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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Inhalt:
Überschrift:
Holzkohle liefert den entscheidenden Hinweis
Zwischenüberschrift:
Archäologen entdecken das Osnabrücker Domkloster: Älteste Baustelle in Sachsen
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Ellinor Fischer und Sara Snowadsky haben ihre Chance genutzt: Während der Sanierung des Domes und der Bauarbeiten für Forum, Diözesanmuseum und Chorsaal suchten die beiden Osnabrücker Archäologinnen nach Spuren der Dombaugeschichte und gelangten dabei bis in die Gründungsphase der Missionsstation vor über 1200 Jahren.
Waren die einzelnen Ausgrabungen der letzten Jahre schon spektakulär, so stellt sich die umfassende Erkenntnis jedoch erst mit der Auswertung aller Funde und Befunde ein. Dieser widmeten sich die beiden Wissenschaftlerinnen von der Stadt- und Kreisarchäologie in den vergangenen Monaten.
Die wichtigste Erkenntnis dieser Arbeiten: Das lange gesuchte Domkloster von Osnabrück schloss sich südlich an die erste Missionskirche an, und im heutigen Südflügel des Kreuzganges zum Osnabrücker Stadttheater hin befindet sich noch eine Wand aus der Gründungszeit. Während der Renovierung des Kreuzganges 2007 zeichneten die beiden Archäologinnen nicht nur die wichtigsten Partien des dreiflügeligen Gemäuers Stein für Stein, sondern entdeckten in einem aufgemauerten Türpfosten ein Stückchen Holzkohle. Dabei handelt es sich um Rückstände des Kalkbrennens, die den Mörtel im Mittelalter stets verunreinigten. Solche Kohlereste erweisen sich nun als echter Glücksfall, denn mithilfe der sogenannten C14-Methode lassen sich die schwarzen Partikel und mit ihnen auch die historischen Baustellen datieren.
Als das Leibniz-Labor in Kiel jetzt die Ergebnisse lieferte, waren mehrere kleine Sensationen perfekt. " Die Kohle vom südlichen Kreuzgang wird auf die Zeit zwischen 667 und 801 datiert", freut sich Ellinor Fischer. Zwar sei diese Zeitspanne nicht sehr präzise, aber das Jahr 801 liefere den entscheidenden Hinweis auf die Gründungsphase der Missionsstation Osnabrück. Sogar ein Vierteljahrhundert älter ist ein Fundament, an dessen Fundort heute der gläserne Durchgang vom Kreuzgang in den neuen Probenraum des Chores führt.
Tills Silvesterpunsch
Im Erdreich der zuvor angelegten Grube zeichnete sich noch ein Spatenstich ab, den Till in seinem Neue-OZ-Silvesterpunsch 2006 als " ersten Spatenstich vom Dom" verulkte. Wider Erwarten lag der Spaßvogel richtig, denn die Bauleute senkten ihren Spaten vor 774 in den Boden. Erste Bauarbeiten begannen also schon vor 780 und dürften damit den frühen, zunächst gescheiterten Missionsversuchen im Sachsenland durch das Kloster Fulda zuzurechnen sein. So frühe Bauten sind bislang noch für kein anderes sächsisches Bistum belegt, was gut zu den späteren schriftlichen Quellen passt. In ihnen gilt Osnabrück als das älteste Bistum im eroberten Sachsen.
Ellinor Fischer und Sara Snowadsky entdeckten jene Gebäude, in denen der Missionar und Gründerbischof Wiho mit seinen geistlichen Helfern vor über 1200 Jahren lebte und die Seelsorge wie die Diözesanverwaltung aufbaute. Und wie der Dom waren auch die angrenzenden Klostergebäude nicht etwa aus Holz, sondern von Beginn an aus Stein errichtet. Dass diese Anlage um die Mitte des 9. Jahrhunderts zu stattlicher Größe angewachsen war, belegt ein Bericht für das Jahr 851. Damals wurden die Gebeine des heiligen Alexander von Rom nach Wildeshausen überführt und beim " Kloster, das Osnabrück genannt wird", wirkte der Märtyrer ein Wunder, indem er einem zu Unrecht Geblendeten sein Augenlicht zurückgab.
Zu diesem Zeitpunkt hatten Karl der Große oder seine Nachfolger längst die Reliquien Crispins und Crispinians nach Osnabrück gesandt, was den Stellenwert der jungen Domkirche betonte. Immerhin oblag ihr die Nordmission bis hin nach Skandinavien. Zudem hatte der erste großzügige Dombau in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts die Missionskirche von 786 ersetzt. Dass die Fuldaer Mönche Rudolf und Meinhart in ihrem Alexander-Bericht aber ausdrücklich das Kloster und nicht diesen Dom hervorheben, deutet auf einen ansehnlichen Gebäudekomplex, den Bischof und Domkapitel bis etwa 1100 nach klösterlichen Regeln bewohnten.
Von einer befestigten Domburg in den ersten Jahrzehnten des Klosters möchten Ellinor Fischer und Sara Snowadsky jedoch nicht sprechen. Zwar hatten klösterliche Gemeinschaften seit der Reichssynode von 816 Anspruch auf Schutz durch starke Befestigungsanlagen. Am Osnabrücker Dom entstand die begrenzende Mauer jedoch erst im 9. Jahrhundert, wie weitere Holzkohle-Proben ergaben. Dies dürfte eine Reaktion auf die Normanneneinfälle und andere Bedrohungen gewesen sein und entspricht den Beobachtungen in Münster. " Auch auf Holzpalisaden haben wir keinen eindeutigen Hinweis gefunden", räumt Ellinor Fischer mit einer weiteren lieb gewonnenen Osnabrücker Legende auf, um diese spätestens mit ihrer anstehenden Doktorarbeit endgültig durch wissenschaftlich fundierte Erkenntnis zu ersetzen.

Bildtexte:

Sorgfältige Zeichnungen gehören zum Alltag in der Baugeschichtsforschung wie der Archäologie. Während der gesamte Putz im Kreuzgang des Domes abgenommen war, dokumentierten Ellinor Fischer und Sara Snowadsky die wichtigsten Abschnitte maßstabgetreu auf Millimeterpapier. Auf den Blättern vom Südflügel des Domes sind die Tür und die Quader der Nordwestecke eines Klosters sichtbar, das um 800 entstanden ist.
Am 15. Dezember 2006 erläuterte Ellinor Fischer der Presse ein verwirrendes Geflecht von Grundmauern. Damals konnte sie noch nicht ahnen, dass das kleine, ungeordnet wirkende Fundament im Vordergrund vor 774 entstand. An seinem rechten Ende sind die " ersten Spatenstiche" vom Dom sichtbar (kleines Foto), die am Anfang der frühesten bekannten Bauarbeiten im Sachsenland stehen.

Fotos: Jörn Martens

Bestattungsformen des Mittelalters im Westflügel des Kreuzganges: Links ruhen die Gebeine in einem Baumsarg des 9. Jahrhunderts, während der Leichnam rechts in einem Brettersarg des 11./ 12. Jahrhunderts begraben wurde. Foto: Jörn Martens
Der Fotograf Hartwig Wachsmann begleitete die Ausgrabungen seit 2001 mit der Kamera und dokumentierte auch die Türöffnung im Inneren des Museums (unten) sowie die Gebäudeecke vom Kreuzgang aus (Bild oben).

Fotos: Hartwig Wachsmann
Autor:
Hermann Queckenstedt


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