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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Anstrengungen wider das Vergessen
Zwischenüberschrift:
Bach-Chor gedenkt der Reichspogromnacht: "Requiem für einen polnischen Jungen"
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Der Altarraum der Katharinenkirche ist mit schwarzen Tüchern ausgeschlagen. Davor stehen die Mitglieder des Bach-Chores wie eine Trauergemeinde. Ähnliche Bilder gibt es zeitgleich in sieben weiteren deutschen Städten. Dort, wie in Osnabrück, wird anlässlich der Reichspogromnacht Dietrich Lohffs " Requiem für einen polnischen Jungen" nach Texten von Opfern des Faschismus aufgeführt.
In Lohffs Requiem wurde nach Gedichten für Chor, Solisten und Orchester vertont. Diese Texte von sprachgewandten Opfern des Naziregimes zeugen von gewaltiger Erschütterung und offenbaren künstlerischen Wert. Die Aussagen sind deutlich, es gibt keine leeren Worthülsen, kein Wuchern von Metaphern, die den Sinn vernebeln. Sprachlich frei vom strengen Versmaß, wohlklingend und wahrhaftig sucht diese Lyrik ihresgleichen.
Es fällt schwer, solche ausgefeilten Texte noch musikalisch zu erhöhen. In Osnabrück stehen dafür ein makellos singender Bach-Chor, eine homogen musizierende Helios-Kammerphilharmonie, engagierte Solistinnen und ein ruhig dirigierender Arne Hatje zur Verfügung. Mit den vom Komponisten ersonnenen Mitteln geben sie alle ihr Bestes, um die Unfassbarkeit der grausigen Ereignisse in Erinnerung zu halten. Die Abschnitte des Requiems sind dennoch teils mehr, teils weniger geglückt. Schön klingt Dagmar Lindes Sopran im " Schlaflied für Daniel". Das Orchester imitiert monotones Rollen, worüber sich die Frauenstimme in schwankender Melodik erhebt: " Wir fahren durch Deutschland, mein Kind, und es ist Nacht . . ." Für den Ausbruch geballten Willens in Worten wie ". . . ich möchte kämpfen, lieben und hassen . . ." ist ihre Stimme jedoch viel zu lieblich, und der Orchesterpart hat nicht den nötigen Biss. " Sie kommen dann und würgen mich . . . über Nacht bin ich tot . . ." – zur Grässlichkeit solcher Aussagen findet Lohff keine adäquaten Töne.
Weit besser passen hohle, perkussiv unterstützte Klänge zu dem Chorsatz " Euch fehlt es an Phantasie". Auch der immer wieder stockende, beinahe sprechende Gesang fügt sich gut zu den bedrohlichen Zukunftsbildern. Eine herzanrührende Unschuld prägt den Schlussgesang " Ein jüdisch Kind", vorgetragen von der zwölfjährigen Johanna Gronemann aus Bramsche.
So liegt Dietrich Lohffs Verdienst vor allem darin, durch eine Vertonung mit Chor und Orchester möglichst viele Ausführende mit diesen Texten zu beschäftigen und den Gedichten im Kirchenkonzert ein größeres Publikum zu sichern. Die Osnabrücker Aufführung hat beeindruckend gezeigt, dass Lohffs Anstrengungen wider das Vergessen nicht vergeblich waren.
Autor:
Thomas Hitzemann


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