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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Pilze für den Klangrausch
Zwischenüberschrift:
Osnabrücker Baumpflegetage: Wie Holzschädlinge den Geigenbau revolutionieren
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Test bestanden: Im direkten Vergleich stach eine Geige des Schweizer Geigenbauers Michael Rhonheimer eine Stradivari aus dem Jahr 1711 aus. Das Geheimnis des Schweizers Triumphs: Das Holz war mit Pilzen behandelt worden.
Vier knappe Minuten hat jede Kandidatin. Ein paar virtuos flirrende Passagen Brahms, leidenschaftliche Töne von Mendelssohn, damit müssen die jungen Schönheiten mit dem eleganten Schwung Jury und Publikum von ihren Qualitäten überzeugen. Die Messlatte hängt hoch an diesem Vormittag im Europasaal der Osnabrückhalle: Gegen eine Stradivari aus dem Jahr 1711 müssen sie bestehen, ein Instrument aus der " goldenen Zeit", wie ein Kenner schwärmt. Eine Herausforderung für die taufrischen Instrumente des Geigenbaumeisters Michael Rhonheimer aus Baden in der Schweiz.
Würden sie den Test bestehen und die Stradivari überflügeln es käme einer kleinen Revolution der Geigenbaukunst gleich. Schließlich gelten die Instrumente des Cremoneser Geigenbaumeisters Antonio Giacomo Stradivari immer noch als unerreicht, was die Farbigkeit, die Tragfähigkeit, die Lebendigkeit des Tones angeht. Dafür geben Liebhaber viel Geld aus; das Instrument, mit dem der britische Geiger Matthew Trusler gekommen ist, ist zwei Millionen Euro wert. Die 25 000 Schweizer Franken, rund 18 500 Euro, für eine junge Schöne aus dem Geigenatelier Rhonheimers sind da ein richtiges Schnäppchen.
Das Geheimnis Rhonheimers hat Francis W. M. R. Schwarze an der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt in St. Gallen ausgetüftelt. Er hat nämlich erforscht, wie Pilzbefall die akustischen Eigenschaften von Holz verändert. Aus musikalischer Sicht werden dabei Schädlinge zu " Nützlingen": Bestimmte Pilze verändern die Zellstruktur derart, dass sie der gleichmäßigen Struktur jener Hölzer gleicht, die Stradivari für seine Instrumente verwendete.
Jene Fichten wuchsen in einer " Minieiszeit" heran, wie Schwarze sagt, in einer Phase mithin, in der auf lange kalte Winter kühle Sommer folgten. Dadurch wuchs das Holz langsam und sehr gleichmäßig die Voraussetzung für gutes Klangholz. Das Holz, das Rhonheimer verwendete, wurde zwischen sechs und neun Monaten dem Pilzbefall ausgesetzt. Danach zeigte sich eine ähnliche Struktur wie bei den Hölzern, die Stradivari verwendete.
Doch der Klang einer Geige entsteht nicht unter dem Mikroskop, sondern im Konzertsaal. Und da schneiden die jungen Schweizerinnen hervorragend ab: Horst Hegel, ehemaliger Konzertmeister der Osnabrücker Symphoniker, setzt auf Geige Nr. 4, seine Jurykollegen Ulrike Hampel-Harbaum und Peter Harbaum wie das Publikum auf Nr. 3 eine Geige aus der Werkstatt Rhonheimers. Hegel hingegen hätte die Stradivari bevorzugt. Aber die Unterschiede sind winzig, und überzeugt von der Schweizer Präzision ist auch Hegel er möchte gleich ein Instrument bestellen. Doch so schnell ist Rhonheimer nicht: Anderthalb Jahre wird er auf der Warteliste stehen. Der Lohn der Geduld: Hegel bekommt Geigenqualität zum Schnäppchenpreis.

Bildtext: Der Maßstab: Mit zwei Sätzen aus einer Bach-Partita für Geige Solo stellt Matthew Trusler zunächst seine Stradivari aus dem Jahr 1711 vor.

Kaum zu unterscheiden: die jungen Geigenschönheiten und die ehrwürdige Stradivari vorne im Bild.

Der Wettbewerb: Matthew Trusler hinter der Leinwand beim Spiel mit den Geigen.

Fotos: Egmont Seiler
Autor:
Ralf Döring


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