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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Pistorius entschuldigt sich zum zweiten Mal
Zwischenüberschrift:
Weiter Ärger um Erschließungsbeiträge
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Die Erschließungsbeiträge der Anlieger im Eversburger Neubaugebiet " In der Masch" wachsen sich zu einer unendlichen Geschichte aus, die die Stadtverwaltung nicht gut aussehen lässt. Der Wirrwarr um die " vergessene" Abrechnung einer Baustraße nötigte Oberbürgermeister Boris Pistorius vor dem Bürgerforum Eversburg eine förmliche Entschuldigung ab. Die Bescheide werden erneut überprüft.
Auf der Suche nach einer Erklärung für die jüngsten Pannen nahm der OB Zuflucht bei " Murphy′s Gesetz": Was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen. Die Serie begann 2006, als es zu vermeidbaren Verzögerungen bei der Erschließung kam. Die Abrechnung fiel dadurch unter den zwischenzeitlich angehobenen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Das bedeutete für die Anlieger unter dem Strich eine Verteuerung um drei Prozentpunkte, an der sie keine Schuld trugen. So brachte die Stadt sie langsam auf Temperatur.
Im letzten Jahr kochten die Emotionen auf, als die Anlieger völlig unerwartet Kostenrechnungen über ökologische Ausgleichsmaßnahmen erhielten. Das kam den alteingesessenen Hauseigentümern an Schwenkestraße und Landwehrstraße besonders widersinnig vor, da sie nicht neu gebaut und somit auch keinen Anlass für Ausgleich nach dem Naturschutz-Gesetz geboten hatten. Die Stadt räumte ihren Irrtum ein und zog die Rechnungen an die Alt-Anlieger zurück. Auf die Neu-Siedler entfielen umso höhere Beträge, da der gegebene Kostenbetrag nun auf weniger Grundstücke umzulegen war.
Aber auch diese korrigierte Abrechnung hatte keinen Bestand. Die Ausgleichsmaßnahmen außerhalb des Baugebiets, nämlich an der Düte nahe der Grenze zu Hasbergen, hätten nicht mit einbezogen werden dürfen, gab die Verwaltung später bekannt. Die Anlieger-Beiträge verringerten sich um zwei Drittel.
Im September 2009 kam nun die Achterbahnfahrt der Emotionen wieder in Schwung. Die eigentliche Abrechnung der Baugebietserschließung war spruchreif. Der Fachbereich Finanzen und Controlling verschickte 392 " Vormitteilungen" an die betroffenen Anlieger mit Nennung des auf sie entfallenden Beitrags. Dies geschehe, erklärte Fachdienstleiter Claus Wiebrock, damit die Bürger sich auf die in Kürze auf sie zukommende Zahlung einstellen könnten und eventuelle Eigentümer-Wechsel vor Abfassen der Bescheide geklärt werden könnten.
Ende November folgten dann die Bescheide. Sie fielen durchweg viel höher aus als angekündigt, in Einzelfällen um bis zu 47 Prozent. Was war passiert? Pistorius: " Sie können mir glauben: Als ich das hörte nach der ganzen Vorgeschichte, bin ich auf meinem Schreibtisch im Dreieck gesprungen." Die Erklärung: Nach Abfassen der Vormitteilungen tauchte plötzlich die Rechnung über eine Baustraße auf, deren Summe zwingend mit umzulegen war. Das habe eine Neuberechnung nötig gemacht, erklärt Wiebrock der Bürgerversammlung.
Wo denn die Rechnung plötzlich hergekommen sei, wollen aufgebrachte Anlieger wissen. Wiebrock räumt ein: " Die infrage stehende Rechnung befand sich seit dem Jahre 2001 in den Räumen meines Fachdienstes, allerdings nicht in der Abrechnungsakte, in die sie hineingehört hätte." Höhnisches Gelächter des Publikums schlägt ihm entgegen. Pistorius fällt nichts zur Entlastung seines Verwaltungsmitarbeiters ein. " Ich bin genauso sprachlos wie Sie", sagt er, an das Publikum gewandt. Nach seinem Verständnis zeitgemäßen Verwaltungshandelns hätte selbstverständlich auch ein erklärender Satz in den höher ausgefallenen Bescheid hineingehört. Der sei nun aber, so viel sei sicher, in Ordnung.
Das sehen der Bürgervereinsvorsitzende Friedhelm Groß und andere Betroffene anders. Sie stoßen sich an Widersprüchlichkeiten der Abrechnung. Anders als von der Verwaltung behauptet lägen die umgelegten Herstellungskosten von Straße zu Straße gravierend auseinander. Dafür gebe es keine plausiblen Erklärungen. Sie verlangen Einsicht in die Abrechnungen.
Die sagt der Oberbürgermeister zu. Er ist bemüht, einen Weg zu finden, die Rechtskraft der Bescheide " vier Wochen nach Zustellung", also zum Jahresende 2009, hinauszuzögern. Er verspricht, eine Aussetzung der Bescheide im Rechtsamt prüfen zu lassen. Denn er könne den 392 Anliegern ja nicht gut empfehlen, die Stadt mit einer Sammelklage zu überziehen. Die würde freilich verhindern, dass die Bescheide am Jahresanfang rechtskräftig würden.
Mit der Zahlungsfrist verhält es sich hingegen anders. Sie würde durch eine Klage nicht gehemmt. Genau im richtigen Moment zieht ein Bürger im Publikum eine Aktennotiz aus der Tasche und liest sie vor. Der zufolge hat der damalige OB Hans-Jürgen Fip am 12. September 2006 zugesagt, dass die Anlieger als Ausgleich für die Kostensteigerung durch die höhere Mehrwertsteuer einen Zahlungsaufschub von einem Jahr eingeräumt bekämen.
Wiebrock bestätigt den Sachverhalt. Er sieht den Aufschub allerdings als schon gewährt an, da die Endabrechnung nicht, wie geplant, in 2008 erfolgt sei, sondern erst jetzt, Ende 2009. Diese Argumentation teilt Pistorius nicht: " Ich lese den Vermerk so, dass ab Bestandskraft des Bescheides ein Zahlungsziel von zwölf Monaten gilt." Für einen Moment herrscht offener Dissens auf dem Podium zwischen dem obersten Verwaltungsbeamten und seinem Fachdienstleiter Beitragswesen, bis Pistorius entscheidet: " Also, Sie brauchen erst Weihnachten 2010 zu bezahlen!"
Abschließend bedankt sich Pistorius " für die weitgehend sachliche Diskussion" trotz mancher Zumutungen vonseiten der Verwaltung und dafür, " dass Sie uns nicht mit faulen Eiern beworfen haben".

Bildtext: Wieder Ärger mit der Stadt: Bewohner des Baugebietes " In der Masch" in Eversburg sind erneut Opfer einer Verwaltungspanne geworden. Foto: Elvira Parton
Autor:
jod


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