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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Still-Leben in Schnee und Eis
Zwischenüberschrift:
Beim Wintercampen am Attersee herrschen Gemütlichkeit und Ruhe in der guten Stube
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Der Campingplatz am Attersee liegt unter einer weißen Schneedecke, die sich wie ein Laken über die Möbel in einem verlassenen Haus über Wohnwagen, Zelte und Campingutensilien legen. Kein menschlicher Laut stört die Ruhe. Nur das dumpfe Rauschen der Autobahn bildet einen permanenten Klangteppich. Lange, spitze Eiszapfen zieren die Dächer der mobilen Behausungen. Das Leben am Attersee scheint eingefroren.
Nur wenig bewegt sich im Winter auf dem Campingplatz in Atter. Zwei Gestalten kämpfen sich durch Schnee und Eis. Nach einem zweistündigen Spaziergang durch den winterlichen Wald freuen sich die einsamen Wanderer auf ihren warmen Campingwagen. Bevor Wolfgang Wingen in seine gute Stube tritt, klopft er sich den Schnee von den Schuhen auf der Fußmatte ab. Sein Freund Günter Bierschenk tut es ihm nach.
Wolfgang Wingens Wohnwagen und Vorzelt sind gemütlich eingereichtet mit Schrankwand, Satelliten-TV und einer Theke. Gegen die Kälte helfen warme Kleidung und die Gasheizung mit Umluftgebläse. " Die Heizung läuft immer bei mir", sagt Wingen. Dadurch herrschen in seinem Campingwagen und im Vorzelt stets sommerliche Temperaturen um die 22 Grad. " Da lässt es sich aushalten", meint Bierschenk. Für diese Wohlfühltemperaturen hat Wingen bislang 300 Euro in 20 Gasflaschen investiert.
Die Herren sind aber keine Stubenhocker. Sie wollen die winterliche Idylle nicht nur ansehen, sondern sie hautnah genießen. " Neulich sind wir nachts um den See gegangen", erzählt Günter Bierschenk. Langweilig wird es auf dem stillen Campingplatz nicht, meint Wolfgang Wingen: " An Unterhaltung mangelt es hier nicht."
Wolfgang Wingen kommt aus Kamen, ist 54 Jahre alt und ehemaliger Bergmann. Die meiste Zeit des Jahres verbringt er in seinem mobilen Heim in der Haifischgasse auf dem Campingplatz am Attersee. Auch im Winter zieht es ihn nicht zurück in den Kohlenpott. Er schätzt besonders die gute und klare Luft in Osnabrück.
Günter Bierschenk wohnt am Hechtufer, das ist nicht weit von der Haifischgasse entfernt. Der 67-jährige Rentner aus Oelde hat von 1988 bis 2007 bei einem pharmazeutischen Großhandel in Atter gearbeitet und lebt wegen seiner Liebe zum Golf in Osnabrück. Seitdem er vor sechs Jahren zum ersten Mal einen Schläger beim Golf-Club Dütetal in Lotte in die Hand genommen hat, kann er die Finger nicht mehr von dieser Sportart lassen. " Im Winter geht das natürlich nicht", sagt er. Trotzdem weilt er einige Tage in der Woche nicht bei seiner Familie, sondern auf dem Campingplatz. " Es ist absolut ruhig hier", schwärmt Bierschenk.
Nur wenige Camper lassen sich bei Eis und Schnee auf dem Platz in Atter blicken. Die Kälte schreckt Wolfgang Wingen und Günter Bierschenk nicht ab. Auch den Duschgang in den etwa 200 Meter entfernten Sanitätscontainer scheuen sie nicht. " Da ist doch gut geheizt", meinen sie.
250 Stellplätze und 50 Standorte für Tagescamper hat das Areal am Attersee zu bieten. " In der Woche kommen jetzt höchstens 20, am Wochenende vielleicht 30 Camper hierhin", sagt Platzwart Jürgen Diedrich. Er schiebt momentan eine ruhige Kugel. " Das ist der Ausgleich zu dem, was im Sommer zu viel ist", schmunzelt er.
