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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Gestartet mit einem symbolischen Euro
 
"Bewahren, Gedenken, Forschen und Vermitteln"
Zwischenüberschrift:
Vor zehn Jahren wurde die Initiative Augustaschacht gegründet
 
Interview mit Marie-Dominique Guyard-Griesinger, Vorsitzende des Trägervereins
Artikel:
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Originaltext:
Hasbergen. Ein einzigartiges Bauwerk mit besonderem Aufklärungspotenzial für die jungen Generationen ist der Augustaschacht in Hasbergen-Ohrbeck. Es ist das einzige in Niedersachsen erhaltene Gebäude, in dem sich während der NS-Zeit ein Arbeitserziehungslager befand.
Im Januar 2000 gründeten Bürger aus Stadt und Landkreis Osnabrück den Verein " Initiative Augustaschacht Ohrbeck", der heute den Namen " Gedenkstätte Augustaschacht" trägt. Zur Feier seines zehnjährigen Bestehens lädt der Verein am morgigen Sonntag, 17. Januar, um 11 Uhr in die Gedenkstätte Augustaschacht (Zur Hüggelschlucht) nach Hasbergen-Ohrbeck ein. Der Verein hat heute 84 Mitglieder, die jeweils rund zur Hälfte aus der Stadt und dem Landkreis Osnabrück stammen.
Anstelle eines Festvortrages wird eine Diskussionsrunde mit Wolfgang Benz (Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung), Carl-Heinrich Bösling (Direktor der VHS Osnabrück), Habbo Knoch (Geschäftsführer der Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten) und Bärbel Schmidt von der Universität Osnabrück thematisieren, welche Bedeutung und welche Aufgaben die regionalen Gedenkstätten in Zukunft haben. Das Trio " Heiße Luft" der Kunst- und Musikschule Osnabrück sowie Teilnehmer des Projektes " Der Zug" des Musiktheaters Lupe sorgen für das musikalische Rahmenprogramm.
Der Augustaschacht war eines von rund 200 nationalsozialistischen Lagern, die als " KZ der Gestapo" bezeichnet wurden. Insgesamt wurden hier von Januar 1944 bis April 1945 mehr als 2000 Jugendliche und Männer aus 17 Ländern inhaftiert vor allem aus den Niederlanden, der damaligen Sowjetunion sowie aus Italien und Polen. Mindestens 100 von ihnen überlebten die unmenschlichen Haft- und Arbeitsbedingungen nicht.
Die Unterbringung von ausländischen Zwangsarbeitern im Lager Augustaschacht diente vor allem der Einschüchterung von mehr als 25 000 Frauen, Männern und Kindern, die aus vielen europäischen Ländern währen der Zeit des Zweiten Weltkriegs in der Region Osnabrück arbeiten mussten. In kleiner Zahl und für kurze Zeit inhaftierte die Gestapo auch rassisch und politisch Verfolgte deutscher Nationalität im Arbeitserziehungslager.
Heute ist der Ort nach dem 2008 erfolgten Umbau eine moderne Gedenkstätte, die im letzten Jahr von rund 6500 Gästen besucht wurde, von denen rund zehn Prozent aus dem Ausland kommen. " Wir haben es geschafft, die Gedenkstättenarbeit für die nächsten Jahre abzusichern, und setzen durch die Kooperation mit dem Gestapokeller neue Impulse für die Aufarbeitung der NS-Geschichte in der Region", macht Augustaschacht-Geschäftsführer Michael Gander zur künftigen Entwicklung deutlich.
Der Augustaschacht ein Ort lebendiger Geschichte, der vor allem für junge Leute die Erinnerungen an die Schrecken der NS-Zeit wachhält.
Augustaschacht: weitere Infos unter www.gedenkstaetten-augustaschacht-osnabrueck.de

Bildtext: Das Augustaschachtgebäude im Hasberger Ortsteil Ohrbeck ist heute die zentrale Gedenkstätte im Landkreis für die Opfer des Nationalsozialismus.
Foto:
Jörn Martens

