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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Der Westerberg wird Wohngebiet
Zwischenüberschrift:
Blick in die Albrecht- und Schoellerstraße: Ein Schnappschuss von 1938
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
jod Osnabrück. Ob der forsch ausschreitende Herr auf dem Bild von 1938 oder aus den Jahren danach der stolze Bauherr des gerade neu errichteten Eckhauses Albrechtstraße/ Schoellerstraße ist, wissen wir nicht. Wir verdanken ihm jedenfalls einen seltenen Vorkriegsblick die Albrechtstraße hinab Richtung Hafen und Piesberg.
Der Schnappschuss von 1938 galt vermutlich neben der unbekannten Person der gerade begonnenen Bebauung des Westerberg-Nordhangs. Die Schoellerstraße hieß damals noch Litzmannstraße nach dem Infanteriegeneral des Ersten Weltkrieges und späteren NSDAP-Politiker Karl Litzmann (1850 bis 1936). Eine Wohnungsbaugenossenschaft für Kriegsteilnehmer organisierte hier wie in der parallel verlaufenden Dietrich-Eckart-Straße den Eigenheimbau. Namensgeber Eckart war ein früher Vertrauter Hitlers.
Die Straßennamen waren ideologisches Programm und lassen erkennen, wie sehr die NSDAP den Siedlungsbau förderte. Die ersten Häuser hatten noch Zentralheizungen. Ab 1938 war es damit vorbei. Heizkörper und Installationsrohre waren nicht mehr erhältlich, der Metall-Hunger der Rüstungswirtschaft genoss Vorrang. Einzelöfen wurden wieder zum Standard.
Wie bei jedem Regimewechsel wurden auch 1945 ideologische Straßennamen entsorgt. Die Litzmannstraße wurde zur Schoellerstraße, benannt nach der Papierfabrikanten-Gattin und ersten Ehrenbürgerin Osnabrücks, Agnes Schoeller (1861 bis 1945). Die Dietrich-Eckart- wurde in Reimerdesstraße umgetauft, nach dem Stadtsyndikus und Senator Max Reimerdes. Beide Straßen sind heute beliebte, ruhige Wohnstraßen.
Auf dem aktuellen Bild ist mit Mühe der Giebel des Eckhauses der Schoellerstraße am rechten Bildrand zu erkennen. Der Vergleich zeigt wieder einmal, vor welchen Problemen der Fotograf häufig steht, wenn er versucht, die historische Perspektive in die Jetzt-Zeit zu übertragen. Auch wenn einzelne Gebäude die Zeiten überdauert haben, ist die Umgebung oftmals so " zugewachsen", dass mögliche Orientierungspunkte verdeckt sind. Hinzu kommt in diesem Fall ein veränderter Straßenverlauf. Die Albrechtstraße setzte sich als Feldweg über den Kamm des Westerbergs bis zur Blumenthalstraße fort. Auf dem aktuellen Bild markiert der Fußweg zum Botanischen Garten im Vordergrund den historischen Verlauf der Albrechtstraße. Der Hauptstraßenverlauf verschwenkt hingegen jetzt nach links zur Muesenburg und geht dann in die Caprivistraße über.
Westlich der Albrechtstraße ist heute der Campus Westerberg von FH und Universität gelegen. An gleicher Stelle breitete sich 1938 der Saatzuchtbetrieb Stahn & Finke aus. Das fünfgeschossige Lagergebäude am linken Bildrand war mit einem für die damalige Zeit recht fortschrittlichen Kommissionierungssystem ausgestattet. Über ein Förderband wurden die Saaten auf die Lagerorte in den Geschossen verteilt. Die Ausgabe erfolgte über eine spiralförmig angeordnete Rutschbahn, so ähnlich wie die Wasserrutsche im Nettebad. Nur dass hier keine Kinder in die Halbschale gelegt wurden, sondern 50-Kilo-Säcke mit Erbsen oder Bohnen.
Vor dem Lagerhaus sind die mannigfach unterteilten Probefelder an den vielen Pfosten zu erahnen. Jedes gehandelte Produkt wurde auf einem Quadratmeter ausgesät, begutachtet, durch Selektion veredelt. Von 1899 bis 1972 war die Firma an diesem Standort, siedelte dann um zur Leyer Straße nach Atter, wo der Betrieb aber nur bis 1982 fortgeführt wurde. Die Nachfrage nach Tütensämereien war stark zurückgegangen. Es gab immer weniger Privatleute, die Gemüse in ihren Hausgärten anbauten.
Um die Führungsrolle in der Samenzucht zu behalten, wären " Millionen-Investitionen in die Gentechnik" erforderlich gewesen, wie der letzte Geschäftsführer berichtet. Dazu sei der mittelständische Familienbetrieb nicht bereit gewesen.

Autor:
jod


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