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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Ermordet wegen einer weißen Fahne
Zwischenüberschrift:
Mutige Bäuerin nahm die Verantwortung auf sich und wurde von einem Nationalsozialisten erschossen
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Es war der 3. April 1945. Während britische Soldaten Osnabrück einnahmen, flüchteten drei führende Nationalsozialisten in einem dunklen DKW. Als Gauinspekteur Fritz Wehmeyer, NS-Kreisleiter Willi Münzer und Oberbürgermeister Erich Gaertner eine weiße Fahne an einem Bauernhof an der Nordstraße sahen, hielten sie an. Einer von ihnen erschoss die Bäuerin Anna Daumeyer. Jetzt erinnert ein Stolperstein an die mutige Bäuerin.
Die Nazi-Diktatur stand unmittelbar vor dem Zusammenbruch. Noch wenige Tage vorher hatten Wehmeyer, Münzer und Gaertner Durchhalteparolen ausgegeben und gedroht, wer aufgebe, würde " die verdiente Strafe erhalten". Nun flüchteten sie selbst.
Anna Daumeyers Sohn Franz hielt sich im Badezimmer auf, als das Auto gegen 18.30 Uhr auf den Hof fuhr. Er hörte, wie einer der Männer Fragen stellte: " Wer hat die weiße Fahne gehisst?" Anna Daumeyer übernahm die Verantwortung, obwohl sie es nicht gewesen war. Tatsächlich hatten Franz Daumeyer und ein junger Niederländer das weiße Stück Stoff als Zeichen der Kapitulation an einen Pfahl genagelt. Die nächste Frage lautete: " Wohnen hier Deutsche oder Ausländer?" Die Bäuerin antwortete: " Deutsche." Daraufhin peitschte der erste Schuss. Er traf Anna Daumeyer in die Stirn. Die 52-Jährige war sofort tot.
Weitere Schüsse fielen. Drei Kugeln trafen eine polnische Zwangsarbeiterin, eine durchbrach die Holzdecke und verletzte einen französischen Kriegsgefangenen im Raum darüber. Ein weiterer polnischer Zwangsarbeiter stand mit der Forke in der Dielentür: Boleslaw Bugdalski blieb unbehelligt.
Er wanderte nach Australien aus und gab Jahrzehnte später Hinweise, die darauf hindeuten, dass Oberbürgermeister Gaertner der Mörder Anna Daumeyers war. Gewissheit gibt es allerdings nicht.
Gauinspekteur Wehmeyer kam noch am Abend nach dem Mord in der Nähe von Ostercappeln in seinem Auto ums Leben, als Briten oder Deutsche auf ihn schossen. Münzer und Gaertner verließen Osnabrück. Keiner von ihnen musste sich jemals für die Tat verantworten.
Anna Daumeyer war stets eine Gegnerin der Nationalsozialisten gewesen. Sie holte Zwangsarbeiter an ihren Tisch. Damit riskierte sie, bestraft zu werden, doch es war ihr zuwider, dass Menschen schikaniert und misshandelt wurden. Sie äußerte sich kritisch über die Diktatur und billigte heimliche Versammlungen polnischer Zwangsarbeiter auf ihrem Hof. Viele Zeitzeugen berichten von ihrer Wärme und Herzlichkeit.
Die Bäuerin war als Anna Greve an der Windthorststraße aufgewachsen, arbeitete zunächst als Magd und heiratete Heinrich Daumeyer, der 1933 starb. Später heiratete sie Bernhard Bitter. Anna Daumeyers Nachfahren leben noch heute auf dem Hof an der Nordstraße 60.
Patin ihres Stolpersteins ist Alice Graschtat. " Wir ehren hier eine sehr mutige Frau", sagte die SPD-Politikerin während der Verlegung. Sie versprach, immer mal wieder nach dem messingbesetzten Andenken im Straßenbelag zu schauen und es " in Ehren zu halten". Stolperstein-Patin zu sein, sieht sie als Auszeichnung.

Bildtext:

Anna Daumeyer

Auf dem Hof an der Nordstraße 60 wohnte Anna Daumeyer und wurde dort erschossen, als sie mutig die Verantwortung für eine weiße Fahne übernahm.

Fotos: Thorsten Wöhrmann
Autor:
Jann Weber


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