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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Überschrift:
Nichts wie weg oder lieber hiergeblieben?
Zwischenüberschrift:
Wie Tiere ihr Überleben im Winter sichern – Von Kälteflucht bis beharrliche Standorttreue
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Bramsche. Stadt und Land sind derzeit in zauberhaftes Weiß gehüllt. Ein Spaziergang durch Bramsche ist jetzt die reinste Freude. Der Wintereinzug passend zur Ferienzeit entzückt die Jugend und verführt zu vielerlei Aktivitäten mit Schlitten und Skiern. Des einen Freud ist aber nun mal des anderen Leid. Der frei lebenden Tierwelt wird in diesen Tagen sehr viel abverlangt.
Von Rolf Hammerschmidt
Bramsche. Beim Spazierengehen können wir beobachten, welche Anpassungen die Chance für ein Überleben erbringen. Da sind erst einmal die sogenannten Kältefluchtzügler, Vögel, die nördlich und östlich von uns ausgehalten haben, so lange ausreichend Futter für sie erreichbar war.
Seit jedoch der Neuschnee auf einen vereisten Boden fiel, gab es für viele nur noch das " Weg-weg", und so drängen seit der Silvesternacht tagelang in den Morgen- und Nachmittagsstunden Tausende von Saatgänsen nach Westen. Wer Zeuge wird, schaut verwundert zum Himmel. Ein gigantisches Geschehen spielt sich da ab, bei Schneefall niedrig über unsere Köpfe hinweg, die Vögel verstummen nicht. Sehr bald zeigt sich, dass es nicht nur Saatgänse sind, Ohr und Auge der Beobachter nehmen auch Trupps von Kranichen, Ringeltauben und Wacholderdrosseln, auch einzelne Bekassinen und Waldwasserläufer, selbst einen Flug Feldlerchen, wahr. Wo mögen sie alle zuvor gesteckt haben?
Ein besonderer Reiz steckt aber in den kleineren Wahrnehmungen beim Spaziergang. Vögel, die wir normalerweise als Weichfresser bezeichnen und die sich zur Brutzeit kaum vegetarisch ernähren, müssen ihren Brennstoffhaushalt umstellen, und sie tun das mit Bravour. Amseln und Rotdrosseln suchen nach Beeren, von denen insbesondere die vom Efeu, Feuerdorn, Ilex oder Cotoneaster genommen werden. Natürlich nahmen sie lieber die letzten Äpfel, die beim einsetzenden Schneefall noch an Bäumen hingen. Viel zu schnell waren sie verzehrt, zeitgleich mit den verbliebenen Früchten der kultivierten Vogelkirsche.
Einen großen Gefallen können wir allen Drosseln bereiten, wenn wir an einer Futterstelle im Garten oder auf dem Komposthaufen aussortierte Äpfel oder auch deren Schalen anbieten. Die im Schnee hinterlassenen Trittsiegel verraten uns dann auch, dass neben Drosseln auch Dohlen und Elstern hier nach Futter gesucht haben.
Die Rotbuchen in unseren Breiten hatten ein sehr gutes Fruchtjahr. An Weg- und Waldrändern lagen Bucheckern zuhauf im Falllaub. Finken, die als Wintergäste zu uns kommen, ließen nicht lange auf sich warten. Inzwischen haben sie etwas mehr Mühe, an der Schneekante die Früchte zu finden.
Die Kreuzschnäbel aus Nordeuropa sind inzwischen wieder bei uns und fliegen auch die Nadelbäume in den Gärten der Stadt an, um die Zapfen mit dem speziellen Werkzeug, ihrem Kreuzschnabel, nach den verborgenen Samen zu öffnen.
Dem suchenden Eichelhäher meint man anzusehen, dass er vergessen hat, wo er im Herbst die vielen Eicheln, aber auch Bucheckern versteckt hat. Jetzt, in den Zeiten der Not, wird er sie ganz bestimmt nicht alle wiederfinden und so wieder seinen Beitrag leisten, dass unsere Eichen nicht aussterben.
Im dicht verschneiten Strauchwerk hüpft ein roter Federball, kein bisschen scheu. Immer wieder fliegt das Rotkehlchen die wie im Partnerlook leuchtenden Schneeballfrüchte an und versucht, einen gefrorenen Happen zu lösen. Durch das Gezerre fällt Schnee von den Zweigen und hüllt den Vogel in eine kleine Wolke. Noch lieber nehmen Rotkehlchen die trockenen Früchte vom Pfaffenhütchen. Da leuchtet es noch gleich zweimal rot.
Ein Gimpel-Männchen versucht sein Glück, findet zwar keine vertrockneten Brombeerfrüchte, dafür aber noch Hagebutten, und es gibt auch schon wieder Knospen an Obstbäumen, die das Wintermenü abrunden.
Der Hase- und Hechtsee haben eine geschlossene Eisdecke, auch auf dem Alfsee treiben große Eisschollen. Dadurch ist natürlich für die zugewanderten tauchenden Vögel der Zugang zur Futterquelle stark verschlossen. Sie unternehmen einen kleineren Fluchtzug zu eisfreien Gewässern und können jetzt auf der Hase im Zentrum zwischen dem Krankenhaus und dem Penter Weg angetroffen werden, sowohl einzelne Gänsesäger und Schellenten als auch Zwergsäger neben einigen Zwergtauchern. Eine kleine Eiskante stört sie nicht, so lange Kleinfisch und Mollusken erreichbar sind.
Irgendwie fällt auf, dass einzelne Graureiher verteilt an See- und Grabenufern im Schnee stehend verharren. Die kleineren Seen sind vollends erstarrt und Gräben häufig nur noch unter Brücken etwas eisfrei. Warum fliegen sie nicht fort und machen auch einen Kältefluchtzug? Wir können nur vermuten, dass sie mit einer enormen Standorttreue versehen sind, die einen rechtzeitigen Abflug verhindert. Reiher zählen zu den Vogelfamilien, die im Winter die häufigsten Ausfälle haben können. Nicht viel anders ergeht es auch den farbenprächtigen Eisvögeln, die nach einem Tauchgang unter Eiskanten am Ufer verenden. Die Zahl ihrer Brutpaare bei uns hatte sich gerade wieder erholt. Warum bleiben sie zu lange im Winter bei uns?
Ein Spaziergang durch das winterliche Bramsche beschert uns natürlich auch Kontakt zu einzelnen Säugetieren. Am Waldrand treffen wir auf die Spur eines Marders oder sehen vielleicht das " Gelbkehlchen" selbst, während ein Eichhörnchen die Szenerie mit Sicherheitsabstand verfolgt, ständig auf der Hut, um nicht seinem ärgsten Feind in den Fang zu geraten. Interessant wird es für den wandernden Beobachter noch einmal am Haseufer beim Krankenhaus. Hinauf führt eine Spur, die kleine Schwimmhäute zwischen den Zehen und die Schleifspur eines Schwanzes zeigt. Dort sind seit geraumer Zeit Nutrias zu Hause und verraten sich jetzt auch, ohne dass sie gesehen werden.

