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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Überschrift:
Sie wollten keine Spuren hinterlassen
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Anonyme Urnenbestattung auf dem Heger Friedhof: Letzte Ruhe für Tausende Tote
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Weich federt der nasse Rasen die Schritte ab. Am Rand der Wiese stehen Bäume, die ihr Laub längst verloren haben. Nichts deutet daraufhin, dass Tausende Osnabrücker hier ihre letzte Ruhe gefunden haben.
Kein Grabstein, keine Pflanzen die Menschen, die sich auf dem anonymen Urnenfeld des Heger Friedhofs haben beerdigen lassen, wollten keine Spuren an der Erdoberfläche hinterlassen. Die Gründe sind vielfältig. " Viele haben niemanden gehabt, der sich nach ihrem Tod um die Gräber kümmert", erklärt Friedhofsverwalter Ottmar Mehring.
In seinem Rücken erstreckt sich talförmig das etwa einen Hektar große Urnenfeld. Ein wenig erinnert der Rasen mit seiner Musterung an ein Fußballfeld. Zweimal in der Woche zumindest im Sommer wird die Fläche gemäht. In kurzen Abständen finden sich kleine Betonteller im Boden. " Die brauchen wir zum Vermessen", sagt Mehring.
Denn was sich an der Erdoberfläche nicht erkennen lässt: Der Hektar ist genau aufgeteilt. 75 mal 75 Zentimeter sind die Urnenplätze groß, die Friedhofsmitarbeiter mit dem Spaten ausgraben. " Alles ist kartografiert. Niemand ist nach der Beisetzung für immer verloren", so Mehring.
Doch der Wunsch nach Anonymität der Verstorbenen wird respektiert. Der genaue Ort, an dem sich die Urne befindet, wird den Angehörigen nicht verraten. Die Friedhofsgärtner versenken die Überreste der Verstorbenen ohne das Beisein von Verwandten und Freunden im Boden.
" Anfangs war das schon ein komisches Gefühl, daran musste ich mich erst gewöhnen", erzählt Susanne de Bruin. Wenn sie zum Spaten greift, um eines der 80 Zentimeter tiefen Löcher zu graben, dann schweigen die Glocken im Turm, in dessen Schatten sich das anonyme Grabfeld befindet. Feierlichkeit hat hier keinen Platz.
Dennoch finden sich Zeichen der Trauer auf dem großen Feld. An drei Stellen können Angehörige und Bekannte der Verstorbenen Blumen niederlegen oder Kerzen anzünden.
" Das war eigentlich nicht so vorgesehen. Doch irgendwann wurde es immer mehr", berichtet Eva Güse vom Eigenbetrieb Grünflächen und Friedhöfe der Stadt Osnabrück. " Gerade im ersten Jahr gibt es bei den Angehörigen das Bedürfnis, Blumen niederzulegen", schildert sie die Erfahrungen rund um das anonyme Urnenfeld.
Nach 20 Jahren werden die Plätze auf der Wiese wieder vergeben. " Es gilt die gleiche Ruhefrist wie für Leichname", so Güse. Von der Urne ist nach diesem Zeitraum nicht mehr viel übrig. Friedhofsverwalter Mehring erklärt: " In der Regel handelt es sich dabei um Aschekapseln aus Weißblech. Das vergeht schnell."
Die anonyme Urnenbestattungen auf dem Heger Friedhof sind allerdings rückläufig. " Inzwischen bieten wir verschiedene andere Grabformen an, bei der keine Pflege der Grabstelle notwendig ist", so Eva Güse. " Wir wollten Alternativen mit einer Namensnennung anbieten."
Deswegen findet sich auf dem 29 Hektar großen Gelände unter anderem eine waldartige Anlage. An den Baumstämmen sind kleine Messingplatten befestigt, auf denen der Name sowie Geburts- und Todesdatum des Verstorbenen stehen. Auch hier braucht sich keiner um die Grabpflege zu kümmern. Seitdem solche Angebote bestehen, wollen immer weniger eine anonyme Urnenbestattung. Die Aschereste von 6624 Menschen sind seit 1975 auf der Wiese vergraben worden. Früher habe es etwa 520 anonyme Urnenbestattungen pro Jahr gegeben. Inzwischen sei die Zahl auf 223 im vergangenen Jahr zurückgegangen, rechnet Eva Güse vor 223 Menschen, die keine Spuren hinterlassen wollten.

Bildtext: In Aschekapseln, wie sie Friedhofsverwalter Ottmar Mehring zeigt, werden in aller Regel die Überreste der Menschen bestattet, die sich für eine anonyme Urnenbeisetzung auf dem Heger Friedhof entscheiden. Der Glockenturm (im Hintergrund) steht am Anfang des Feldes. Foto: Dirk Fisser
Autor:
Dirk Fisser


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