwachsenen Tiere in saubere Plastikboxen abgefegt. " Dort kommen sie in Völkerhaft", sagt Schrandt und betont: " Wichtig ist die zweitägige Hungerphase. Bienen koten niemals in geschlossenen Räumen, nur im Flug. Und sie haben ein großes Hygienebedürfnis. Wenn sie in der Box eingesperrt sind, putzen sie sich unentwegt. Sie reinigen sich so selbst und werden dann nach den zwei Tagen in eine neue Beute einlogiert." Auf diese Weise ist sichergestellt, dass keine Sporen mit Faulbruterregern in den neuen Stock kommen.
Mit Königin, aber ohne Waben, müssen sie dort ganz von vorn anfangen mit dem Anlegen von Brutzellen und Vorratskammern, also den Honigwaben. Eben wie ein natürlich ausgeschwärmtes Volk, dass den alten Stock, die Beute, wegen Übervölkerung verlassen hat und andernorts einen neuen Bienenstaat aufbaut.
Die befallene Brut wird getötet, indem die Rahmen in kochendes Wasser getaucht werden. " Die Beuten werden ausgekocht in Ätznatronlösung", sagt Imker Heinrich Timmer, " das löst auch Propolis auf." Das müsse sein, denn die Sporen der Faulbrut " sind sehr widerstandsfähig: Die halten sich 50 bis 60 Jahre im Kasten, wenn man das nicht macht."
Wenn solche nicht desin fizierten Kästen vielleicht nach Jahrzehnten mal vom Enkel wieder für die Imkerei benutzt werden, flammt die Seuche wieder auf. Andere mögliche Ursachen für den Ausbruch der Amerikanischen Faulbrut seien das Verfüttern von ausländischem Honig an die Bienen oder die " stille Räuberei", also der allmähliche, aber massenhafte Eintrag von Sporen aus befallenen Beständen. " Die Sporen können drei, vier Jahre im Bestand sein, ohne dass Sie was merken", so Timmer.
Erst wenn eine bestimmte Zahl erreicht ist - der Veterinär des Landkreises spricht laut Menkhaus von einem halben Pfund Sporen - bricht die Krankheit aus.
Der Imker hat dann den Schaden, nämlich die Arbeit und die Kosten für Schutzkleidung, - handschuhe, - brille, Ätznatron und neue Kästen. Und den Minderertrag, weil die geretteten erwachsenen Bienen erst einmal damit beschäftigt sind, neue Waben zu bauen und für Nachwuchs zu sorgen, statt Honig zu produzieren.
Laut Schrandt sind derzeit in Niedersachsen nur vereinzelt weitere Fälle von Faulbrut gemeldet. Das sah Mitte der 90er-Jahre noch ganz anders aus, als die Amerikanische Faulbrut ein " flächendeckendes Problem" war. Das ständige " Monitoring", also die regelmäßigen Bestandskontrollen durch Imker mit tierseuchenspezifischer Zusatzausbildung, verhindere das jetzt. Im Osnabrücker Land gibt es laut Timmer in fast jedem Verein so einen Fachmann - noch. Denn auch den Imkern fehlt der Nachwuchs: " Das Durchschnittsalter ist 65 Jahre."
Autor:
Angelika Hitzke


Anfang der Liste Ende der Liste