Bildtext: Seltene Begegnung: Am Waldrand wurde dieser Marder angetroffen.

Höchst aufmerksam beobachtet dieses Eichhörnchen seinen ärgsten Feind, den Marder (Foto oben).

Das Wintermenü dieses Gimpel-Männchens besteht derzeit aus Hagebutten und Knospen an Obstbäumen.

Wintergäste: Berg- und Buchfinken haben mittlerweile mehr Mühe, Bucheckern zu finden.

Wie ein roter Federball hüpft das Rotkehlchen durchs verschneite Strauchwerk.

Die Beeren des Feuerdorn sind derzeit gefragt bei Vögeln, die ihren Brennstoffhaushalt auf vegetarisch umstellen.

Wo hat er bloß im Herbst die ganzen Eicheln und Bucheckern versteckt? Alle findet der Eichelhäher bestimmt nicht wieder.

Wer ist da gelaufen? Am Haseufer am Krankenhaus wird die Spur eines Nutrias sichtbar. Gut zu erkennen sind die Abdrücke der Schwimmhäute und die Schleifspur des Schwanzes.

Auf der Suche nach Beeren ist dieses Amselweibchen, das sich in der Brutzeit sonst eher nicht vegetarisch ernährt.

Seine Standorttreue verhindert vermutlich den rechtzeitigen Abflug: Der Graureiher verharrt derzeit an den Ufern von Seen und Gräben. Die Vogelart hat im Winter große Ausfälle. Fotos: R. Hammerschmidt
Autor:
Rolf Hammerschmidt


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