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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Eine Heuschrecke will Arbeitsplätze sichern
Zwischenüberschrift:
Trotzdem könnte Investmentfirma mit ihren Karmann-Plänen scheitern
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Rund 1800 Euro verdient eine Verkäuferin, auf 500 Euro mehr bringt es ein Krankenpfleger. Während in beiden Berufen Stress und Überstunden dazugehören, lassen andere einfach Geld für sich arbeiten. So wie Investmentfirmen. Jetzt hat eine von ihnen ihr Interesse für eine Osnabrücker Firma entdeckt. Die Pläne sind vielversprechend - und machen manchen trotzdem Angst.
Von Stefan Prinz - Spätestens seit der sogenannten Heuschrecken-Debatte vor einigen Jahren haben Finanzinvestoren ein eher fragwürdiges Image. Allzu oft wurde ihnen nachgesagt, dass sie sich nur in Firmen einkaufen, um sie später auszusaugen. Ohne Rücksicht auf Arbeitsplätze und Betrieb. Dieses Geschäftsmodell verspricht offensichtlich hohe Gewinne: " Deutlich zweistellige Rendite-Erwartungen sind in der Branche nicht unüblich", so Mirko Kohlbrecher von der Osnabrücker Vermögensberatung Spiekermann.
Den amerikanischen Finanzinvestor Globtec würden viele als eine solche Heuschrecke bezeichnen. An seinem Europasitz im hessischen Wiesbaden verfügt das Unternehmen zwar über keinen eingetragenen Telefonanschluss, dafür aber offensichtlich über sehr viel Geld. Nach eigenen Angaben hat die Firma gezeichnetes Aktienkapital von 100 Millionen Dollar.
Große Pläne
Die Finanzspezialisten verfolgen große Pläne - und wollen sie mithilfe eines Osnabrücker Traditionsunternehmens Wirklichkeit werden lassen. In der vergangenen Woche hat Globtec ein Gebot für die zum Verkauf stehende Dachsparte des insolventen Osnabrücker Automobilzulieferers Karmann vorgelegt.
Aus gut informierten Kreisen heißt es, die Angebote für die Sparte mit ihren rund 700 Arbeitsplätzen in Osnabrück und im polnischen Zary liegen zwischen 10 und 20 Millionen Euro. Ko-Geldgeber von Globtec ist ein nicht näher genannter chinesischer Autozulieferer, der ins Geschäft mit den Cabrio-Dächern einsteigen will, verrät Globtec-Sprecher Peter Basler. Die Pläne scheinen so gar nichts mit den vermeintlich rücksichtslosen Zielen eines Finanzinvestors zu tun zu haben. " Wir wollen alle Arbeitsplätze übernehmen, vor Ort sichern und planen außerdem, einen weiteren Standort im asiatischen Raum zu eröffnen", so der Globtec-Sprecher. Einziger Haken: Das Angebot kommt spät. Möglicherweise zu spät. Der Bieterprozess steht kurz vor dem Abschluss.
Globtec glaubt aber trotz des späten Einstiegs an den Erfolg im Ringen um die Karmann-Sparte: Das beste Konzept werde den Insolvenzverwalter sicher überzeugen, gibt man sich selbstbewusst. Im Lager von Insolvenzverwalter Ottmar Hermann gibt man sich dagegen zurückhaltend. Selbst den Angebotseingang wolle man weder bestätigten noch dementieren, erklärt sein Sprecher.
Trotz des Globtec-Plans, nicht nur die gefährdeten Arbeitsplätze zu sichern und die Firma weiter auszubauen, schwingen offensichtlich die üblichen Ängste mit, die Finanzinvestoren umgeben. Möglicherweise aus gutem Grund: In der Vergangenheit gab es zahlreiche Fälle, bei denen Investmentfirmen Unternehmen gekauft haben, ohne selbst über das nötige Kapital zu verfügen. Zu den wohl spektakulärsten Fällen der vergangenen Jahre zählte die Übernahme des schwäbischen Modeunternehmens Hugo Boss durch den britschen Beteiligungskonzern Permira im Jahr 2008. Damals musste der Modekonzern Schulden machen, um seinem neuen Eigentümer eine satte Sonderdividende zahlen zu können. Der Finanzinvestor hatte auf die Ausschüttung dieses Geldes und auf eine deutlich höhere Verschuldung gedrängt. Unter anderem, um den milliardenschweren Kauf der Hugo-Boss-Mutter Valentino teilweise zu refinanzieren. In diesem Fall hatte die Übernahme dazu geführt, dass das florierende deutsche Mode-Unternehmen ernsthaft ins Taumeln geriet.
Kurzum: " Manche Investmentfirmen kaufen ein Unternehmen und hinterlassen diesem dann zumindest einen großen Teil des Kaufpreises als Schulden", weiß Finanzspezialist Kohlbrecher. Die Firma muss somit ihren eigenen Kauf bezahlen. Wer die Geldgeber der Investmentfirmen sind, bleibt meist völlig im Dunkeln, so Kohlbrecher.
Ob Globtec mit ihren chinesischen Geldgebern in Osnabrück wirklich zum Zug kommen, darf derzeit bezweifelt werden. Sicher dürfte hingegen sein, dass die Amerikaner mit Karmann mehr Geld verdienen wollen, als es eine Verkäuferin mit viel Stress undÜberstunden jemals könnte.

Autor:
Stefan Prinz


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