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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Die Toten sind unter uns
Zwischenüberschrift:
Ausstellung der Grabplatten im Chorumgang der Kirche St. Marien eröffnet
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. " Darf man denn da einfach so drübergehen?", fragt eine Besucherin beim ersten geführten Rundgang durch die Ausstellung in der Marienkirche, die den Grabplatten im Chorumgang gewidmet ist. Die Frage ist naheliegend, die Antwort jedoch komplex und erschließt sich erst am Ende der Führung.
Natürlich treibt die Sorge um den Erhalt der Sandstein-Kunstwerke den Kirchenvorstand und die Kuratoren der Stiftung St. Marien um, gleichzeitig aber auch der Wunsch, sie mehr ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und wissenschaftlich erforschen zu lassen. Der Sandstein aus den Baumbergen bei Münster oder aus Ibbenbüren ist weich und damit vergänglich. Sonst hätten die Steinmetze nicht so kunstvoll Wappen-Reliefs und gotische Schriftzeichen herausarbeiten können. " Wenn man Glasplatten als Schutz darüberlegen würde, ginge die unmittelbare Nähe zu unseren Vorgängern in der Mariengemeinde verloren", sagt Kirchenvorstand Ina-Alexandra Weymann.
Die Ausstellung trage nicht umsonst den Titel " Die Toten sind unter uns", ergänzt Stiftungskurator Heinrich Frömbling: " Die Stifter der Platten wollten, dass wir uns an sie erinnern, uns mit ihnen auseinandersetzen. Sie wollen uns im Wege stehen." Dass der direkte Kontakt über Fuß- oder Schuhsohlen den Verschleiß fördert, ist unbestritten. " Manche sagen, das muss und soll so sein", berichtet Frömbling, " irgendwann sollte die Vergänglichkeit auch unsere prominenten Toten einholen." In früheren Jahrhunderten habe es ein pragmatisches " Recycling" gegeben: Die Platten wurden umgedreht und erneut beschriftet.
Ein mögliches Missverständnis aufgrund des Ausstellungsnamens räumt Frömbling sogleich aus: " In keinem Falle ruhen die Gebeine der Toten unter den Platten, wir gehen hier nicht über Leichen." Früher lagen die Platten im ganzen Kirchenschiff verstreut. Fußbodenarbeiten nach dem Krieg und nach dem Einbau der Heizung seien Anlässe gewesen, die Platten nach und nach im Chorumgang zu konzentrieren, und zwar einheitlich nach Osten ausgerichtet.
Natürlich geht das Bestreben heute dahin, den Verfall der Platten aufzuhalten, damit ihre Botschaften noch lange lesbar bleiben. Die Materialforschung stelle chemische Substanzen bereit, die die Steinoberfläche konservieren, sagt Geschichts-Professorin Gudrun Gleba. Das sei jedoch nicht ihr Ansatz. Sie habe mit den Studierenden des Historischen Seminars der Universität Osnabrück den Bestand katalogisiert.
" Lege viator" (" Lies, Wanderer!") wird der Nachgeborene etwa auf der Gedenkplatte für Justus Möser aufgefordert, " und genau das haben meine Studenten gemacht", sagt die Professorin. Acht Studierende entzifferten zwei Semester lang Inschriften und deuteten Ornamente, leuchteten aus und fotografierten, maßen Kantenlängen und suchten Steinmetzzeichen, interpretierten Inhalte und verglichen sie mit Forschungsergebnissen in Archiven. Herausgekommen ist nicht nur die Ausstellung mit Begleittexten und Hör-Stationen (noch bis zum 3. April), sondern auch ein mehr als 100-seitiger Begleitband.
Die angehende Kunsthistorikerin Swana Wilken ist eine der Studierenden, die die Grabplatten erforscht und die Ausstellung erarbeitet haben. Mit einer Taschenlampe leuchtet sie das Ornament eines Totenschädels seitlich an, damit es plastischer hervortritt, und erklärt den Stiftern und Gemeindemitgliedern in ihrer Gruppe die Symbolsprache. " Nach der ganzen Arbeit ist man natürlich gut im Thema drin und braucht sich auf die Führung nicht mehr besonders vorzubereiten", sagt sie, " trotzdem habe ich ordentlich Lampenfieber".
Es klappt gut, keinem der Besucher bleibt sie eine Antwort schuldig. Auch nicht auf die Frage nach der Vergänglichkeit und dem ewigen Leben.

Bildtext:

Grabplatten erzählen Geschichte: Eine Gruppe besucht die Ausstellung " Die Toten sind unter uns - Verstorbene erzählen ihre Geschichte".

Foto:

Swaantje Hehmann
Autor:
jod


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