Momentan schaut Jürgen Diedrich nach dem Rechten, kontrolliert, ob in den Toilettenräumen alles in Ordnung ist, räumt Schnee weg oder einen Baum zur Seite, der in den See gefallen ist. Manchmal hat Diedrich auch mit den Tücken des Winterwetters zu kämpfen, wenn er zum Beispiel mit seinem Trecker im Schnee stecken bleibt.
Wie anderswo gibt es am Attersee auch diejenigen, die sich am Winterwetter erfreuen. Die achtjährige Mara Jansen und ihr fünf Jahre älterer Bruder Christian Popp fahren mit dem Schlitten durch die Gegend, spielen im Wald oder bauen Schneemänner. " Uns ist nicht kalt", meint Mara. " Wir sind immer in Bewegung", ergänzt Christian.
" Die Kinder sind eigentlich gar nicht zu Hause", sagt Meike Janssen. Die Mutter von Mara und Christian meint damit den Wohnwagen. Ihr " echtes" Zuhause ist " gleich über′m Berg", wie ihr Mann Udo Klar erklärt. In der Wohnung in Atterfeld wollen sie ihre Freizeit jedoch nicht verbringen. " Wir sind hier jede freie Minute, damit meine Frau nicht immer was tut", sagt Klar. " Stimmt", sagt Meike Janssen knapp. Auf dem Campingplatz könne sie sich besser erholen.
" Hier ist es ruhig und eng", gibt Udo Klar als Grund für die winterliche Campingfreude an. Die Kälte macht ihnen nichts aus. " Nur die Harten kommen in′n Garten", lacht Meike Janssen. Sie hat auch keine Angst, dass ihre Kinder sich erkälten oder krank werden. Mara würde sowieso immer einen Grund suchen, um auf den Campingplatz zu kommen, sagt die Fleischereifachverkäuferin. Nur Weihnachten und Silvester hätten sie am heimischen Herdverbracht. " Aber die Schalker waren auch an den Feiertagen hier", sagt Udo Klar und zeigt auf den Platz gegenüber, den eine blau-weiße Fahne des Fußballvereins aus Gelsenkirchen ziert.
Fußball ist zwar ein großes Thema auf dem Atteraner Campingplatz. Es hindert jedoch nicht am Miteinander. Hier existieren Schalker und Dortmunder friedlich nebeneinander. Sogar Bayern-Fans werden akzeptiert. Der BVB-Fan Wolfgang Wingen zeigt auf eine Fahne des Rekordmeisters, die am Ende der Haifischgasse im eisigen Wind weht. " Da wohnt der ehemalige Bayern-Spieler Werner Externbrink", sagt er. Da er aber eine Verletzung auskuriere, gehöre Externbrink momentan nicht zur allabendlichen Runde, sagt Wingen. Die trifft sich entweder im griechischen Restaurant am See oder in der beheizten guten Stube von Wolfgang Wingen.
Auch die eiskalte Lady " Daisy" konnte die Männerrunde nicht auseinanderbringen. Vorräte hatten Wolfgang Wingen und Günter Bierschenk nicht extra angelegt. " Das war ja nichts Besonderes", sagt Wingen trocken.

Bildtexte:
Eingeschneit: Auf dem Campingplatz am Attersee ist momentan wenig los. Nur wenige Hartgesottene trotzen den Minus-Temperaturen und machen es sich in ihren mobilen Heimen gemütlich.
Wärme suchen Udo Klar, Christian Popp, Mara und Meike Janssen (von links) am Lagerfeuer. Günter Bierschenk lässt sich von Wolfgang Wingen in dessen guter Stube mit heißem Kaffee verwöhnen (Foto rechts). Die Camper sind jedoch keine Stubenhocker, sondern genießen die Kälte hautnah.
Stillleben: Im Winter erstarrt die Gemütlichkeit.
Lecker: Trotz der klirrenden Kälte mag Mara Janssen Eis.
Gasflaschen liefert Platzwart Jürgen Diedrich ins " Haus".
Jörn Martens (Fotos)
Autor:
Thomas Wübker


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