User Online: 3 | Timeout: 15:18Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Nordseefisch an den Herrenteichen
Zwischenüberschrift:
Hier residierte das bodenständige, hart arbeitende Kleinbürgertum
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Von der Bebauung ist nichts geblieben, vom Pflaster auch nicht, aber den Straßenverlauf kann man wiedererkennen. Die historische Aufnahme zeigt die an dieser Stelle eine enge Kurve beschreibende Herrenteichsstraße und die von hinten rechts einmündende Stubenstraße um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert.
Wie für die kleineren Gassen typisch, kommen die Häuser hier eher schlicht und schmucklos daher. Das zweieinhalbgeschossige Bürgerhaus mit Krüppelwalmdach links im Bild etwa hat wenig gemein mit den reich verzierten Renaissance-Fachwerkgiebeln in der Bierstraße oder den prachtvollen klassizistischen Steinbauten in der Großen Straße, in die das zu Wohlstand gekommene Bürgertum seinen ganzen Stolz gelegt hatte.
Dieser Abschnitt der Herrenteichsstraße abseits der Standard-Postkarten-Motive steht für das bodenständige, hart arbeitende Kleinbürgertum, dem Möglichkeiten zur Entspannung dennoch nicht fehlten. Hotel und Restaurant " Hannoversches Haus" in der Bildmitte geben davon Zeugnis. Der Platz innerhalb der Stadtmauern war immer knapp. Um das Raumangebot für die Gäste vergrößern zu können, wurde ein kleiner würfelförmiger Anbau auf das Gehsteig-Dreieck gesetzt.
Auch bei diesen einfachen Bürgerhäusern sind die Fenster des Parterre-Geschosses nach unten verlängert. Als eine Vorstufe zu größeren, vor allem breiteren Schaufenstern in den Hauptstraßen erlaubten sie den Gewerbetreibenden auch in solchen " B-Lagen", den Passanten ihre Dienste schmackhaft zu machen. Sei es der Kurierdienst " Cito" links in Hausnummer 26, das Restaurant, das Einblicke in seine Gasträume gewährt, oder, am rechten Bildrand, die " Nordsee-Fischhalle" von Fritz Vesper.
Ob sich seine Fische nahe den historischen Herrenteichen besonders wohlfühlten? Der Straßenname geht auf Teiche zurück, für die nur die (Dom-) Herren Angelscheine besaßen. Um 1400 wurde das Gebiet trockengelegt und bebaut. Archäologische Grabungen im Zuge von Schachtarbeiten für die neue L & T-Tiefgarage lieferten in jüngster Zeit genauere Aufschlüsse über die Lage der Teiche. Die Grabungen wurden finanziell unterstützt von der bis heute existierenden Herrenteichslaischaft, einem genossenschaftsähnlichen Zusammenschluss von Bürgern des Stadtteils, die sich um eine geregelte Weidewirtschaft vor den Toren der Stadt kümmerten.
Nach dem Ersten Weltkrieg erfuhr der abgebildete Bereich eine städtebauliche Aufwertung, indem das Möbel-, Teppich- und Tapetenhaus Schauenburg & Lambrecht alle abgebildeten Häuser übernahm und mit einheitlichen, vergrößerten Schaufenstern ausstattete. Fritz Vespers Fischhalle wurde abgerissen und an die Stelle 1929 das " Hansahaus" mit architektonischen Anklängen an die Treppengiebel norddeutscher Hansestädte gesetzt. Das Haupthaus von Schauenburg & Lambrecht an der Großen Straße 37/ 38 wurde bei einem Bombenangriff 1942 ebenso zerstört wie die Häuser Herrenteichsstraße 25 und 26. Nur das Hansahaus überlebte den Krieg. Nachdem beide Söhne des Firmengründers Ernst Schauenburg im Krieg gefallen waren, stellte das Möbelhaus nach 1945 bald die Geschäfte ein.
Es war etwas Besonderes, wenn sich ein Fotograf vor hundert Jahren mit seiner Strahlenfalle auf dem Pflaster aufbaute. Die Zimmermädchen im Hotel verfolgen interessiert, was da unten vor sich geht, und die beiden Kinder bekamen wohl die Anweisung, sich bloß nicht zu bewegen, damit sie nicht unscharf werden. Es wäre ja auch zu schade um das hübsche Schürzenkleidchen und den Matrosenanzug gewesen. Matrosenanzüge waren in der Kaiserzeit beliebte Kleidungsstücke für Knaben, mit Rock statt Hose auch für Mädchen. Die allgemeine Begeisterung für den Aufbau der Kriegsflotte, für " Deutschlands Geltung zur See" spiegelte sich darin wider. In der NS-Zeit wurde das verniedlichende Matrosen-Outfit als bürgerlich-dekadent abgelehnt. Donald Duck und die Wiener Sängerknaben scherten sich nicht darum. Sie treten bis heute als Matrosen auf.

Bildtext:

Um die Jahrhundertwende reihten sich einfache Bürgerhäuser entlang der Herrenteichsstraße und an der von rechts hinten einmündenden Stubenstraße.

Foto:

Archiv Neue OZ
Autor:
Joachim Dierks


Anfang der Liste Ende der Liste