Hasbergen. Als im Jahr 2000 die Initiative Augustaschacht gegründet wurde, hätte wohl niemand für möglich gehalten, dass sich zehn Jahre später hier die zentrale Gedenkstätte für die NS-Zeit im Landkreis entwickeln würde.
Was sind aus Ihrer Sicht die entscheidenden Stationen auf diesem Weg gewesen?
Schon vor 2000 hatten viele Initiativen in der Region das Gedenken an die Opfer der Nationalsozialisten gefordert. Unser Verein hat dies mit der Erhaltung des historischen Ortes des Lagers verknüpft. Die Erforschung der Geschichte des Straflagers des sogenannten Arbeitserziehungslagers durch Dr. Volker Issmer ist der erste Impuls und das Fundament für die Gedenkstätte gewesen.
Der Kauf des Gebäudes für einen symbolischen Preis von einem Euro war der entscheidende Schritt für die Schaffung einer Gedenkstätte am Augustaschacht. Ohne die Verkaufsbereitschaft des Stahlwerks Georgsmarienhütte und die Zusammenarbeit mit der Stiftung Stahlwerk wären wir heute sicherlich nicht so weit. Wichtig war auch die Einrichtung unserer Geschäftsstelle mit Unterstützung der Agentur für Arbeit und der Landeszentrale für politische Bildung. Durch Unterstützung vieler regionaler Spender ist es 2008 gelungen, mit dem Umbau die Voraussetzungen für eine moderne Gedenkstättenarbeit zu schaffen.

Welche Schwerpunkte bestimmen heute den Augustaschachtalltag?
Die Begegnungen mit den Opfern und deren Familienangehörigen bleiben eine der primären Aufgaben, obwohl es immer weniger Überlebende gibt. Wir bekommen viele Anfragen von Kindern oder Enkelkindern. Die Gespräche mit den Überlebenden und mit deren Familien sind eine wichtige Quelle für die Forschungsarbeit der Gedenkstätte, die wiederum die pädagogische Vermittlungsarbeit speist und mit Leben füllt. Forschung und Dokumentation bilden die inhaltliche Basis unserer Arbeit.
Die Gedenkstätten leben von dem Interesse und dem Besuch vielfältiger Gruppen: Schulklassen, Vereine, Betriebe und Touristen. Wir haben auch viele ausländische Besucher und organisieren Geschichts- und Kunstausstellungen, internationale Sommercamps und Schulprojekte.

Wie gelingt es dem Trägerverein, die finanziellen Rahmenbedingungen für die Aufarbeitung des Themas Nationalsozialismus sicherzustellen?
Wir bekommen für die Leiterstelle und die Betriebskosten der Gedenkstätte eine Förderung von der Landesstiftung niedersächsische Gedenkstätten in Höhe von 30 000 Euro sowie von Landkreis und Stadt Osnabrück einen jährlichen Zuschuss von 15 000 Euro. Außerdem beteiligen sich die Gemeinden Hagen und Hasbergen mit jeweils 4000 Euro und die Stadt GMHütte mit 7000 Euro. Für unsere Projekte wie Sommercamps, Ausstellungen, Begegnungsprogramme benötigen wir weitere Sponsoren und Partner wie zum Beispiel die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft, das Bistum Osnabrück, die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste und den Service Civil International. Mithilfe der Maßarbeit ist es uns zudem gelungen, einen Hauswart anzustellen.

Welche Tendenzen prägen aktuell die Gedenkstättenarbeit?
Für die Vermittlung der Geschichte werden das Lernen vor Ort″ und die Erweiterung unserer nationalen Perspektive durch internationale Projekte als immer wichtiger angesehen. Die Osnabrücker Gedenkstättenvereine arbeiten daher langfristig mit internationalen Partnern wie zum Beispiel mit der Haarlemer Stichting Nationale Hannie Schaft Herdenking in den Niederlanden zusammen. Im Oktober konnten wir erstmals eine Konferenz zur Stärkung der Zivilgesellschaft in Kiew mitveranstalten, die von der EU und dem Europarat gefördert wurde und an der über 80 Teilnehmer von Nichtregierungsorganisationen aus mehr als 40 europäischen Ländern teilnahmen.
Das Gedenken der Opfer, die im Falle des Augustaschachtes aus 17 Nationen kamen, und der nationalsozialistischen Verbrechen ist Friedensarbeit und Engagement gegen Ausgrenzung, Rassismus und Menschenverachtung. Dieses Verständnis ist aktueller denn je.

