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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
33 Drehorgel-Spieler dudelten beim Herbst-Jahrmarkt
Zwischenüberschrift:
Osnabrück im Oktober 1910
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Von Christiana Keller - Osnabrück. Im" Osnabrücker Tageblatt" wurde 1910 daran erinnert, dass es genau 100 Jahre her war, seit man zum ersten Mal aus Rüben Zucker gewonnen hatte. Vor dieser Zeit gab es nur den Rohrzucker, der aber für das Budget gering verdienender Menschen unerschwinglich gewesen war. Der Zucker wurde damals als Arzneimittel in Apotheken verkauft. Dem französischen Chemiker Devaux war 1810 die Raffinerie zuerst gelungen. Seitdem wuchs die Zahl der Zuckersiedereien in aller Welt und auch im Deutschen Reich und damit der allgemeine Zuckerkonsum.
Öffentlich beschwerten sich zahlreiche Autofahrer, deren Wagen von Knaben mit Steinen beworfen worden waren. In Sutthausen hatten 12-jährige Schuljungen einen Fahrzeugführer in voller Fahrt an der Schulter getroffen, der daraufhin seine Reise nicht fortsetzen konnte. Da Gefahr für Leib und Leben mit diesen üblen Scherzen verbunden war, wurden die Eltern in der Lokalzeitung an ihre Haftung gemahnt und die Lehrer aufgerufen, der Unsitte Einhalt zu gebieten.
Bewegte Bilder
Ein neues Theater für bewegte Bilder eröffnete an der Großen Straße in den Räumen des alten" Olympia-Kinemathographen". Auch Bilder aus Osnabrück wurden dem Publikum präsentiert, darunter Aufnahmen bekannter Osnabrücker Originale wie des" alten Lehmann" und eines Zeitgenossen, den man unter dem Namen" Oha! Susanna" kannte.
Die Firma Amazone lieferte ihre 30 000. Kornreinigungsmaschine aus und feierte das Ereignis zusammen mit der Belegschaft, damals rund 150 Arbeitern und Angestellten. Der Familienbetrieb bestand schon über 100 Jahre, davon 27 Jahre im neuen Werk in Gaste. Seit 1895 arbeitete man mit 45" Kraftmaschinen".
In einem Hotel hatte ein Kurzschluss eine Kettenreaktion von Stromausfällen ausgelöst. Die bereits ausgemusterten Petroleumlampen wurden schnell in Geschäftshäusern und Gaststätten wieder eingesetzt, und das Theater unterbrach die Lohengrin- Darbietung für mehr als eine Stunde. Nur die" Elektrische" bimmelte weiter durch die Stadt, ihre Stromzufuhr erfolgte über ein eigenes Netz.
Wie in vielen Städten bestand auch in Osnabrück ein Kinderhospital, das jährlich seinen Tätigkeitsbericht veröffentlichen musste. 249 Kinder waren im Vorjahr behandelt worden. Der Freibettfonds zeigte sich durch Stiftungen, Vermächtnisse und Schenkungen gut bestückt. An achter Stelle in der Reihe der größeren Städte stand Osnabrück mit seinem Gesundheitswesen, verkündete Oberbürgermeister Rißmüller stolz. Die Gesamtsterblichkeit der nunmehr 66 000 Einwohner belief sich bei 2092 Geburten auf nur 894 Menschen.
Der Geheime Kommerzienrat Dr. Haarmann hatte nach seinem runden Geburtstag im Vormonat sein Gleismuseum der Eisenbahnverwaltung zum Geschenk gemacht. Er wurde daraufhin für sein Lebenswerk und diese großzügige Gabe vom Kaiser mit dem Roten Adlerorden der 3. Klasse geehrt. Das Gleismuseum sollte alsbald nach Berlin umsiedeln.
Der Ehrung folgte so manche Feierlichkeit, woran auch der Eisenbahnminister teilnahm. Die Herren aus Berlin überraschten Haarmann und Rißmüller mit einer Gegengabe. Der Herr Minister versprach, die Kosten der Bahnverbindung zwischen dem künftigen Hafen der Stadt und dem Rangierbahnhof im Fledder zu übernehmen.
Über die Osningstraße hin aus waren die Gleisbauarbeiten der Straßenbahn auf der Johannisstraße schon nach wenigen Wochen gediehen. Bald würden die Osnabrücker bis an den Schölerberg mit der Straßenbahn fahren können.
Täglich 40 Liter Bier
Ganze 33 Drehorgeln mussten die Besucher des Herbstmarktes rund um den Dom und den Marktplatz verkraften. Für die Einheimischen und die Marktleute vom Lande gehörte der Lärm aber zu den bunten Handelstagen dazu. Petrus hatte ein Einsehen und stoppte den Regen. Dicht drängten sich die Besucher um die Stände und in den Gasthäusern der Stadt. Auch die Kaufhäuser profitierten, die neue Herbst- und Winterware wurde besonders günstig angeboten.
Die Sensation auf diesem Herbstmarkt bildete ein 30-jähriger Kölner mit dem Künstlernamen" Cannon", der im Westfälischen Hof" zu besichtigen" war. Er brachte 562 Pfund auf die Waage und benötigte einen besonderen Eisenbahntransport im Packwagen sowie spezielle Bett- und Möbelkonstruktionen. An seinen Mahlzeiten lag Cannon nicht viel, jedoch trank er pro Tag rund 40 Liter Bier. Deshalb hatten nicht nur die Wirte Interesse an dem Koloss, auch die Mediziner.
Ein Nähmaschinengeschäft an der Großen Straße warb für nationale Produkte. Im Sinne des Kriegsministers, verkündete die Anzeige, gebühre der deutschen Nähmaschine der erste Platz. Mit" Singer" Maschinen werde ein amerikanisches Unternehmen unterstützt. Dass in deutschen Lehranstalten, Fabriken, Klöstern und Behörden amerikanische Maschinen verwendet würden, sei eine Schande. Der Aufruf wandte sich an" gut gesinnte Hausfrauen, edel denkende Arbeiter und deutsch gesinnte Beamte".

Autor:
Christiana Keller


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