Welche Ziele hat die Gedenkstätte Augustaschacht für die kommenden Jahre?
Unsere nächsten großen Projekte sind die Erstellung einer neuen Ausstellung und die Erweiterung unserer pädagogischen Arbeit. Diese beiden Vorhaben werden zusammen mit der Gedenkstätte Gestapokeller realisiert. Eine wichtige Voraussetzung dafür sind die Erschließung und Erforschung der Osnabrücker Gestapokartei. Dazu werden wir Forschungen in dem seit Kurzem zugänglichen Archiv des Roten Kreuzes in Bad Arolsen durchführen und außerdem ein neues pädagogisches Konzept entwickeln und neue Bildungsmaterialien erstellen. Die Vernetzung mit regionalen Bildungseinrichtungen soll ausgebaut werden und zur Unterstützung der Gedenkstättenarbeit ein Beirat eingerichtet werden.
Bewahren, Gedenken, Forschen, Dokumentieren und Vermitteln: Als zentrale NS-Gedenkstätte der Region gemeinsam mit dem Gestapokeller wollen wir dieses Leitbild über die Region hinaus mit Leben erfüllen.

Bildtext:
Marie-Dominique Guyard-Griesinger Foto: Böhmer

Augustaschacht im Wandel der Zeit

1876: Einrichtung des Augustaschachtgebäudes als Pumpstation für das Stahlwerk Georgsmarienhütte
um 1923: Einbau von Werkstätten in das Gebäude
1940 bis 1942: Der Augustaschacht wird Gefangenenlager für französische Kriegsgefangene
1943: Einrichtung eines Lagers für Zwangsarbeiter aus der damaligen Sowjetunion
1944 bis 1945: Nutzung als Arbeitserziehungslager Ohrbeck der Osnabrücker Gestapo
1945 bis 1970: Gebäude dient als Wohnhaus für Ausgebombte, Flüchtlinge und Vertriebene
zwischen 1970 und 2003: Gebäude ist bis auf den Eingang Pumpstation zugemauert
1993: Beginn der Erforschung des Arbeitserziehungslagers Ohrbeck durch Volker Issmer
1998: Einrichtung des Mahnmals Augustaschacht
1999: Sanierung des Gebäudedaches
2000: Veröffentlichung der Dokumentation von Volker Issmer über das Arbeitserziehungslager; Gründung des Vereins im Rathaus Osnabrück
2001: Erste Ausgrabungen der Werkstatt GMHütte und der Musik- und Kunstschule der Stadt
2002: Kauf des Augustaschachtes durch den 2000 gegründeten Verein; Einrichtung einer Geschäftsstelle am GMHütter Kasinopark; Beginn der Begegnungen mit ehemaligen Zwangsarbeitern
2003: Erste Öffnung des Gebäudes für die Öffentlichkeit im Rahmen einer Kunstausstellung;
2004: Ausstellung von Truus Menger (Niederlande) und Volker Johannes Trieb mit Installationen und Gedichttafeln im Außenbereich; Aufmaß und Umbauplanung des Augustaschachtes durch den Architekten von der Heyde mit Euregio-Geldern
2005: Eröffnung der ersten Ausstellung „. . . ich habe oft gedacht, ich schaff es nicht Fremdarbeit von Papenburg bis Melle″;
Einrichtung einer internationalen Freiwilligenstelle mit dem Europäischen Freiwilligendienst und der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste
2006: Beginn des Umbaus zur Gedenkstätte; Durchführung eines Internationalen Sommerlagers
2007: Suche nach Inschriften in den ehemaligen Zellen im Osnabrücker Schloss mit der Gedenkstätte Gestapokeller
2008: Eröffnung der Gedenkstätte nach Ende der Umbauarbeiten
2009: Einrichtung der Fachbibliothek
Autor:
Wolfgang Elbers


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